Das Zusammenspiel von maximalem Druck durch die Androhung von bundesweiten Streikmaßnahmen und dem gleichzeitigen Versuch, alle Möglichkeiten am Gesprächstisch auszuloten, scheint sich letztlich ausgezahlt zu haben. In einer letzten intensiven Runde ist es gelungen, einen Sondierungsstand zu erreichen, der aus Sicht der GTK so hinreichend ist, dass er den Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt und die Streikmaßnahmen für die Dauer der Abstimmung ausgesetzt werden sollen.
Der Sondierungsstand im Einzelnen:
Noch im November hatte die VKA angeboten, die Entgelte erst nach einer Leerphase von neun Monaten im April 2025 linear um 2 % anzuheben. Dieser – untaugliche – Vorschlag ist vom Tisch: Alle Ärztinnen und Ärzte erhalten rückwirkend zum 1. Juli 2024 – in direktem Anschluss an die vorausgehende Tarifregelung – eine Erhöhung ihres Tabellenentgelts um 4 Prozent. In diesem Jahr erfolgt dann zum 1. August 2025 eine weitere Erhöhung um 2 Prozent sowie zum 1. Juni 2026 ebenfalls noch einmal eine Erhöhung um 2 Prozent. Statt den von den Arbeitgebern angebotenen 5,5 Prozent liegen damit lineare Erhöhungen von 8 Prozent auf dem Tisch. Natürlich wirken sich diese Erhöhungen – auch rückwirkend – auf die Bereitschaftsdienstentgelte, den Einsatzzuschlag im Rettungsdienst sowie die Rufbereitschaftsvergütung aus.
Obwohl die VKA noch im November jede Veränderung beim Schichtdienst kategorisch abgelehnt hatte, konnten wir im Rahmen der Sondierung einen Einstieg in die Novellierung des Schichtdienstes erreichen, der deutliche Verbesserungen mit sich bringt:
- Mit Wirkung zum 1. Juli 2025 entfällt die Unterscheidung zwischen ständiger und nicht ständiger Arbeit in Schichten. Damit erhalten ab diesem Zeitpunkt Ärztinnen und Ärzte unabhängig von der Regelmäßigkeit des Einsatzes in Schichtmodellen lediglich zwei unterschiedliche Zulagen. Für Schichtarbeit wird die Zulage dabei zunächst auf 210 € monatlich und zum 1. Januar 2026 dann auf 315 € monatlich (bisher 40 €) angehoben. Für Wechselschichtarbeit wird die Zulage bereits zum 1. Juli 2025 auf 315 € monatlich angehoben. Damit entfällt ab dem nächsten Januar für die Frage der Bezahlung faktisch die Unterscheidung zwischen Schicht- und Wechselschichtarbeit. Ab Juli 2025 kommt es für die Zahlung der Zulage bereits nicht mehr darauf an, ob ständig in der jeweiligen Schichtart gearbeitet wird; Auch ein Wechsel der Schichtart oder die Übernahme einzelner Schichten lösen dann die jeweilige Zulage aus, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind. Mit diesem Wegfall entfallen auch die völlig ungenügenden Zulagen für unständige Schicht- beziehungsweise Wechselschichtarbeit (0,24 €/ 0,63 € pro Stunde), stattdessen werden auch hier 210 € beziehungsweise 315 € fällig.
- Ab dem 1. Januar 2026 entfällt auch für den Anspruch auf Zusatzurlaub die Unterscheidung zwischen ständiger und nicht ständiger Schichtarbeit, womit ein zentrales Hindernis beseitigt wird, das Ärztinnen und Ärzte bislang generell vom Anspruchserwerb beim Zusatzurlaub ausgeschlossen hat. Zum gleichen Zeitpunkt entfällt auch das Erfordernis des Zusammenhangs der Monate, in denen Schicht- beziehungsweise Wechselschichtarbeit geleistet werden muss, um Zusatzurlaubstage auch tatsächlich zu erhalten. Damit entstehen Zusatzurlaubsansprüche für Schicht- beziehungsweise Wechselschichtarbeit zukünftig, sobald die dafür notwendigen Monate geleistet wurden – auf einen Zusammenhang dieser Monate kommt es dann nicht mehr an, Unterbrechungen sind damit zukünftig unschädlich.
- Eine weitere Neuerung betrifft ab Juli des laufenden Jahres auch die Erstreckung der Regelungen für die Dienstplanung und das kurzfristige Einspringen auf sämtliche Formen der Vollarbeit, insbesondere also auch auf Schicht- und Wechselschichtarbeit. So sind auch diese Dienstformen – wie bereits bisher der Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft – in einem Dienstplan festzulegen, für dessen Aufstellung zukünftig eine Monatsfrist gilt. Wird diese nicht eingehalten, erhöht sich die Bezahlung der Dienste des Planungsmonats um 10 Prozent (für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst bleibt es wie bisher bei einer Erhöhung um 17,5 Prozent beziehungsweise Prozentpunkte). Ebenfalls ein Zuschlag von 10 Prozent wird zukünftig fällig, wenn Ärztinnen und Ärzte mit einer Frist von weniger als drei Tagen zu Diensten in Vollarbeit herangezogen werden; natürlich schließt diese Regelung auch die Arbeit in Schicht oder Wechselschicht ein.
Nicht durchgesetzt haben wir uns hingegen hinsichtlich der Einführung eines Zuschlages für Arbeit zu Randzeiten für die Zeit ab 18:00 Uhr. Allerdings ist es uns gelungen, sowohl den Zeitraum für Nachtarbeit auszudehnen, als auch den Zuschlag für Arbeit in der Nacht anzuheben. Zukünftig (ab 1. Juli 2025) gibt es diesen bereits ab 20:00 Uhr in Höhe von 20 Prozent des individuellen Stundenentgelts. Wirkung entfaltet die Verlängerung des Nachtzeitraumes aber auch an anderer Stelle. Sowohl für Bereitschaftsdienste, Inanspruchnahmen in der Rufbereitschaft und alle Formen der Vollarbeit werden damit zukünftig früher die jeweiligen Zuschläge fällig. Nicht zuletzt senkt die Verlängerung der Nachtzeit zudem die Voraussetzungen zur Feststellung, ob Schicht- oder Wechselschichtarbeit vorliegt. Schließlich wirkt sich diese Verlängerung auch hinsichtlich des Erwerbs von Zusatzurlaub für Nachtarbeit (sowohl für nächtlichen Bereitschaftsdienst, als auch für Vollarbeit) aus. Nicht ganz unwichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass es uns gelungen ist, Versuche der Arbeitgeber abzuwehren, im Gegenzug für die Verlängerung des Nachtzeitraumes die jeweiligen Stundenstaffeln für den Erwerb von Zusatzurlaub anzuheben.
Ebenfalls ab Juli 2025 wird die Höhe des Zuschlages für Samstagsarbeit von 0,64 € pro Stunde auf 20 % des individuellen Stundenentgelts angehoben.
Bewertung:
Nach dem ersten Angebot der VKA aus November 2024 haben wir Sie in einer Urabstimmung gefragt, ob Sie die Einleitung von unbefristeten Arbeitskampfmaßnahmen befürworten. Ihr deutliches Votum und die Vorbereitungen auf den Arbeitskampf haben erheblichen Eindruck auf die VKA gemacht und waren letztlich entscheidend für den vorliegenden Sondierungsstand. Da dieser aber so substantiell vom ursprünglichen Angebot der Arbeitgeber abweicht, erhebliche Teile unserer Zielsetzungen materiell abbildet und einen wirklichen Einstieg in die Novellierung von Schicht- und Wechselschichtarbeit darstellt, hält die Große Tarifkommission es für zwingend, Ihnen diesen Sondierungsstand ebenfalls zur Abstimmung vorzulegen.
Um Sie über die Einzelheiten des Sondierungsergebnisses und dessen mögliche Auswirkungen sowie die Modalitäten der erneuten Urabstimmung zu informieren, laden wir Sie ein zu einem digitalen Netzwerktreffen am
Donnerstag, 16. Januar 2025,
18:00 bis ca. 20:00 Uhr.
Um möglichst vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen eine Teilnahme zu ermöglichen, werden wir das Netzwerktreffen erneut als reine Videokonferenz über die Plattform Zoom veranstalten. Hierfür anmelden können Sie sich per E-Mail (Stichwort: VKA-Netzwerktreffen) an maahs@marburger-bund.de. Bitte teilen Sie uns hierzu auch mit, in welcher Klinik Sie beschäftigt und ob Sie Mitglied im Marburger Bund sind. Den Link, um an der Sitzung teilnehmen zu können, erhalten Sie umgehend nach Ihrer Anmeldung.
Informieren Sie auch Ihre ärztlichen Kolleginnen und Kollegen über den aktuellen Stand! Melden Sie sich bei unserem Messenger-Service an und nehmen Sie an unseren digitalen Netzwerktreffen teil, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.
Übrigens: Via Messenger-Service ist auch ein direktes Feedback an uns möglich. Natürlich finden Sie alle Informationen auch im Netz unter: www.vka-tarifrunde.de.