Eine Studienzulassung ohne Numerus Clausus (NC) unterstützen die Studierenden. „Den NC als alleiniges Kriterium bei der Zulassung kritisieren wir schon länger. Damit machen es sich die Fakultäten sehr einfach“, sagt Pauline Graichen, Kontaktstudentin für Marburg und Vorsitzende des Sprecherrats der Medizinstudierenden im Bundesverband des Marburger Bundes. „Zwar wird eine hohe Leistungsfähigkeit abgeprüft, andererseits bleiben die Abiturnoten zwischen den Bundesländern und auch zwischen den einzelnen Gymnasien schwer vergleichbar.“ Das Zentralabitur habe die Vergleichbarkeit verbessert, allerdings blieben bundesweite Unterschiede wie die Anzahl der Prüfungsfächer und die variierenden Pflichtfächer erhalten. „Schulnoten entscheiden auch nicht allein, ob Studienanwärter später gute Ärztinnen und Ärzte werden, die auch in der Patientenversorgung bleiben“, so Graichen. Ein weiteres Problem des NC sei, dass sozial besser gestellte Familien ihren Kindern mit schlechteren Abiturnoten ein teures Studium im Ausland finanzieren. Derzeit studierten rund 8.000 Deutsche im Ausland Medizin. Dadurch bestehe keine Chancengleichheit.
Aktuell hätten die Universitäten dank des NCs eine schnelle und einfache Lösung, ihre Plätze zu vergeben. Ziel sollte es jedoch sein, mehrere Aspekte in die Studienzulassung einzubeziehen, die für den ärztlichen Beruf relevant sind, sind sich die Kontaktstudierenden des Marburger Bundes Hessen einig: zum Beispiel eine Ausbildung im Gesundheitswesen, da die Absolventen das Arbeitsumfeld bereits kennen und potentiell eher in der Patientenversorgung blieben, und mündlich-praktische Zulassungsprüfungen, die soziale Kompetenzen aufzeigten. „Ein ausführlicheres Zulassungsverfahren, welches die fachliche und persönliche Eignung miteinbezieht, ist sinnvoll und sollte auf sämtliche Studienplätze ausgeweitet werden“, sagt Graichen. Skeptisch aber sehen die Kontaktstudierenden die Koppelung der NC-freien Zulassung an die Landarztquote.
„Die Landarztquote schränkt die Auswahl des späteren Facharztes schon deutlich ein“, sagt Nikolai Kascha, Kontaktstudent in Marburg. „Der weit überwiegende Teil der Studienplätze sollte weiterhin ungebunden von einer zwanghaft festgelegten vorherigen Fachrichtung sein. Man lernt während des Studiums viele andere Bereiche kennen, wird sie aber unter diesen Bedingungen nicht ausüben können.“ Auch die frühe Bindung an eine Region sehen die Studierenden kritisch. Außerdem stelle die Landarztquote keine kurzfristige Hilfe, da ein Medizinstudium mit anschließender Facharztweiterbildung mindestens zwölf Jahre dauere. „Und dann stellt sich die Frage, was nach den Verpflichtungszeiträumen passiert“, so Graichen.
Die Kontaktstudierenden appellieren daher den „hessischen Weg“ zu evaluieren. Es müsse erforscht werden, welche Auswirkungen die Landarztquote in der Praxis tatsächlich habe. Des Weiteren müssten strukturelle Probleme in unterversorgten Fachgebieten und Regionen (bspw. Infrastruktur, Bürokratie) stärker adressiert werden, „sonst findet keine Verbesserung statt“, sagt Pauline Graichen.