„Wir teilen die Auffassung, dass die drei Versorgungsbereiche – vertragsärztlicher Notdienst, Notaufnahmen der Krankenhäuser und Rettungsdienste – besser zu vernetzen und aufeinander abzustimmen sind. Ziel muss es sein, die Notaufnahmen in den Krankenhäusern so zu entlasten, dass die dort tätigen Ärztinnen und Ärzte sich fokussiert um die Patienten kümmern können, die eine Behandlung durch das Krankenhaus benötigen“, bekräftigt Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes.
Nach dem Entwurf ist eine notdienstliche Versorgung durchgängig an 24 Stunden täglich an sieben Tagen der Woche durch den Betrieb von Integrierten Notfallzentren (INZ) sowie durch einen telemedizinischen und einen aufsuchenden ärztlichen Bereitschaftsdienst sicherzustellen. „Zentrale Anlaufstellen und ein koordiniertes Vorgehen der Beteiligten können die Notaufnahmen der Krankenhäuser entlasten und eine medizinisch sinnvolle Inanspruchnahme der Notfallversorgung fördern. Die gesetzliche Vorgabe verbindlicher Standards für eine integrierte Notfallversorgung ist dafür sinnvoll und hilfreich. Die einzelnen Regelungen bleiben allerdings in zentralen Punkten unklar“, kritisiert der Marburger Bund in seiner Stellungnahme.
So ist die vorgesehene Regelung zur Steuerung von Hilfesuchenden innerhalb des INZ nicht konsistent. „Die dringend benötigte umfassende, medienbruchfreie Digitalisierung, die eine Grundvoraussetzung für eine effektive sektorenverbindende Notfallversorgung ist, bleibt vollkommen unklar – sowohl in der Ausgestaltung als auch hinsichtlich der Zuständigkeit und der notwendigen Finanzierung“, moniert Johna. Die Probleme der Notfallversorgung könnten zudem nur gelöst werden, wenn der Rettungsdienst als Teil der Notfallkette bei Veränderungen im ambulanten bzw. stationären Bereich immer mitbedacht werde. „Zwingend notwendig ist es, die Überlegungen zur Reform des Rettungsdienstes mit den generellen Reformen zur Verbesserung der Notfallversorgung und der Krankenhausreform zu synchronisieren“, fordert die MB-Vorsitzende.
Zugleich bekräftigt der größte deutsche Ärzteverband seine Haltung zur sogenannten Ersteinschätzung von Patienten. Ein derart zentrales Instrument der Zuordnung von Ressourcen muss wissenschaftlich validiert sein und Patienten sicher erkennen, deren Behandlung zeitkritisch ist. Zwar wird in der Begründung des Entwurfs ausgeführt, dass das System zur Ersteinschätzung validiert und patientensicher sein muss, im Gesetzestext selbst ist aber lediglich von einem „standardisierten digitalen Ersteinschätzungsinstrument“ die Rede. Deshalb fordert der Marburger Bund, den Wortlaut der Regelung anzupassen und die wissenschaftliche Validierung des Ersteinschätzungsinstruments zu ergänzen. „Insbesondere die standardisierte telefonische Ersteinschätzung über vernetzte Rettungsleitstellen ist essenziell, um Patienten im Bereich der Notfallversorgung sinnvoll zu steuern“, so Johna.