Nach mehrjähriger Diskussion wurde der Reformplan am 31. März 2017 unter der Vorgängerregierung mit Zustimmung der Länder (Kultus- und Gesundheitsminister) und der Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestages beschlossen. Allerdings steht das gesamte Vorhaben unter einem Finanzierungsvorbehalt, wie der Vertreter der Kultusministerkonferenz bereits bei der Beschlussfassung des Masterplans verdeutlichte. Hier geht es zum Beschlusstext.
Der Masterplan sieht Veränderungen bei der Studienstruktur und den Ausbildungsinhalten vor. So soll die bewährte Tertial-Struktur des Praktischen Jahrs (zwei Pflicht-Tertiale in den Fächern Innere Medizin und Chirurgie, ein Wahl-Tertial) zugunsten einer Quartalisierung aufgegeben und ein weiterer Pflichtabschnitt (Ambulante Medizin) in Verbindung mit einer mündlich-praktischen Pflichtprüfung im Fach Allgemeinmedizin (M3-Prüfung) eingeführt werden.
Aus der Sicht des Marburger Bundes stehen diese Veränderungen den Wünschen und Bedürfnissen der Medizinstudierenden diametral entgegen. Der Zweck der Übung ist klar: Die Studierenden sollen durch die neue Pflichtprüfung gedrängt werden, ein PJ-Quartal in der hausärztlichen Praxis zu verbringen. Damit werden die ohnehin zu geringen Wahlmöglichkeiten im Studium weiter eingeschränkt.
Dabei ist allen Verantwortlichen längst klar: Die Gründe für den Mangel an Hausärzten in bestimmten Regionen sind vor allem in den Arbeitsbedingungen und den grundsätzlichen Lebensbedingungen vor Ort zu suchen. Das Medizinstudium ist der falsche Ort, versorgungspolitische Versäumnisse aufzuarbeiten. Die Medizinstudierenden wollen frei darüber entscheiden, welche Fachrichtung sie nach dem Studium wählen. Schon jetzt gibt es mit der Pflichtfamulatur und dem Blockpraktikum im Studium ausreichend Gelegenheit, die Allgemeinmedizin besser kennenzulernen. Zusätzliche Einschränkungen ihrer ohnehin geringen Wahlfreiheit lehnen die Medizinstudierenden einmütig ab (MB-Studi-Barometer 2016).
Kurz und knapp – was die Politik tatsächlich tun muss:
Die große Diskrepanz zwischen der Bewerberzahl und den vorhandenen Medizinstudienplätzen ist nicht nur für diejenigen frustrierend, denen das Recht auf freie Studienwahl verweigert wird. Es ist auch versorgungspolitisch höchst problematisch, die Studienkapazitäten auf einem Niveau einzufrieren, wie es Mitte der 1980er Jahre in der Zeit vor der Wiedervereinigung bestand, wenn absehbar in 10 bis 15 Jahren die Ruhestandswelle der Babyboomer-Generation ihre Wirkung entfaltet. Auch deshalb fordern wir eine bundesweite Erhöhung der Studienplatzkapazitäten um mindestens 10 Prozent.
Durch zahlreiche Einflussfaktoren (u.a. unzureichende Grundfinanzierung durch diagnosebezogene Fallpauschalen - DRG, Investitionskostenstau, besondere finanzielle Belastungen der Hochleistungsmedizin) ist die Universitätsmedizin in Deutschland derzeit deutlich unterfinanziert. Gute Lehre aber braucht ausreichend Zeit und Personal. Bund und Länder müssen deshalb dringend für eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulmedizin sorgen. Die Besonderheiten der Hochschulmedizin müssen sich sowohl im DRG-System als auch in der Investitionsfinanzierung widerspiegeln.
Das Nebeneinander von Pflichtfamulatur in der hausärztlichen Versorgung und weiterer Pflichtfamulatur in der ambulanten Versorgung hat die ohnehin geringe Wahlfreiheit von Studierenden im Medizinstudium weiter eingeschränkt. Eine weitere Einschränkung ihrer Wahlfreiheit werden die Studierenden nicht akzeptieren. Grundsätzlich ist aber eine stärkere Verlagerung von klinischer Lehre, zum Beispiel von Blockpraktika, an ambulante Einrichtungen wie Medizinische Versorgungszentren oder Lehrpraxen auch außerhalb der allgemeinmedizinischen Lehre denkbar – wenn die Qualität der Lehre gewährleistet ist.
Die Studierenden im PJ übernehmen eine wichtige Entlastungsfunktion in den Kliniken, ihr Einsatz ist höchst anerkennenswert und entspricht vielfach einer Vollzeitbeschäftigung. Es ist den Studierenden nicht zuzumuten, darüber hinaus noch einer Tätigkeit zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nachzugehen. Die Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr sollte auch deshalb mindestens mit dem BAföG-Höchstsatz entsprechen. Mehr wäre nur fair!
- Stellungsnahme der Verbände zum Masterplan(436.4 KB, PDF)