• Rot-rot-grüne gesundheitspolitische Zwischenbilanz

    FORUM Wissen und Gesundheit
    20.März 2018
    Am 19. März hatte unser Landesverband wieder zum FORUM Wissen und Gesundheit in die Akademie der Wissenschaften geladen, dieses Mal zum Thema: „400 Tage r2g – ist Berlin gesünder, solidarischer, öffentlicher?“

    Ein Jahr nach unserem FORUM der 100-Tage-Bilanz im April des vergangene Jahres war das Ziel, den Senat mit seinen gesundheitspolitischen Zielen beim Wort zu nehmen und konkret abzufragen, wie die Koalitionsvereinbarung im Abschnitt „Gesundes Berlin“ erfüllt wird und dran zu bleiben an den Themen Pflegenotstand, Arzttarife im Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) und Krankenhausfinanzierung.

    Dazu waren für die Podiumsdiskussion als Konterparts eingeladen: Die politisch Verantwortliche in Berlin: Gesundheitssenatorin Dilek Kolat und der gesundheitspolitische Sprecher der größten Oppositionsfraktion (CDU), Dr. Gottfried Ludewig. Unser Landesvorsitzender PD Dr. Peter Bobbert vertrat die Marburger-Bund-Position für eine menschliche Medizin, für Patienten, Ärztinnen und Ärzte und die Vertreter der anderen Gesundheitsberufe. Moderiert wurde das FORUM wieder von Hannes Heine vom Tagesspiegel.

    Unter den mehr als 50 Gästen waren aus der Politik weiterhin die gesundheitspolitische Sprecher Katherina Pieroth (Grüne) und Fabian Kluckert (FDP) sowie die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brandenburger Landtag, Ursula Nonnemacher. Zu den Gästen aus der Medizin war unter anderem unserer Kammerpräsident Dr. Günther Jonitz, Vivantes-Chefin Dr. Andrea Grebe, der Ärztliche Direktor der Asklepios-Klinik in Schwedt, Professor Heicappell, und viele Amtsärztinnen und Amtsärzte – denn es ging wieder um die Bezahlung nach Arzttarifen der Kolleginnen und Kollegen im ÖGD.

    Kernaussagen der Senatorin bei ihrem einlassenden Statement und in der folgenden Diskussion waren:

    1.
    Die Senatorin verwies einlassend auf die Trendwende in der Krankenhausfinanzierung und die Erhöhung der Investitionsquote, woraus sie erstmal eine Diskussion unter den Politikern zur Finanzierung aus laufenden Mitteln oder Kreditaufnahmen entspann, was aber nach Bobberts Meinung allen Beschäftigten in den Häusern vorrangig egal sein kann. Entscheidend sei doch, wie sich die Überbelastungen des Personals entspannen können, wie sich die Arbeitsbedingungen für Mediziner und Pflege verbessern lassen. Und sofort war man bei dem Thema Personalmindestbesetzungen oder -untergrenzen.

    Die Senatorin führte aus, dass sie für Personaluntergrenzen in der Pflege und für die Unterstützung des Volksbegehrens sei. Zudem gehört das Einstellen von Leasingpersonal „eigentlich verboten“.

    Die Diskussion ging dann zum einen in die Richtung, dass ja dann die Mehrheitsfraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus ein Berliner Gesetz verabschieden könnten und damit das Volksbegehren hinfällig wäre und dass endlich bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlungen für die angestellten Pflegekräfte in Berlin notwendig werden, damit nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die lukrativeren Leasingfirmen wechseln. Dieser Trend ist über Jahre erst durch weitere Ökonomisierung in den Häusern entstanden und nicht die Schuld der Leasingfirmen.

    2.
    Der Abschluss eines Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte ist nach Aussage der Senatorin im ÖGD zurzeit noch nicht möglich, weil die Tarifgemeinschaft der Länder gegen den Antrag aus Berlin gestimmt hat. Deshalb wird mit einem Senatsrundschreiben, welches noch vor Ostern wirksam werden soll, für alle Ärztinnen und Ärzte des ÖGD per Einzelfall-Zuschlag die Gehaltslücke geschlossen und sogar noch etwas darüber gezahlt. Die nötigen Mittel in Höhe von etwa 3,5 bis 4 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.

    Hier entbrannte die schärfte Diskussion über die Redlichkeit dieses vermeintlichen Erfolges, denn es gibt keinen Anspruch, aber bei allen Stellen, ob neu zu besetzen oder schon vorhanden sollen Lücken nach Einzelfallprüfung geschlossen werden. Befürchtet wird seitens der ÖGD-Vertreter wieder mehr Ungerechtigkeit und Willkür bei der Entscheidung.

    Wir danken der Senatorin für den ernsthaften politischen Willen der Veränderung und ihre Bereitschaft, wie sie sagte „sich auch weiterhin vom Marburger Bund bei diesen Themen schupsen zu lassen“ und für eine super Diskussion mit offenem Visier.

    Wir sind uns einig, vor Ende der Legislaturperiode ziehen wir noch einmal Bilanz und werden dann die Arbeit der Gesundheitssenatorin vor den Wahlen kritisch bewerten.