• „Wir erwarten ein angemessenes Angebot für die Ärztinnen und Ärzte“

    Tarifarbeit
    19.März 2023
    Hamburg
    Die Tarifsituation in Hamburg ist komplex. MB Hamburg-Geschäftsführerin Katharina von der Heyde berichtet im Interview von zähen Verhandlungen und wann ein Streik sinnvoll ist.
    Katharina von der Heyde ist Geschäftsführerin des MB Hamburg
    Katharina von der Heyde ist Geschäftsführerin des MB Hamburg

    Frau von der Heyde, bitte geben Sie uns einen kurzen Überblick über die Tariflandschaft in Hamburg.

    KvdH: Die Tariflandschaft in Hamburg ist geprägt vom größten hier zur Anwendung kommenden Tarifwerk: Das ist der TV-Ärzte/VKA mit den hier geltenden Maßgaben des Überleitungsvertrags für die im UKE und in den Asklepios Kliniken tätigen Ärztinnen und Ärzte. Weitere Tarifverträge, die hier in Hamburg direkt verhandelt werden, sind der TV-Ärzte AKK (Altonaer Kinderkrankenhaus), der TV-Ärzte VKKH (Albertinen- und Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus) und der TV-Ärzte Eilbek (Schön Klinik). Diese orientieren sich in weiten Teilen an dem im UKE und in den Asklepios Kliniken geltenden Tarifvertrag. An manchen Stellen ist es uns dort allerdings gelungen, Regelungen zu vereinbaren, die besser sind als beim TV-Ärzte/VKA. Und schließlich gibt es in Hamburg noch Tarifverträge wie den TV-Ärzte BG-Kliniken, den TV-Ärzte HELIOS und den Tarifvertrag für die Medizinischen Dienste, die vom MB Bundesverband verhandelt werden, weil sie überregional gelten.

    Mit welchen Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverbänden führt der MB Hamburg in diesem Jahr Verhandlungen?

    KvdH: Derzeit führen wir mit der Arbeitgeberseite Gespräche über eine Annäherung des im UKE und in den Asklepios Kliniken in Hamburg geltenden Tarifwerks an den TV-Ärzte/VKA. Dabei geht es um eine Änderung des in Hamburg noch geltenden Überleitungsvertrags mit dem Ziel, hier Regelungen zur rechtzeitigen Dienstplanung oder zur Begrenzung der Bereitschaftsdienste zu übernehmen, um die Gesamtbelastung für die Ärztinnen und Ärzte zu reduzieren. Diese Gespräche ziehen sich allerdings hin. Es fehlt zurzeit noch die Einsicht, dass eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gleichermaßen im Interesse der Arbeitgeber ist, um in Zeiten des Ärztemangels auch wettbewerbsfähig zu sein.

    In der Vergangenheit war es in Hamburg häufig so, dass die Verhandlungen zu den anderen drei Tarifbereichen erst nach den Verhandlungen für den großen, im UKE und in den Asklepios-Kliniken geltenden Tarifvertrag stattgefunden haben. Wenn sich diese jedoch weiter hinziehen, werden wir nicht unbegrenzt abwarten.

    Wie laufen solche Verhandlungen normalerweise ab? Und mit welchen konkreten Forderungen und Erwartungen gehen Sie in die anstehenden Verhandlungen?

    KvdH: Als Marburger Bund kündigen wir den Tarifvertrag bzw. gesonderte Elemente davon zum nächstmöglichen Termin. Im Anschluss beschließt der Vorstand die zu erhebenden Forderungen und teilt diese dann dem Arbeitgeber mit. Parallel dazu starten wir einen Aufruf an unsere Mitglieder und fragen, wer sich aus den betroffenen Kliniken in den Verhandlungskommissionen engagieren möchte. Erfreulicherweise nimmt das Interesse der Ärztinnen und Ärzte, daran teilzunehmen, beständig zu.

    Aktuell geht es bei den Verhandlungen für die in Hamburg geltenden Tarifbereiche ausschließlich um das Entgelt. Wir fordern eine Anpassung in Höhe der kumulierten monatlichen Inflationsentwicklung zuzüglich einer echten Entgelterhöhung von weiteren 2,5 Prozentpunkten. Die Arbeitgeber müssen begreifen, dass die Inflation nicht auf dem Rücken der Ärztinnen und Ärzte ausgetragen werden kann. Und wir erwarten, dass die Arbeitgeberseite ein Angebot unterbreitet, dass zu einem angemessenen Ausgleich führt.

    Wann ist Streik als Eskalations-Strategie sinnvoll?

    KvdH: Wenn man auf dem Verhandlungsweg – auch nach mehreren Verhandlungsterminen – nicht weiterkommt und von der Arbeitgeberseite kein oder kein ausreichendes Angebot vorgelegt wird, um den berechtigten Forderungen der Ärzteschaft Rechnung zu tragen, kann ein Warnstreik erforderlich werden, um Bewegung in die Verhandlungen zu bringen.

    Von den neu verhandelten Konditionen der Tarifverträge profitieren auch Ärztinnen und Ärzte, die nicht MB-Mitglieder sind. Warum lohnt sich eine Mitgliedschaft trotzdem?

    Eine MB-Mitgliedschaft ist immer sinnvoll, weil sie Informationen und Möglichkeiten des Engagements sowie kostenfreie Rechtsberatung bietet. Gleichzeitig ist der MB eine Gewerkschaft von Ärztinnen und Ärzten, die die Arbeitsbedingungen und die Vergütung im Krankenhaus für Ärztinnen und Ärzte durchsetzt. Jedes einzelne Mitglied stärkt uns den Rücken und kräftigt unser Mandat. Eine Mitgliedschaft bringt also zum einen individuelle Vorteile mit sich, zum anderen aber profitiert die Gemeinschaft der Ärztinnen und Ärzte.

    Vielen Dank für das Gespräch.