Die Ärztinnen und Ärzte an den Universitätskliniken haben eine Dreifachbelastung zu schultern: Sie behandeln schwerkranke Patienten mit den Mitteln hochspezialisierter Medizin, sie betreiben Forschung in ihren jeweiligen Fachgebieten und sie bilden im Rahmen der universitären Lehre angehende Kolleginnen und Kollegen aus. Gleichzeitig sind sie unter den derzeitigen Rahmenbedingungen mit einer stetigen Verdichtung der ärztlichen Arbeit konfrontiert. Sollte der ärztliche Beruf in den Universitätsklinika nicht auch in finanzieller Hinsicht deutlich an Attraktivität gewinnen, drohen erhebliche Engpässe in der universitätsmedizinischen Versorgung und der Wegfall ärztlicher Weiterbildung in den Uniklinika“, betonte Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes.
Die angestrebte lineare Erhöhung der Gehälter sei nicht nur wegen der hohen Inflation folgerichtig. „Vielmehr muss es auch darum gehen, den Gehaltsabstand aufzuholen, den Universitätskliniken leider mittlerweile nach unten zu anderen Krankenhäusern eingenommen haben. Die Standarte der Spitzenmedizin in der einen Hand und die rote Laterne der Gehälter in der anderen Hand passt schlecht zusammen. Wir wollen erreichen, dass die Arbeit an den Universitätsklinika auch für erfahrene Ärztinnen und Ärzte zukünftig attraktiv bleibt und finanzielle Perspektiven bietet. Die Gehälter müssen dem hohen Engagement folgen, das Ärztinnen und Ärzte an den Uniklinika jeden Tag, rund um die Uhr, im Schicht- oder Bereitschaftsdienst, unter Beweis stellen. Hochspezialisierte Medizin braucht attraktive Arbeitsbedingungen. Wettbewerbsfähige Gehälter sind ein Teil davon“, sagte Botzlar.
Die Aufwertung der Arbeit zu ungünstigen Zeiten wird ein weiterer Schwerpunkt des Marburger Bundes in den Verhandlungen sein. „Zu einer zunehmenden Verdichtung der Arbeit führt der anhaltende Trend, immer mehr reguläre Klinikarbeit von Ärztinnen und Ärzten in die Randzeiten des Tages und auf die Wochenenden zu verlegen. Dieser Entwicklung muss wirksam Einhalt geboten werden. Wir fordern deshalb höhere Zuschläge auf Dienste zu ungünstigen Zeiten“, erklärte Botzlar.
Das System der tariflichen Zuschläge hält der Marburger Bund für ärztliche Arbeit nicht mehr für zeitgemäß. „Aus diesem Grund fordern wir die Anhebung der Zuschläge für Arbeit in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen sowie für Überstunden. Wir wollen mit der Einführung neuer Zuschläge für Arbeit in Randzeiten zudem erreichen, dass gerade Arbeit zu jenen Stunden, die Ärztinnen und Ärzten die soziale Teilhabe erheblich erschweren, zumindest besser bezahlt wird“, so Botzlar.
In den Verhandlungen mit der TdL fordert der Marburger Bund außerdem eine komplette Neuorganisation des Schichtdienstes. „Wir möchten ein aufkommensabhängiges und individuell gerechtes Zuschlagsystem, das auf die Belastungen der Schichtarbeit mehr als nur symbolisch Rücksicht nimmt. Wir erwarten von den Arbeitgebern die Bereitschaft, die überkommenen Regelungen zur Schicht- und Wechselschichtarbeit grundsätzlich neu zu gestalten. Dabei geht es uns insbesondere darum, auch diese Dienstformen auf ein verträgliches Maß zu beschränken. Der Arbeitgeber hat die Aufgabe, Dienste frühzeitig und rechtskonform zu planen“, sagte Botzlar weiter.
Die Verhandlungen zwischen dem Marburger Bund und der TdL beginnen im Herbst in Berlin. Der in Rede stehende Tarifvertrag (TV-Ärzte) erstreckt sich auf mehr als 20.000 Ärztinnen und Ärzte in bundesweit 23 Universitätsklinika. Auf eine Reihe von Unikliniken findet der TV-Ärzte keine Anwendung, weil dort andere Tarifverträge für die Ärztinnen und Ärzte gelten. Hierzu gehören Berlin, Hamburg und Hessen. Haustarifverträge gelten für die Unikliniken in Dresden und Mainz; sie werden von den entsprechenden Landesverbänden des Marburger Bundes verhandelt.
Weitere Informationen zur Tarifrunde mit der TdL finden Sie unter: www.tdl-tarifrunde.de.