Gab es 1981 im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW noch fast 3.450 Medizin-Studienplätze an der gleichen Zahl an Universitäten, sind es heute nur noch 2.200. Alleine in den 330 Krankenhäusern in NRW fehlen derzeit über 1.500 Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen.
„Wir begrüßen daher die Entscheidungen der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die Medizin-Studienplätze in NRW zu erhöhen. Die Verdopplung der Studienplätze in Witten/Herdecke auf 184, die 25 neuen Studienplätze in Siegen/Bonn und die Gründung einer neuen Medizinischen Fakultät mit 300 Studienplätzen in Bielefeld sind absolut richtige Entscheidungen“, loben Dr. med. Hans-Albert Gehle und Michael Krakau.
„Diese Entscheidungen hätten schon längst die Vorgängerregierungen treffen müssen, denn frühestens in zwölf Jahren werden uns die heute schon längst gebrauchten Fachärzte durch die Landarztquote zur Verfügung stehen. Tatsache ist, wir können schon seit Jahren unseren Bedarf an Ärztinnen und Ärzte nicht mehr decken.“ Wir fordern wie in Bayern die dringend notwendige Finanzierung weiterer Studienplätze ggf. auch an den vorhandenen Fakultäten.
Kritisch betrachten Dr. med. Hans-Albert Gehle und Michael Krakau die Einführung der sog. Landarztquote in NRW. Gestern hat das Kabinett der NRW-Regierung aus CDU und FDP Details für die Auswahl der künftigen Quoten-Ärzte festgelegt. Damit wurde das im Dezember 2018 beschlossene Landarzt-Gesetz ergänzt.
„Es fehlen uns doch längst nicht nur Landärzte“, erklären Dr. med. Hans-Albert Gehle und Michael Krakau. „Wir haben in NRW in nahezu allen medizinischen Fachdisziplinen einen Ärztemangel. "Wenn die Landarztquote schon nicht vermeidbar ist, sollte sie wenigstens auch die klinische Tätigkeit auf dem Land berücksichtigen. Ärztinnen und Ärzte fehlen uns in Krankenhäuser, in Gesundheitsämtern und in Praxen, längst nicht mehr nur auf dem Land. Gegen diesen Ärztemangel helfen nur deutlich mehr Studienplätze und sicherlich keine Quoten. In dieser Situation ist die Aufsplitterung der vorhandenen Studienplätze keine wirkliche Lösung des Gesamtproblems, sondern nur Flickschusterei. Zudem verschärft sich der NC bei den nun weniger verbleibenden Studienplätzen.“
Im Wintersemester 2019/20 sollen an acht Unis in NRW die ersten 145 Studenten – vom Numerus Clausus abgekoppelt – einen Studienplatz für Humanmedizin erhalten. Im zweistufigen Auswahlverfahren bestimmen die Abiturnote und ein Test zu 60 Prozent sowie eine Berufsausbildung oder andere Vorerfahrungen zu weiteren 40 Prozent über die Studienplatzvergabe. Wer hier weiterkommt, muss sich dann noch einer Jury stellen, die soziale Fähigkeiten prüfen soll. Alle Bewerber müssen sich vor Studienbeginn verpflichten, sich nach Ihrer Ausbildung zum Facharzt für zehn Jahre als Hausarzt in einer unterversorgten Region niederzulassen. Wer diese Verpflichtung nicht erfüllt, wird eine Strafe von 250.000 Euro bezahlen müssen.
„Wir halten es für lebensfremd, von jungen Menschen schon vor der ersten Vorlesung zu fordern, sich für 20 Jahre festzulegen, welche ärztliche Tätigkeit er ausüben möchte“, sagen Gehle und Krakau. Grundsätzlich wisse doch niemand schon vor der Aufnahme des Studiums, ob seine Fähigkeiten und seine medizinischen Interessen tatsächlich den Herausforderungen der späteren Tätigkeit eines Allgemeinmediziners auf dem Land entsprechen. „In unseren Umfragen habe sich die Studenten einmütig gegen die Landarztquote ausgesprochen.“