Über 1.200 Ärztinnen und Ärzte in Hamburg waren im vergangenen Jahr in einem MVZ angestellt beschäftigt. Weitere etwa 730 Ärztinnen und Ärzte arbeiteten im Angestelltenverhältnis in einer Arztpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft. Innerhalb einer Dekade hat die Zahl der Anstellungen in MVZ in Hamburg um rund 77 Prozent zugenommen. Die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) machen deutlich: Die Anstellung im ambulanten Bereich ist mittlerweile Normalität. Gleichzeitig fehlt es an Ärztinnen und Ärzten, die Praxen übernehmen möchten.
Für die in MVZ angestellt tätigen Ärztinnen und Ärzte ergeben sich einige Vorteile: eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, flexiblere Arbeitszeitmodelle, Entlastung von bürokratischen Aufgaben und das Fehlen des wirtschaftlichen Risikos einer Selbstständigkeit. Doch Kritiker dieser Entwicklung warnen insbesondere vor den Gefahren von investorenbetriebenen MVZ. „Wir brauchen die selbstständig tätige Ärzteschaft, weil medizinische Entscheidungen keiner Gewinnorientierung unterliegen dürfen“, sagt beispielsweise Dr. Gudrun Schittek im KVH-Journal (Ausgabe 5/2023).
Gegen solche Kritik wehrt sich der Bundesverband der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren (BBMV). „MVZ, an denen nicht-ärztliche Kapitalgeber beteiligt sind, sehen sich wiederholt Vorwürfen gegenüber, Gewinne zu maximieren und ‚Rosinen zu picken‘“, teilt er auf seiner Website mit. „Belastbare Evidenz gibt es dafür bislang nicht“, so das Ergebnis einer Auftragsstudie, die im März vorgestellt wurde.
Seit Jahren fordert Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg und 1. Vorsitzender des MB Hamburg, vor allem mehr Transparenz: „Die Besitzverhältnisse von MVZ müssen endlich für alle klar ersichtlich sein.“ Darüber hinaus wird er nicht müde zu betonen, dass Ärztinnen und Ärzte einen freien Beruf ausüben, unabhängig davon, ob sie selbstständig oder angestellt tätig sind. „Angesichts des Kostendrucks und der Gewinnmaximierung, die sektorübergreifend spürbar sind, müssen wir uns als Ärzteschaft noch entschlossener für ein Gesundheitswesen einsetzen, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht.“
Am 26. September diskutieren Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des MB Hamburg, Dr. Jochen Kriens, Pressesprecher der KVH, Dr. Gudrun Schittek, gesundheitspolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion Die Grünen und Dr. Ulrich Wandschneider, Vorstandsmitglied des BBMV, über den Wandel im ambulanten Sektor und dessen Bedeutung für die Ärzteschaft. Björn Döring, Direktor der apo Bank Filiale Hamburg Elbe, erläutert zu Beginn in einem kurzen Impulsvortrag, wie sich die Praxislandschaft in Hamburg über die Jahre verändert hat. Dana Bethkenhagen vom Tagesspiegel moderiert die Veranstaltung. Mitglieder können sich jetzt über die Veranstaltungsseite anmelden.