• „Ich will wissen, wie es geht!“

    Borkum - Berufspolitischer Abend des Marburger Bundes NRW/RLP
    02.Juli 2018
    Borkum
    mhe. Engagiert und beherzt startet Andreas Westerfellhaus vom ersten Tag an in seinem neuen Amt. „Ich bin nicht angetreten, um aus dem Fenster zu schauen und mir in Berlin ein schönes Leben zu machen.“ Der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege betont von Anfang an, was er verändern will und vor allem mit wem: „Ich arbeite mit allen Parteien, die können, und mit allen Berufsgruppen, die wollen. Ich bin kein Parteiideologe. Ich weiß natürlich, an mein Amt sind hohe Erwartungen geknüpft.“ Andreas Westerfellhaus nimmt auch seine eigene Klientel in die Pflicht: „Pflegende müssen stärker dafür eintreten, was sie wollen“, appelliert er als Gastredner beim Berufspolitischen Abend des Marburger Bundes auf Borkum.

    Zehn Jahre war Westerfellhaus Kommunalpolitiker im Kreis Gütersloh; er weiß, was Bürger wollen: „Der Mensch will überall eine sichere Versorgung.“ In einer Zeit des gravierenden Mangels an Pflegekräften und Ärzten ist dies aber schwer zu garantieren. „Es wird darum gehen, gute, intelligente Lösungen für Menschen mit einem ganz unterschiedlichen Bedarf zu schaffen, für Kinder, für junge und alte Menschen sowie für Behinderte. Wenn wir aber nur Symptome kurieren würden, werden wir nichts erreichen.“

    Andreas Westerfellhaus hat ein simples, klares Ziel: „Ich will nicht mehr wissen, warum etwas nicht geht, sondern wie es geht. Wir müssen mit allen Experten gemeinschaftlich eine Lösung finden. Sie können es einfach besser. Wir dürfen es nicht alleine den Politikern überlassen, denn wer nicht aus der Profession kommt, kann nicht über das Berufsbild der Pflegekräfte entscheiden“, erklärt Westerfellhaus überzeugt. Er wurde von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn der Bundesregierung für das Amt vorgeschlagen, scheute sich dennoch nicht, dem Minister schon in den ersten Amtstagen zu widersprechen.

    Pflegenotstand? „Wir haben eigentlich genug Bewerber, aber viel zu wenig Ausbildungsplätze und zehntausende Pflegekräfte haben schlicht frustriert den Beruf verlassen. Mit mehr Teilzeitangeboten und einer Prämie von 5000 Euro für jeden Rückkehrer könnten wir auf einen Schlag 40.000 Pflegekräfte wieder in den Beruf holen, die vor den Arbeitsbedingungen geflohen sind. Wir müssen die Abwärtsspirale stoppen.“ Westerfellhaus fordert verbindliche und flächendeckende Tarifverträge für überfällig. Er hält „einen kräftigen Schluck aus der Pulle“ für unverzichtbar. „Sonst werden wir den Teufelskreis nie durchbrechen.“

    „Wenig freie Wochenenden, die tägliche Konfrontation mit Leiden und Tod, ständig eine hohe Belastung - es fehlt Pflegekräften im Alltag die Begleitung und Anleitung im Beruf, das hat den Exit aus dem Beruf beschleunigt“, bilanziert Westerfellhaus. Die Belastung müsse sinken, die Arbeitszeiten planbarer werden. Als ehemaliger Leiter einer Krankenpflegeschule weiß er, „wir haben im Grunde auch genug Bewerber. Ich musste motivierte, intelligente Bewerber wegschicken, da wir nur eine begrenzte Zahl ausbilden dürfen.“

    Die Qualität der pflegerischen Versorgung hängt maßgeblich von der Qualifizierung der Tätigen ab, weiß Andreas Westerfellhaus. „Wenn der Pilot krank ist, setzt doch auch niemand Kabinenpersonal im Cockpit ein. „Pflege und Ärzte - wir müssen im Team miteinander arbeiten.“ Es sei ein Armutszeugnis, wenn Pflegekräfte aus ärmeren Ländern abgeworben werden.“ Westerfellhaus kritisiert die zunehmende Zahl an Honorarpflegekräften. „Die Teilzeitrate wächst und viele nutzen freie Zeit, um als Honorarkraft mehr zu verdienen. Wie lange wollen wir solche Leasingstrukturen noch ausufern lassen?“

    Angesichts der zunehmenden Akademisierung von Pflegekräften betont Westerfellhaus, „Pflege ist Pflege. Niemand will Mediziner light. Und beim Teamwork müssen alle Gesundheitsberufe besser zusammenarbeiten.“