• Falsche Pauschalen

    Pressemitteilung
    03.Mai 2017
    Die Gebührenordnungspositionen 01205 und 01207 im Vergütungssystem der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung haben in den zurückliegenden Wochen zu Recht viele ablehnende Reaktionen hervorgerufen. Es geht um die sogenannte Abklärungspauschale, die das Krankenhaus in der Notfallversorgung erhält, wenn die ärztliche Beurteilung des Patienten ergibt, dass eine ambulante Behandlung im Krankenhaus nicht notwendig ist und der Patient auf die vertragsärztliche Versorgung verwiesen werden kann. Für diese „Abklärung" erhält das Krankenhaus nun erstmals Geld. In der Zeit von sieben bis 19 Uhr genau 4,74 Euro pro Patient und in der Zeit von 19 bis sieben Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen 8,42 Euro. Hintergrund für die Neuerungen ist eine Vorgabe des Gesetzgebers, die Regelungen für ärztliche Notfallleistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren. Die zuvor genannten Beträge haben eine Mehrheit aus Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen gegen die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) durchgesetzt.
    Rudof Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes
    Rudof Henke, 1. Vorsitzender des Marburger Bundes

    Die unterlegene DKG kritisierte die Abklärungspauschale scharf und machte nachvollziehbar geltend, dass der Betrag in Höhe von 4,74 Euro für Patienten-Registrierung und ärztliche Abklärung deutlich unter dem Finanzbedarf liegt, der in solchen Fällen gedeckt werden muss. Sie errechnete aber auch, wie viel „Kontaktzeit" durch die Pauschale abgedeckt sei. „Zwei-Minuten-Medizin als Vorgabe in einer Gebührenordnung ist patientenfeindlich", brandmarkte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum den Beschluss des ergänzten erweiterten Bewertungsausschusses. In der Tat fragt man sich als Krankenhausarzt, auf welcher Basis die Zustimmung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu einem solchen Betrag zustandekam.

    Dennoch hat die DKG einen Ton gesetzt, der zu Verunsicherung in der Öffentlichkeit geführt hat, und der über den Tag hinaus das Vertrauen in die Krankenhausärzte erschüttern muss. Gezielt wurde der Eindruck erweckt, den Ärzten in der Notaufnahme würden mit der Einführung der Abklärungspauschale ab 1. April nur noch zwei Minuten für die Beurteilung des Patienten zugestanden. Dieser Eindruck ist falsch – auch wenn die unzureichende Vergütung solche betriebswirtschaftliche Kalkulation nahelegt. Aber auch eine unzureichende Pauschale ändert nichts daran, dass Ärzte nicht nach betriebswirtschaftlichen Vorgaben sondern allein nach medizinischen Maßstäben entscheiden müssen. Wenn es eine Abklärung von Beschwerden notwendig macht, dem Patienten mehr Zeit zu widmen, um auch wirklich sicher zu sein, dass keine akute Situation vorliegt, dann haben sich Ärzte diese Zeit zu nehmen. Um des Patienten willen und aus reinem Selbstschutz.

    Betriebswirtschaftliche Erwägungen dürfen niemals das ärztliche Handeln bestimmen. Das wusste schon Hippokrates. Deshalb ist es falsch und muss korrigiert werden, durch unterlassene oder unzureichende Vergütungen ärztlicher Leistungen Druck auf die Notfallversorgung in den Krankenhäusern ausüben zu wollen. Genauso kurzsichtig aber ist es, der Öffentlichkeit beizubringen, Ärzte könnten sich fortan nur noch zwei Minuten Zeit für ihre Patienten nehmen, weil eine Gebührenordnung dies so vorsieht.

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