Fast zwei Drittel der Medizinstudierenden (63 %) verbrachte im Rahmen des ersten PJ-Tertials 40 bis 50 Stunden pro Woche im Krankenhaus, 8 Prozent sogar 50 bis 60 Stunden. Nur 28 Prozent der Medizinstudierenden waren weniger als 40 Stunden in der Klinik. Ein Fünftel (21 %) musste auch regelmäßig Zusatzdienste außerhalb der täglichen Anwesenheitszeit leisten. Nach der Approbationsordnung für Ärzte (§ 3 Abs. 4) sollen die Studierenden „in der Regel ganztägig an allen Wochenarbeitstagen im Krankenhaus anwesend sein“ – das schließt regelmäßige Anwesenheitszeiten von mehr als 40 Stunden pro Woche und zusätzliche Dienste in der Nacht oder am Wochenende aus.
„Die hohen wöchentlichen Anwesenheitszeiten der PJler und die Zusatzdienste verstoßen gegen die Approbationsordnung und widersprechen eklatant dem Ausbildungscharakter des PJ. Es kann nicht sein, dass Medizinstudierende als billige Hilfskräfte missbraucht werden, weil die Kliniken zu wenig Personal vorhalten. Die PJler sollen während des Praktischen Jahrs die im Studium erworbenen Kenntnisse vertiefen und erweitern können. Dieser gesetzliche Anspruch wird aber in vielen Fällen kaum erfüllt“, kritisierte Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes, die Defizite im letzten Ausbildungsabschnitt des Medizinstudiums.
„Die Studierenden im PJ fühlen sich den Patienten und ihren ärztlichen Kolleginnen und Kollegen auf Station verpflichtet. Deshalb bleiben sie häufig länger und helfen aus, wo sie können. Wir Studierenden wollen ja von den Ärztinnen und Ärzten lernen, weil uns das Studium leider zu wenig praktisch auf den Arztberuf vorbereitet. Die praktische Ausbildung im PJ ist die letzte Chance, den Beruf richtig zu lernen. Dafür muss man uns aber auch genügend Lernzeit zugestehen und unseren ärztlichen Ausbildern ausreichend Lehrzeit“, so Victor Banas, Vorsitzender des Sprecherrates der Medizinstudierenden im Marburger Bund.
Besonders bedenklich ist auch, dass ein Großteil der PJler ärztliche Kernleistungen ohne Anleitung und Aufsicht von ärztlichen Betreuern übernimmt. Zwar dürfen Studierende bestimmte ärztliche Verrichtungen in Abhängigkeit von ihrem Ausbildungsstand durchführen, dies muss aber nach Zuweisung sowie unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes geschehen.
Aus der Befragung des Marburger Bundes geht hervor, dass diese auch aus haftungsrechtlicher Sicht wichtigen Vorgaben häufig nicht eingehalten werden: Ohne Anleitung und Aufsicht einer Ärztin oder eines Arztes führen 74 Prozent der Medizinstudierenden ärztliche Kernleistungen durch, z.B. Anamnesen, Untersuchungen, Diagnosestellungen, Aufklärungsgespräche sowie Therapieentscheidungen und -durchführungen.
Ein Großteil der Medizinstudierenden (35 %) bestreitet seinen Lebensunterhalt während des PJs mit der monatlichen Aufwandsentschädigung (Geld- und Sachleistung), meist in Kombination mit Zuwendungen von Eltern oder Familie. In der Regel liegt die monatliche Aufwandsentschädigung unterhalb des BaföG-Höchstsatzes von derzeit 649 Euro. Ein Drittel der Befragten gibt an, weniger als 300 Euro erhalten zu haben.
„Wir brauchen endlich eine bundesweit einheitliche PJ-Aufwandsentschädigung auf einem mindestens existenzsichernden Niveau, wie dies jüngst auch der Deutsche Ärztetag auf unsere Initiative hin gefordert hat. Die meisten Studierenden sind während des Praktischen Jahrs dringend auf die Aufwandsentschädigung angewiesen. Deshalb muss endlich ein Rechtsanspruch auf eine entsprechende Geldleistung in der Approbationsordnung verankert werden“, forderte Banas.
- Ergebnisse PJ-Umfrage 2018(798.9 KB, PDF)
- Zusammenfassung PJ-Umfrage 2018(210.2 KB, PDF)