• Teilzeitbeschäftigte bei Überstundenzuschlägen nicht diskriminieren

    Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten
    19.Dezember 2024
    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 5. Dezember 2024 (Az. 8 AZR 370/20) die Rechte von Teilzeitbeschäftigten bei der Vergütung von Überstunden gestärkt. Die Entscheidung orientiert sich an den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der bereits mit Urteilen vom 19. Oktober 2023 (Az. C-660/20) und 29. Juli 2024 (Az. C-184/22 und C-185/22) klargestellt hatte, dass Teilzeitbeschäftigte bei Überstundenzuschlägen nicht diskriminiert werden dürfen.
    Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten
    Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten

    Im vorliegenden Fall hatte eine Teilzeitbeschäftigte geklagt, deren tarifliche Regelung Überstundenzuschläge erst vorsah, wenn die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wurde. Das BAG hat entschieden, dass eine solche Regelung gegen das Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verstößt, da sie Teilzeitbeschäftigte unzulässig benachteiligt. Darüber hinaus sah das Gericht eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung, da in dem Betrieb unter den Teilzeitbeschäftigten ca. 90 % Frauen sind.

    Das BAG stellte klar, dass Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf eine Überstundenvergütung haben, sobald ihre individuelle vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschritten wird, und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft erreicht ist. Im konkreten Fall sprach das BAG der Klägerin sowohl eine den Überstundenzuschlägen entsprechende Zeitgutschrift als auch eine Entschädigung wegen mittelbarer Geschlechterdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu.

    Mit dieser Entscheidung hat das BAG die Anforderungen des EuGH weiter konkretisiert und die Rechtsprechung im Sinne von Teilzeitbeschäftigten vereinheitlicht. Arbeitgeber müssen nun sicherstellen, dass tarifliche und betriebliche Regelungen zur Überstundenvergütung keine Benachteiligung von Teilzeitkräften beinhalten.

    Ausnahmen sind nur (noch) dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Zu beachten ist auch, dass Überstunden nur dann vorliegen können, wenn es sich um vom Arbeitgeber angeordnete zusätzliche Arbeitsstunden handelt, die – wenn so geregelt – nicht innerhalb der im Tarifvertrag vorgesehenen Frist durch Freizeit ausgeglichen wurden.

    Der Marburger Bund hat in den von ihm verhandelten Tarifverträgen TV-Ärzte-Asklepios, -BG-Kliniken, -Helios, -KMG, -Sana und -Vamed Rehakliniken bereits die Gleichstellung von Teilzeit- mit Vollzeitbeschäftigten bezüglich der Überstundenregelung verankert. In den Tarifverträgen, in denen eine Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten bei der Vergütung von Überstunden noch besteht, wird der Marburger Bund nunmehr darauf drängen, die Tarifverträge unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG entsprechend anzupassen.

    Wir empfehlen unseren Mitgliedern, sich bei Fragen oder zur Geltendmachung etwaiger Ansprüche auf Überstundenvergütung bzw. auf eine Entschädigung wegen mittelbarer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts gemäß § 15 AGG sowie der diesbezüglich einzuhaltenden Fristen an die jeweilige Geschäftsstelle ihres Landesverbandes zu wenden.