- Kandidatin für die Kammerwahl 2023
- Vorstand des Versorgungswerkes
Warum haben Sie diesen Beruf ergriffen?
Ich wollte etwas Naturwissenschaftliches machen und mit Menschen zusammenarbeiten; außerdem fand ich die Aussicht, „zu helfen“ gut. Aber da ich die Erste in meiner Familie bin, die Medizin studiert hat, hatte ich unklare Vorstellungen von dem Beruf.
Hat sich Ihre Vorstellung vom Arzt-Beruf erfüllt?
Als ich studiert habe, dachte ich, dass ich für „Ärzte ohne Grenzen“ irgendwo als Unfallchirurgin tätig sein würde. Gegen Ende des Studiums hatte ich wieder andere Vorstellungen und letzendlich bin ich Psychiaterin geworden. Insofern haben sich meine ursprünglichen Vorstellungen nicht erfüllt − aber auch, weil ich diesen Weg gar nicht absehen konnte.
Für was sind Sie als Ärztin dankbar?
Viele Patientinnen und Patienten beklagen eine Sinnlosigkeit ihrer Tätigkeit. Das gilt für unseren Beruf aus meiner Sicht nicht − dafür bin ich sehr dankbar. Weniger schön ist, wenn durch die strukturellen Defizite im Krankenhaus, zumindest in der Psychiatrie, der schöne Beruf deutlich verliert.
Ihr Aha-Erlebnis als Ärztin?
Für mich sind Aha-Erlebnisse, wenn mir Patientinnen und Patienten sagen, was ihnen im Gespräch mit mir geholfen hat. Da lerne ich immer noch etwas.
Was muss sich für Ärztinnen und Ärzte dringend ändern?
Die Strukturen im Krankenhaus. Wir tun so, als hätten sich die Vorstellungen und Erwartungen der jüngeren Ärztinnen und Ärzte nicht geändert. Gleichzeitig hat sich die Arbeit verdichtet und verändert. Es gibt einen deutlich höheren Dokumentationsaufwand und die Zeit für die Patientinnen und Patienten nimmt dementsprechend ab. Das ist nicht nur im psychiatrischen Bereich schwierig. Es gibt immer weniger Zeit, um die jüngeren Kolleginnen und Kollegen gut anzuleiten. Ich wünsche mir, dass wir uns als Gesellschaft überlegen, welche Werte uns wichtig sind und was wir z. B. bereit sind, für Gesundheit und Bildung etc. auszugeben und vor allem in Prävention zu investieren. Gleichzeitig sollten Fehlanreize zugunsten gewisser Eingriffe und Prozeduren korrigiert werden. Schön wäre es, wenn wir als Ärzteschaft – auch wenn wir daran partizipieren - hier Impulse setzen.
Warum engagieren Sie sich im MB?
Ich schätze den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen im MB und habe die Hoffnung, dass ein starker Verband auf die Politik Einfluss nehmen kann, um auf die Anliegen der Ärzteschaft im Sinne einer guten Patientenversorgung aufmerksam zu machen.
Über was haben Sie als letztes während Ihrer Arbeitszeit schmunzeln müssen?
Als eine chronisch psychisch kranke Patientin mich gebeten hat, ihr das Essen in ihr Zimmer zu bringen (die Patienten essen zusammen in einem Gemeinschaftsraum) und ich sie gefragt habe, was sie denn dafür tun würde. Ich habe dabei gedacht, sie vielleicht für therapeutische Angebote gewinnen zu können. Aber sie hat nur ganz trocken gesagt, dass die Krankenkasse dafür zahlen würde − das müsse reichen.