All dies spielt aber leider im heißen Wahlkampf in NRW kaum eine Rolle. Die Politik hat den Bürger seit eh und je versprochen, dass jeder Patient zu jeder Zeit die beste Versorgung erhält. Was dafür nötig ist, machen sich viele Politiker anscheinend nur ungern bewusst.
Warum ändert sich das nicht? Denn längst hat doch die medizinische Versorgung unserer Patienten auch eine wirtschaftliche Bedeutung, die einst bei uns zwischen Rhein und Ruhr die Kohle-, Stahl- oder Autoindustrie gehabt haben. In keinem anderen Sektor unserer Wirtschaft arbeiten heute so viele Menschen wie im Gesundheitswesen. Da der medizinische Bedarf und Fortschritt weiter steigen werden, wage ich die Behauptung, in keinem anderen Sektor stehen wir vor so großen Herausforderungen wie in unserem Gesundheitswesen.
Konzentrieren wir uns zunächst auf die drohende Verschärfung des Ärztemangels, den uns fehlenden ärztlichen Nachwuchs und die völlig unzureichende Finanzierung der Investitionen unserer Krankenhäuser – hier fehlen seit Jahrzehnten politische Lösungen.
Obgleich auch unsere Steuerquellen seit Jahren so gut sprudeln wie selten zuvor, ist die nordrhein-westfälische Landesregierung nicht bereit, etwa in den Aufbau von zehn Prozent mehr Studienplätzen für Humanmedizin zu investieren. Jahr für Jahr investiert NRW eine Milliarde Euro zu wenig in unsere 350 Krankenhäuser. Wir richten den Blick immer wieder auf diese beiden politischen Defizite.
Erste Parteien kündigen nun milliardenschwere Investitionsprogramme für Kliniken an. Aber, ist es eine ernsthafte Absicht oder nur Wahlkampfgetöse? Entsprechende Forderungen erheben wir im Marburger Bund seit vielen Jahren. Als Wähler sollte jeder von uns in NRW bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor der Wahl am 14. Mai für diese beiden ungelösten Probleme klare Antworten von seinen Politikern vor Ort verlangen, denn jeder von uns kann in die Lage geraten, medizinische Hilfe zu benötigen.
Was aber, wenn die gewohnte kleine Klinik in der Nähe geschlossen werden musste, weil die chronische Unterfinanzierung durch das Land ihr den Exitus brachte? Was aber, wenn Patienten auf überlastete und übermüdete Ärztinnen und Ärzte treffen, die darunter leiden, dass drei Arztstellen in ihrer Abteilung seit Monaten vakant sind?
Wir müssen unsere Politiker noch stärker in ihren politischen Heimatkreisen darauf aufmerksam machen, dass Veränderungen nötig sind. Wir müssen uns für die Belange unserer Patienten stärker in die Politik einmischen. Wir brauchen zehn Prozent mehr Studienplätze und mehr Investitionen in unseren Kliniken.
Ob Sie rot, schwarz, grün oder gelb bevorzugen – Hunderttausende Beschäftigte im Gesundheitswesen und viele Millionen Wähler in NRW warten in diesem Wahlkampf auf die Slogans, die ihre wirklichen Probleme lösen. Mehr Studienplätze, mehr Ärzte, mehr Investitionen – mit diesem Slogan sollten Parteien um ihre Wählerstimmen kämpfen. Dabei darf es natürlich nicht bleiben, unverzichtbar ist für die neuen regierenden Parteien die Umsetzung ihrer Wahlversprechen durch Taten in die Realität.