• RECHTE DES BETRIEBSRATS: Betriebsrat muss Chefarzt-Einstellung zustimmen

    Die originäre Aufgabe des Betriebsrats besteht darin, die Interessen der Belegschaft bestmöglich gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Aufgrund ihrer Nähe zum Arbeitgeber gelten leitende Angestellte nicht als Arbeitnehmer und werden dementsprechend auch nicht vom Betriebsrat vertreten. Da ein Chefarzt aber nicht automatisch leitender Angestellter ist, kann es vorkommen, dass ein Klinikbetreiber vor der Einstellung des auserwählten Chefarztes den Betriebsrat um Zustimmung ersuchen muss. Das geht aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Hamburg hervor.

    Nicht jeder Chefarzt gilt als leitender Angestellter

    Der Fall

    Ein Klinikbetreiber wollte in einem seiner Kliniken die Position des Chefarztes in der Chirurgie neu besetzen. Der Betriebsrat meinte, dass bei dem neu einzustellenden Chefarzt die Voraussetzungen eines leitenden Angestellten nicht vorlägen und das Gremium deshalb bei der Einstellung ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG habe. Mit dem vom Klinikbetreiber auserkorenen Kandidaten war das Gremium in der Folge nicht einverstanden und verweigerte daher seine Zustimmung zur Einstellung. Der Klinikbetreiber zog daraufhin vor Gericht und beantragte, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu ersetzen. Er behauptete, dass ein Veto der Arbeitnehmervertretung keine Rolle spiele, weil es sich bei dem Kandidaten qua seiner Position als Chefarzt um einen leitenden Angestellten handele, sodass die Zustimmung des Betriebsrats gar nicht erforderlich gewesen sei. Schließlich trage ein Chefarzt wesentlich zum wirtschaftlichen Gesamtergebnis der Klinik bei.

    Die Entscheidung

    Das Gericht war anderer Meinung. Es hielt die Zustimmung des Betriebsrats bei der Einstellung des Chefarztes für erforderlich, ersetzte diese aber dennoch gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG, weil eine Benennung des Chefarztes im Streitfall dringend geboten sei. Ansonsten gelte, dass ein Chefarzt nicht immer automatisch leitender Angestellter sei. Denn dies setze voraus, dass er laut Arbeitsvertrag und seiner tatsächlichen Stellung in der Klinik der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen sei und außerdem auch als Unternehmens- oder Betriebsleiter Entscheidungen entweder selbst treffe oder maßgeblich vorbereite (z. B. der ärztliche Direktor eines Klinikums). Diese Anforderungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Die pauschale Behauptung des Klinikbetreibers, dass ein Chefarzt wesentlich zum wirtschaftlichen Gesamtergebnis der Klinik beitrage, genüge nicht, um die Position eines leitenden Angestellten zu begründen.                                                                                                                                  ArbG Hamburg, Beschluss vom 21.04.2016, Az.: 5 BV 24/15

    Fazit

    Wichtige Erkenntnis für Betriebsräte in Krankenhäusern: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelten nur „klinikleitende“ Chefärzte als leitende Angestellte (BAG, Urteil vom 05.06.2014, Az.: 2 AZR 615/13). Für die Praxis bedeutet dies, dass nur wenige Chefärzte als leitende Angestellte qualifiziert werden, auf die die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes grundsätzlich keine Anwendung finden, mit der Folge, dass der Betriebsrat für diese Gruppe von Führungskräften nicht zuständig ist.

    Checkliste: Leitende Angestellte nach § 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

     

    Ja

    Nein

    Ist die Person zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt?

     

     

    Besitzt die Person Generalvollmacht bzw. Prokura?

    Übernimmt die Person im Betrieb regelmäßig Aufgaben (und trifft Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen), die für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes von Bedeutung sind und setzt die Bewältigung dieser regelmäßigen Aufgaben besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraus?

     

     

    Fazit: Können alle Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, erfüllt die Person die Voraussetzungen eines leitenden Angestellten.