Die Ärzte erhalten zwar ohnehin keine Jahressonderzahlung, bekommen aber dennoch eine Rechnung präsentiert. Denn § 25 AVR DD sieht eine angemessene Beteiligung der Ärzte für den Fall vor, dass keine Jahressonderzahlung an die Nicht-Ärzte erfolgt. Die Ärzte haben danach die Wahl, ob sie ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich erhöhen oder einen Teil ihrer Vergütung reduzieren wollen.
Der Marburger Bund Niedersachsen hat seine Mitglieder nun in vier parallelen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hameln vertreten. Alle vier waren bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden, als der Arbeitgeber ihnen sein Forderungsschreiben zustellte. Demnach sollten sie sich für das Ausbleiben der Jahressonderzahlung finanziell beteiligen, da ihr Beitrag durch Erhöhung ihrer Arbeitszeit ersichtlich nicht mehr erfolgen könne.
Auf Anraten des Marburger Bundes kamen die Mitglieder der Zahlungsaufforderung des Arbeitgebers nicht nach. Der Arbeitgeber klagte daraufhin und behauptete, den gekürzten Teil, an dem sich Ärzte beteiligen sollten, hätten sie mit ihrem laufenden Gehalt monatlich als Entgeltbestandteil als Vorschuss erhalten. Dieser sei nun zurückzuzahlen.
Alle Klagen wurden als unbegründet abgewiesen. Das Gericht schloss sich der Rechtsauffassung des Marburger Bundes Niedersachsen an. Rechtsanwalt Christian Dieck vom Marburger Bund Niedersachsen erläutert: „Der Arbeitgeber war nicht berechtigt, auf Grundlage des § 25 AVR DD eine finanzielle Beteiligung einzufordern. Der Paragraph sieht nur eine zukunftsbezogene Beteiligung der Ärzte vor. Ausgeschiedene Ärzte können weder ihre Arbeitszeit erhöhen, noch ihre Vergütung reduzieren. Eine Rückzahlungsverpflichtung, wie es der Arbeitgeber behauptet, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.“
Das Gericht verwies darauf, dass eine „Reduzierung“ des Entgeltes offenkundig etwas Anderes als eine „Rückzahlung“ sei. Die Behauptung des Arbeitgebers, dass die Gehaltszahlungen aus dem vorangegangenen Beschäftigungsjahr einen Vorschuss in entsprechender Höhe der Jahressonderzahlung beinhalte und daher nunmehr zurückgefordert werden könne, ist ein Konstrukt, das keine rechtliche Grundlage im Arbeitsvertrag und in den AVR DD besitzt, bewertet Rechtsanwalt Christian Dieck die Entscheidung. Der Arbeitgeber hat sich damit im Ergebnis rechtswidrig auf Kosten seiner ausgeschiedenen ärztlichen Mitarbeiter bereichert.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Arbeitgeber ist in Berufung gegangen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren zuständigen Marburger-Bund-Landesverband.
Aktenzeichen: 1 Ca 340/18 beim Arbeitsgericht Hameln