• Ärzte arbeiten in Notaufnahmen der Kliniken über dem Limit

    Pressemitteilung
    Hochkarätige Fortbildung im Klinikum Lippe Detmold | Workshops und Vorträge
    30.August 2024
    In der Notfallversorgung läuft bei den Patientenströmen einiges schief. Umso wichtiger ist die Fortbildung des ärztlichen Personals. Dass die Ärztinnen und Ärzte in der Intensiv- und Notfallmedizin auf höchstem Niveau arbeiten können, dafür veranstaltete der Marburger Bund NRW/RLP am Klinikum Lippe in Detmold im dortigen Campus eine hochkarätige Notfall-Fortbildung. Neben zahlreichen medizinischen Workshops beleuchteten auch verschiedene Referenten die aktuelle Situation in der Notfallversorgung. Die Situation ist seit Jahren mehr als heikel.
    Dr. med. Patricia Kalle Droste und Daniel Fischer fordern in der Notfallversorgung eine konsequente Patientensteuerung.
    Dr. med. Patricia Kalle Droste und Daniel Fischer fordern in der Notfallversorgung eine konsequente Patientensteuerung.

    „Wir erleben täglich in Notaufnahmen und im Rettungsdienst, dass die KV ihrem Sicherstellungsauftrag rund um die Uhr zunehmend nicht mehr gerecht wird. Die Zentralen Notaufnahmen (ZNA) klagen bereits zu Praxisöffnungszeiten, dass Patienten, die definitiv in den Zuständigkeitsbereich der KV gehören, regelmäßig - und statistisch vorhersagbar - zu Überlastungssituationen der ZNA führen“, bilanziert Daniel Fischer (Notfallmediziner und Vorsitzender des MB-Bezirks Detmold).

    „Ihrem originären Auftrag, kritisch kranke Patienten zu stabilisieren, können Notaufnahmen zunehmend nicht mehr vollumfänglich nachkommen. Es kommt flächendeckend zu Überfüllungen von ZNA und damit zu zunehmenden Problemen für den Rettungsdienst, ihre Patienten zeitnah in geeignete Kliniken zu bringen. Dabei ist die Sicherstellung der Notfallversorgung zu jeder Zeit ist ein entscheidendes und unverzichtbares Element unserer Daseinsvorsorge“, heben Dr. med. Patricia Kalle Droste, die Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme im Johannes Wesling Klinikum Minden, und Daniel Fischer (Chefarzt der Notaufnahme am Klinikum Lippe) hervor.

    „Grundsätzlich liegt der Versorgungsauftrag für die ambulante Notfallversorgung bei der Kassenärztlichen Vereinigung und die Krankenhäuser stellen die stationäre Notfallversorgung sicher. Als drittes Element der Notfallversorgung kommt der Rettungsdienst (RD) hinzu“, erläutert Dr. med. Hans-Albert Gehle (Vorsitzender des Marburger Bundes NRW/RLP)

    „Der Rettungsdienst wird zunehmend zu Patienten gerufen, die ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der KV gehören. Zudem werden aufgrund des Ärztemangels die Öffnungszeiten der KV-Notfallpraxen immer weiter reduziert. Das macht sich in Notaufnahmen durch ein noch höheres Patientenaufkommen bemerkbar. Sie fungieren mittlerweile als „letzte Wiese“ im System, da sie jederzeit zur Verfügung stehen muss“, unterstreicht Dr. med. Patricia Kalle Droste.

    Wie sähe eine Lösung aus? „Um die ständige Überlastung der ZNA und des RD zu verhindern, müssen wir weg von der sektorübergreifenden Notfallversorgung hin zur patientenzentrierten Notfallversorgung. Was braucht der Patient? Der Versorgungsbedarf des Patienten muss objektiv festgestellt werden. Hierzu sind validierte Ersteinschätzungsinstrumente einzusetzen, die die Versorgungsebene und den Zeitraum der Versorgung festlegen. Wer versorgt den Patient? Patienten sind verlässlich in die geeignete Versorgungsebene zu steuern. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass er dort auch ankommt und adäquat versorgt wird“, unterstreicht Daniel Fischer, der die außergewöhnliche Notfall-Fortbildung organisiert hat.

    „Es ist nicht akzeptabel, wenn (Not-)Ärztinnen und (Not-)Ärzte einen Großteil der gesamten Notfallversorgung - insbesondere nachts und am Wochenende - sicherstellen. Jede Patientin und jeder Patient hat Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Notfallbehandlung, aber die Anliegen der Patienten müssen rund um die Uhr konsequent gesteuert werden. Ärztinnen und Ärzte müssen so entlastet werden, dass sie sich ihren Kernaufgaben widmen können – in Praxen, in Kliniken und im Rettungsdienst, bemängelt Dr. med. Patricia Kalle Droste.

    Ein flächendeckendes System von Portalpraxen an Krankenhäusern in NRW sollte Notfall-Patienten über einen zentralen Empfang und ein strukturiertes Ersteinschätzungssystem nach Schweregrad und Dringlichkeit der nötigen Behandlung zum richtigen Behandlungsort weiterleiten. Entweder in Notfalldienstpraxen niedergelassener Ärztinnen und Ärzte oder in die ZNA des Krankenhauses oder – zu regulären Sprechzeiten – in eine ambulante Arztpraxis. Die weitere Behandlung soll am richtigen Behandlungsort erfolgen. Das ist die richtige Patientensteuerung.

    Die Referentenentwürfe zur Reform der Notfallversorgung aus Berlin zeigen zwar richtige Ansätze, sind aber von einem durchgängigen und praktikablen Gesamtkonzept zur Patientensteuerung noch weit entfernt.