Um Ihnen den Umgang mit den neuen Regelungen zu erleichtern und Hinweise an die Hand zu geben, wie und wann diese durch Ihre Arbeitgeber umzusetzen sind, werden wir in den nächsten Wochen die einzelnen Regelungen in der Reihenfolge ihres Inkrafttretens erläutern. Den Anfang machen mit dieser Info alle Regelungen zur Entgelterhöhung, zu den ab Januar 2022 in Kraft getretenen Regelungen zum Urlaub sowie die ab Juli 2022 geltenden Vorschriften zur Rufbereitschaft. Letztere werden wir auch noch einmal gesondert betrachten, wenn im nächsten Jahr die Neuregelungen zur Begrenzung der Bereitschaftsdienste und damit auch die Vorschriften zur gegenseitigen Anrechnung von Ruf- und Bereitschaftsdiensten in Kraft treten.
Sämtliche Detailinformationen finden Sie auch auf unserer Website und zukünftig als Teil der neuen Broschüre zum TV-Ärzte/VKA, die demnächst in den Neudruck geht.
Zum 1. Januar 2023 treten weitere Regelungen in Kraft, die zum einen bestehende Tarifvorschriften modifizieren (Begrenzung der Bereitschaftsdienste, Einschränkung von Arbeit an Wochenenden, Dienstplanung), zum anderen aber auch Einfluss auf die 2022 neu eingeführten Regelungen (insbesondere gegenseitige Anrechnung bei Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst einschließlich der Vorgaben für teilzeitbeschäftigte Ärztinnen und Ärzte) haben. Wir werden in den weiteren MitgliederInfos diese neuen Regelungen rechtzeitig vor ihrem Inkrafttreten im Detail erläutern und auch auf die Wechselwirkungen mit den hier vorgestellten Regelungen hinweisen.
Ab Januar 2023 stehen zudem Verhandlungen über die weitere lineare Entwicklung des TV-Ärzte/VKA an. Über die entsprechenden Forderungen werden die Tarifgremien des MB in den nächsten Monaten beraten.
Entgeltveränderungen
Bestandteil unserer Tarifeinigung ist die rückwirkende Erhöhung der Entgelttabellen um 3,35 Prozent ab dem 1. Oktober 2021. Mit Wirkung zu diesem Zeitpunkt erhält die Entgelttabelle des TV-Ärzte/VKA die folgende Fassung:
Zum gleichen Zeitpunkt erhöhen sich auch der Einsatzzuschlag im Rettungsdienst auf dann 28,79 Euro sowie etwaige Besitzstandszulagen aus dem Überleitungstarifvertrag aus dem Jahr 2006. Ebenfalls um 3,35 Prozent werden die Stundenentgelte im Bereitschaftsdienst angepasst und natürlich ändert sich durch die rückwirkende Anpassung der Entgelttabelle auch die den jeweiligen unständigen Entgelten (Zuschläge, Rufbereitschaften) zugrunde liegende Bezugsgröße. Achten Sie also bei der Nachberechnung durch Ihre Personalabteilung darauf, dass auch diese Entgeltbestandteile erhöht und nachträglich neu berechnet werden! Übrigens: Gemäß § 82 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch gegenüber seinem Arbeitgeber, dass dieser ihm Berechnung und Zusammensetzung des Entgelts anhand der vorgenommenen Gehaltsabrechnung erläutert.
I. Veränderungen beim Urlaub
- Erholungsurlaub
Bereits ab diesem Jahr erhöht sich der allgemeine Anspruch auf Erholungsurlaub gemäß § 27 TV-Ärzte/VKA von 30 auf 31 Tage im Kalenderjahr für alle Ärztinnen und Ärzte.
- Zusatzurlaub für nächtlichen Bereitschaftsdienst
Auch die Regularien für den Zusatzurlaub für nächtlichen Bereitschaftsdienst verändern sich mit Wirkung für das laufende Jahr. Die bisherige Regelung sah einen Anspruch auf Zusatzurlaub in Höhe von zwei Tagen dann vor, wenn innerhalb des Kalenderjahres mindestens 288 Stunden Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden (21:00 bis 06:00 Uhr) geleistet wurde. Wurde diese Grenze innerhalb des Kalenderjahres – gegebenenfalls auch knapp – verfehlt, entstand kein Zusatzurlaubsanspruch. Diesem Zustand ist nun dadurch abgeholfen worden, dass der erste Tag Zusatzurlaub bereits dann entsteht, wenn 144 Stunden nächtlicher Bereitschaftsdienst im Kalenderjahr geleistet wurden, nach weiteren 144 Stunden entsteht sodann der zweite Tag.
- Anpassung der Obergrenzen
Korrespondierend mit den vorstehenden Neuerungen werden auch die tarifvertraglichen Obergrenzen für die Dauer des Gesamturlaubs entsprechend angehoben, so dass sichergestellt ist, dass der zusätzliche Urlaubsanspruch nicht deshalb am Ende entfällt, weil etwaige Höchstgrenzen überschritten werden.
- Weitere Änderung im nächsten Jahr
Ab dem Jahr 2023 erwerben Ärztinnen und Ärzte einen weiteren – auf das Kalenderhalbjahr bezogenen – Anspruch auf Zusatzurlaub, sofern sie in diesem Zeitraum mehr als 29 Bereitschaftsdienste leisten. Die Einzelheiten zu dieser Regelung werden wir in einem der nächsten Infos gesondert beleuchten.
II. Rufbereitschaft
- Generelle Begrenzung
Eine zentrale Forderung in dieser Tarifrunde bestand in der effektiven Begrenzung der Rufbereitschaften. Ab dem 1. Juli 2022 haben Ärztinnen und Ärzte nicht mehr als 13 Rufbereitschaften im Kalendermonat zu leisten und dürfen auch nicht über diese Grenze hinaus verplant werden (Einzelheiten unten). Wie bereits im MitgliederInfo zur Tarifeinigung dargelegt, kommt es für die Einhaltung dieser Grenze nur auf die Anzahl der Dienste im jeweiligen Kalendermonat an, eine irgendwie geartete Durchschnittsbetrachtung ist nicht vorgesehen.
Nur wenn aktiv (das heißt als Ergebnis einer medizinischen Feststellung, klar dokumentiert und eben nur im Ausnahmefall) eine andernfalls drohende Gefährdung der Patientensicherheit festgestellt wird, ist ausnahmsweise die Anordnung weiterer Rufbereitschaften zulässig. Kommt es dazu, wird das Entgelt für die über der Grenze liegenden Rufbereitschaften vollständig (das heißt sowohl hinsichtlich der sogenannten Bereithaltepauschale, als auch im Hinblick auf die Vergütung für die tatsächliche Inanspruchnahme einschließlich etwaiger Zuschläge) mit einem Zuschlag von 10 Prozent versehen. Dieser Zuschlag erhöht sich ab der 17. Rufbereitschaft im Kalendermonat noch einmal um 10 Prozentpunkte auf dann 20 Prozent und für den Fall, dass tatsächlich mehr als 19 Rufbereitschaften im Kalendermonat angeordnet werden, ab der 20. Rufbereitschaft auf 30 Prozent pro Rufbereitschaft.
Diese Grenzen (in Bezug auf die Anzahl der Rufdienste und die Schwellen für das Auslösen des Zuschlages) verändern sich bei Ärztinnen und Ärzten in Teilzeit entsprechend ihrem Beschäftigungsumfang. Ebenfalls Sonderregelungen gelten für Teilzeitbeschäftigte bei der ab Januar 2023 in Kraft tretenden gegenseitigen Anrechnung von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften. Ab diesem Zeitpunkt werden auch die im Jahr 2019 vereinbarten Begrenzungen der Bereitschaftsdienste angepasst und beziehen sich dann, wie bereits jetzt die Begrenzungen der Rufbereitschaften, auf den einzelnen Kalendermonat. Ab diesem Zeitpunkt werden Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst auch im Verhältnis zueinander begrenzt. Die Leistung von Bereitschaftsdiensten begrenzt die Möglichkeit, auch Rufbereitschaft anzuordnen und umgekehrt. Über diese Neuerung werden wir – ebenso wie über die diesbezüglichen Besonderheiten bei Teilzeitbeschäftigten – gesondert informieren.
- Zuschlag
Ebenfalls zum 1. Juli 2022 neu eingeführt wird ein Zuschlag für die Inanspruchnahme in der Rufbereitschaft im Zeitraum zwischen 00:00 und 06:00 Uhr. Hierbei handelt es sich um den in dieser Tarifrunde vereinbarten ersten Schritt bei der Neuordnung der Bezahlung dieser Dienstart, die weiteren Schritte stehen ab Ende 2023 auf der tarifpolitischen Agenda.
a) Höhe und Voraussetzung des Zuschlags
Ärztinnen und Ärzte erhalten künftig für Inanspruchnahmen, die in diesem Zeitraum stattfinden, einen zusätzlichen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent des für diese Arbeitsleistung gezahlten Rufbereitschaftsentgelts. Dies betrifft sowohl Einsätze im Krankenhaus als auch solche, die vom Aufenthaltsort aus geleistet werden (z.B. telefonische Inanspruchnahme).
b) Rundungsregelung
Nur für diesen Zuschlag – für die Rufbereitschaft im Übrigen bleibt es bei den bisherigen Rundungsregelungen – haben wir eine spezifische Rundungsregelung vereinbart. Um sicherzustellen, dass auch kurze Inanspruchnahmen in dem Zeitraum zwischen 00:00 und 06:00 Uhr oder solche, die nur kurz in diesen Zeitraum hineinreichen, berücksichtigt werden, erfolgt hier eine Aufrundung auf zumindest eine volle Stunde. Ergibt die Summe der Inanspruchnahmen in diesem Zeitraum mehr als eine Stunde, erfolgt keine Rundung. Noch einmal: Diese Regelung gilt ausschließlich für den neuen Zuschlag. Die Inanspruchnahmen als solche werden wie bisher in Abhängigkeit vom Ort der Arbeitsleistung gerundet: Erfolgt eine Arbeitsaufnahme im Krankenhaus, wird diese jeweils einschließlich der Wegzeiten auf die nächste volle Stunde aufgerundet. Arbeitsleistungen am Aufenthaltsort (etwa per Telefon) werden zunächst addiert und dann auf die nächste volle Stunde aufgerundet.
c) Freizeit statt Zuschlag
Anstelle einer Auszahlung wird der Zuschlag auf Wunsch der Ärztin bzw. des Arztes in Freizeit ausgeglichen. Hierfür ist lediglich eine entsprechende Erklärung bis zum Ablauf des Folgemonats notwendig.
- Inkrafttreten
Die gesamte Regelung tritt mit Wirkung zum 1. Juli 2022 in Kraft, unabhängig davon, wann der Änderungstarifvertrag unterzeichnet wird. Daraus folgt, dass die Zuschlagsregelung bereits für Dienste ab dem 1. Juli gilt und dass ab diesem Zeitpunkt auch die generelle Begrenzung – auch bei der Dienstplanung – zwingend zu berücksichtigen ist. Sollten also im – rechtzeitig – aufzustellenden Dienstplan im Einzelfall mehr als 13 Rufbereitschaften im Kalendermonat vorgesehen sein, dann ist diese Grenze zumindest ab dem 1. Juli gegebenenfalls nachträglich zu berücksichtigen und Dienstpläne entsprechend zu ändern. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn ausnahmsweise eine andernfalls drohende Gefährdung der Patientensicherheit nachgewiesen werden kann.
III. Elektronischer Heilberufsausweis (eHBA)
In vielen Kliniken stellt die Auseinandersetzung über die Kostentragung des Elektronischen Heilberufsausweis ein stetes Ärgernis dar, da die Arbeitgeber auf Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft den Ärztinnen und Ärzten vielfach nur einen Teil der Kosten erstatten. Bereits ab diesem Kalenderjahr ist nunmehr sichergestellt, dass der Arbeitgeber die Kosten für den eHBA für Ärztinnen und Ärzte übernimmt. Wir haben diese Regelung bewusst so gestaltet, dass sie Rücksicht auf die vor Ort geübte Praxis nimmt. Durch die Formulierung ist zudem sichergestellt, dass der Arbeitgeber unabhängig von der tatsächlichen Nutzung des eHBA die Kosten zu tragen hat. Achtung: Die Laufzeiten des eHBA – einschließlich der Fälligkeit der Kosten – sind je nach Anbieter unterschiedlich geregelt. Ohne eine Präferenz für oder gegen einzelne Anbieter auszusprechen, raten wir dazu, den eHBA mit der jeweils kürzest möglichen Laufzeit zu wählen, um etwaige Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber bei etwaigem Ausscheiden wenn möglich zu vermeiden.
➡️ Den aktuellen Änderungstarifvertrag Nr. 8 zum TV-Ärzte/VKA finden Sie hier.