• Marburger Bund: Krankenhausreform verfehlt selbst gesteckte Ziele

    24.September 2024
    Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)
    Der Marburger Bund hat erhebliche Zweifel, ob das mit der Krankenhausreform verfolgten Ziel einer besseren Behandlungsqualität bei zugleich flächendeckender Versorgung durch die vorgesehenen Maßnahmen im Regierungsentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erreicht werden kann. Eine Umstrukturierung ohne Bedarfs- und Auswirkungsanalyse berge die Gefahr, dass zukünftig eine flächendeckende, bedarfsgerechte medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet sei, warnt der Marburger Bund in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung.
    Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)
    Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)

    Fraglich sei zudem, wie viele Krankenhäuser die Umsetzung der Reform überhaupt erleben würden. Durch den derzeitigen ungesteuerten Strukturwandel würden zunehmend mehr Krankenhäuser in finanzielle Not geraten, so dass bedarfsnotwendige Strukturen verloren gingen. „Eine Krankenhausreform, die die Zahl der Leistungserbringer reduzieren will und eine Patientenwanderung bewirkt, hat komplexe Folgen für die Versorgungskapazitäten und Versorgungssituation. Wir vermissen dazu ein flächendeckendes Versorgungskonzept und einen konkreten Bezug zum Versorgungsbedarf. Weder sind eine vorherige Bedarfsanalyse noch eine konkrete Folgenabschätzung der geplanten Regelungen bekannt. Es muss aus unserer Sicht im Vorfeld kalkulierbar sein, welche Auswirkungen die geplanten Instrumente auf die Strukturen im Ballungsraum und in ländlichen Gebieten haben werden“, mahnt der Verband der angestellten Ärztinnen und Ärzte.

    Mit der vorgesehenen Ausgestaltung der Vorhaltefinanzierung erfolge keine grundlegende Abkehr vom derzeitigen Fallpauschalensystem. Weder die Verteilung der Vorhaltefinanzierung noch die Auszahlung an die Krankenhäuser sei fallunabhängig gestaltet. Vielmehr erfolge diese pauschal, indem sie auf den bisherigen Fallpauschalenvergütungen aufsetze. Der Marburger Bund tritt stattdessen mit Nachdruck für eine echte Entökonomisierung ein. Eine Modifikation oder gar eine wirkliche Überwindung des Fallpauschalensystems könne nur gelingen, wenn die Vorhaltefinanzierung unabhängig von der Fallzahl erfolge und alle notwendigen Personalkosten der direkten Patientenversorgung ebenfalls als Vorhaltekosten refinanziert würden.

    Der Gesetzentwurf verfehle auch das selbst gesetzte Ziel einer Entbürokratierung. Stattdessen werde Verkomplizierung als Vereinfachung ausgegeben. „Es findet kein Bürokratieabbau statt, sondern es wird noch mehr Bürokratie aufgebaut, die durch eine geplante Verschlankung der Prüfungen des Medizinischen Dienstes in keiner Weise kompensiert werden kann. Zusätzliche Bürokratie wird insbesondere verursacht durch die geplante Finanzierung aus zukünftig drei äußerst komplexen Vergütungsanteilen, die umfangreiche Datenübermittlungen, Dokumentationen und Prüfungen auslösen werden.“

    Die geplante Reform wird auch spürbare Auswirkungen auf die Facharztweiterbildung haben, die bisher nicht mitbedacht wurden. „Eine starke Konzentration von Leistungsangeboten engt den Kreis der Weiterbildungsstätten ein, was zu Flaschenhälsen in der Facharztweiterbildung führen kann. Die Einführung von Leistungsgruppen führt dazu, das volle Weiterbildungsbefugnisse in vielen Krankenhäusern nicht mehr möglich sind. Altersbedingt fällt die Weiterbildungszeit bei Ärztinnen und Ärzten oft mit der Familiengründung zusammen. Ein dann notwendiger häufiger Wechsel der Weiterbildungsstätte verschlechtert die jetzt schon problematische Kinderbetreuungsmöglichkeit für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, was konsekutiv zur weiteren Ausweitung der Teilzeittätigkeit führen wird. Angesichts dieser Entwicklungen wird der Ausgestaltung rechtssicherer und praktikabler Weiterbildungsverbünde eine große Bedeutung zukommen. Dies erfordert Regelungen, die Weiterbildungsverbünde fördern und rechtliche Hürden beseitigen“, heißt es in der Stellungnahme des Marburger Bundes.