Bislang könnten Organspenden oft nicht realisiert werden, weil keine Willensäußerung des möglichen Spenders vorliegt oder Angehörige eine Spende ablehnten, da der Willen des möglichen Spenders nicht bekannt sei.
Bei der „Widerspruchslösung“ würde hingegen jeder als möglicher Organspender gelten, der sich zuvor nicht aktiv gegen eine Spende ausgesprochen hat. „Es ist nicht zu kritisieren, wenn sich jemand entscheidet, dass er seine Organe nicht spenden möchte“, verdeutlicht Dr. Gehle. „Aber es ist nötig und auch zumutbar, dass sich jeder Mensch zumindest einmal im Leben mit dieser wichtigen Frage auseinandersetzt und seinen Willen auch dokumentiert.“ Von der Widerspruchslösung, so der Ärztekammerpräsident weiter, profitierten im Falle eines Falles auch die Angehörigen des möglichen Spenders: Ihnen werde in ohnehin hoch belastender Situation nicht auch noch eine Entscheidung über eine Organspende abverlangt.
Umfragen zeigen, dass vier von fünf Menschen in Deutschland der Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen. „Es ist den Patientinnen und Patienten auf der Warteliste nicht zu vermitteln, dass dennoch nur so wenige Organspenden realisiert werden können, weil es an rechtzeitigen Entscheidungen fehlt“, erklärt Prof. Windhorst, der auch Transplantationsbeauftragter der ÄKWL ist.
In Nordrhein-Westfalen zählte die Deutsche Stiftung Organtransplantation von Januar bis September dieses Jahres 114 Organspender, das waren 13 weniger als noch im Vorjahreszeitraum. „Deutschland ist das bevölkerungsreichste Land in der Europäischen Union und dennoch seit vielen Jahren dringend angewiesen auf Importe von Organen, die in Ländern mit Widerspruchslösung gespendet werden.“
Die Spenderzahlen seien alarmierend niedrig, das Leid der Wartelisten-Patienten alarmierend hoch, und das könne die Gesellschaft nicht länger ausblenden, sind sich Dr. Gehle und Prof. Windhorst einig. „Das Thema geht jeden und jede Einzelne an. Denn jeder Mensch kann einmal auf ein Spenderorgan angewiesen sein.“