Ärztinnen und Ärzte stehen unter einer extrem hohen Belastung. Der wirtschaftliche Druck, eine stetig zunehmende Arbeitsverdichtung und nicht-besetzte Stellen im ärztlichen Dienst spielen hierbei eine Rolle. Dieser Druck steht im Widerspruch zum ärztlichen Berufsbild. Hier stehen das Wohlergehen der Patientinnen und Patienten und nicht wirtschaftliche Erwägungen im Mittelpunkt. Zwei Drittel der angestellten Ärztinnen und Ärzte haben nicht genügend Zeit für ihre Patienten. Die hohe zeitliche Belastung wirkt sich auch negativ auf die Behandlung der Patienten aus. 9 von 10 angestellten Ärztinnen und Ärzten meinen, dass die gesundheitliche Versorgung der Patienten besser wäre, wenn Sie mehr Zeit zur Verfügung hätten. Auch für die Weiterbildung, also die Spezialisierung und Wissensvertiefung insbesondere von jüngeren Ärztinnen und Ärzten zum Facharzt, steht viel zu wenig Zeit zur Verfügung. Mehr als 80% der angestellten Ärztinnen und Ärzte sagen, dass in ihrer Abteilung nicht genügend Zeit für die Weiterbildung zum Facharzt bleibt. Viel zu viel Zeit müssen Ärztinnen und Ärzte hingegen für nicht-ärztliche Verwaltungstätigkeiten aufwenden. Im Durchschnitt gehen 33% der täglichen Arbeitszeit für nicht-ärztliche Verwaltungstätigkeiten verloren. Der Marburger Bund Baden-Württemberg fordert daher ein Ende der zunehmenden Bürokratisierung des Arztberufes. Wohlwissend, dass die Umsetzung einer gesetzlichen Mindestpersonalbemessung eher schwierig ist, sprechen sich 80% der angestellten Ärztinnen und Ärzte hierfür aus. Nur etwa 40% der angestellten Ärzteschaft halten ihren Beruf für geeignet, Familie und Beruf zu vereinbaren. Dies ist insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass es immer mehr Ärztinnen gibt, erschreckend.
Angestellte Ärztinnen und Ärzte haben auch eine hohe zeitliche Arbeitsbelastung. 79 Prozent von ihnen arbeiten im Durchschnitt mehr als 40 Stunden pro Woche. 21 Prozent arbeiten durchschnittlich 40 Stunden und weniger. 47 Prozent arbeiten mehr als 50 Stunden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass ca. drei von zehn Mitgliedern des Marburger Bundes Baden-Württemberg in Teilzeit beschäftigt sind. Nach den Erfahrungen des Marburger Bundes Baden-Württemberg wird in den meisten Kliniken regelmäßig gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen. 85 % der befragten Ärztinnen und Ärzte fordern dementsprechend nicht überraschend, dass die zuständigen Kontrollbehörden, in der Regel die zuständige Gewerbeaufsicht vor Ort, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes auch ohne besonderen Anlass systematisch überprüfen. Derzeit erfolgt dies ausschließlich anlassbezogen, wenn eine Anzeige vorliegt. Die Forderung des Marburger Bundes Baden-Württemberg eine Schwerpunktprüfung zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes im Krankenhaus durchzuführen, wurde zu Beginn des Jahres vom Wirtschaftsministerium mit der Begründung abgelehnt, es seien keine Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz bekannt.
Vor diesem Hintergrund nachvollziehbar sprechen sich über 90% der angestellten Ärztinnen und Ärzte dafür aus, dass das Land die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes als ein Qualitätskriterium der Landeskrankenhausplanung definiert. Der Marburger Bund Baden-Württemberg fordert hier das Land auf zum Wohle der Patientinnen und Patienten, tätig zu werden.
Die Digitalisierung und die IT-Infrastruktur im Gesundheitswesen begreifen die meisten angestellten Ärztinnen und Ärzte als Chance. 61% meinen, dass ihre täglichen Arbeitsabläufe durch die IT-Infrastruktur vereinfacht werden, wobei hier kluge und aufeinander abgestimmte IT-Lösungen gefordert sind. Eine gut funktionierende IT-Infrastruktur wird weiter als Chance gesehen, um mehr Zeit für die Patienten zu haben.
Hinsichtlich konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung des Ärztemangels spricht sich die große Mehrheit der angestellten Ärztinnen und Ärzte für eine deutliche Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze aus. Eine Landarztquote - also, dass sich Medizinstudierende bereits vor dem Studium verpflichten müssen, für eine gewisse Zeit als Landarzt zu arbeiten, lehnen die angestellten Ärztinnen und Ärzte mehrheitlich ab. Ganz grundsätzlich ist die Mehrheit der angestellten Ärzteschaft davon überzeugt, dass mehr Personal im ärztlichen Dienst und in der Pflege die Versorgung der Patienten verbessern würde.
Informationen zur Mitgliederbefragung:
Der Marburger Bund Baden-Württemberg führte mit dem renommierten Umfrageinstitut dimap im Zeitraum vom 20. August bis 17. September 2018 eine Online-Mitgliederbefragung durch. Teilgenommen haben 3320 Ärztinnen und Ärzte. Die Umfrage ist somit repräsentativ für die über 10 000 angestellten Ärztinnen und Ärzte, die Mitglied des Marburger Bundes Baden-Württemberg sind. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl an der Mitgliederbefragung ergeben die Befragungsergebnisse ein belastbares Abbild der beruflichen Situation der gesamten angestellten Ärzteschaft in Baden-Württemberg.
Für weitere Rückfragen steht zur Verfügung:
Michael Beck
michael.beck@marburger-bund-bw.de
Tel.: 07021-92390
mobil: 0177-8162699
Der Marburger Bund, Landesverband Baden-Württemberg ist mit seinen über 16.000 Mitgliedern die gewerkschaftliche-, gesundheitspolitische- und berufspolitische Interessenvertretung der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte in Baden-Württemberg.