
Rund 15 Prozent aller Ärztinnen, Ärzte und Pflegefachpersonen in Deutschland haben eine ausländische Staatsbürgerschaft und sind für den Betrieb von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen unerlässlich. Besonders in ländlichen Regionen sind zugewanderte Fachkräfte unverzichtbar, um die flächendeckende Versorgung zu gewährleisten.
Auch in Niedersachsen wird die Dringlichkeit dieses Themas deutlich. Als Flächenland mit teils strukturschwachen Regionen müssen wir die medizinische Versorgung auf breiter Fläche sicherstellen. Besonders in ländlichen Gebieten ist der Anteil zugewanderter Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachpersonen sowie weiterer Gesundheitsfachkräfte hoch – sie sichern zusammen mit ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen die Gesundheitsversorgung und gewährleisten, dass Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige rund um die Uhr und wohnortnah professionelle Hilfe erfahren. Ohne ihre Unterstützung wären viele Stationen in Kliniken gezwungen zu schließen und viele Arztpraxen müssten ihren Betrieb einstellen, was zu einer weiteren Verschärfung der Versorgungssituation führen würde. Bereits jetzt sehen wir eine besorgniserregende Belastungssituation unter den Ärztinnen und Ärzten: Laut dem aktuellen MB-Monitor 2024 für Niedersachsen fühlen sich fast 60 Prozent der Befragten häufig oder ständig überlastet. Fast 60 Prozent bewerten die ärztliche Personaldecke in ihrer Einrichtung schon jetzt als unzureichend.
Eine offene und wertschätzende Kultur ist entscheidend, um Fachkräfte langfristig in Niedersachsen zu halten. Doch politische Debatten über „Remigration“ und „Massenabschiebungen“ tragen zur Unsicherheit bei und veranlassen viele ausländische Kolleginnen und Kollegen, ihren Verbleib zu hinterfragen. Ein solcher Verlust an qualifizierten Fachkräften wäre für unser Gesundheitssystem verheerend.
Die Zusammenarbeit von Fachkräften aus unterschiedlichen Nationen und Kulturen bereichert unser Gesundheitswesen in vielfacher Weise. Der Austausch von Wissen, Ideen und Erfahrungen stärkt nicht nur die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung, sondern fördert auch Innovation und Teamarbeit. Zwar stellt die Integration ausländischer Fachkräfte in kultureller und sprachlicher Hinsicht eine Herausforderung dar, doch dieses Engagement zahlt sich langfristig aus – sowohl für die Fachkräfte selbst als auch für die Patientinnen und Patienten sowie das gesamte Gesundheitssystem.
Wir rufen daher alle politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf, sich entschlossen für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft einzusetzen. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind die tragenden Säulen eines funktionierenden, gerechten und diskriminierungsfreien Gesundheitswesens – sie gelten für alle Menschen, unabhängig von Herkunft oder Migrationsgeschichte. Jeder Mensch sollte sich jederzeit sicher, willkommen und respektiert fühlen. Als Teil einer demokratischen Gesellschaft tragen wir alle, auch als Wählerinnen und Wähler, die Verantwortung, dass Niedersachsen ein attraktiver und sicherer Arbeitsplatz und Wohnort für medizinische Fachkräfte bleibt. Ein gemeinsames Engagement für eine tolerante Gesellschaft sichert nicht nur die Qualität unseres Gesundheitssystems, sondern stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
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