In Deutschland werden gegenwärtig zwei Regelungen diskutiert. Auf der einen Seite steht die Widerspruchslösung, die vorsieht, dass jeder Bürger automatisch Spender ist, wenn der „Hirntod“ festgestellt wird. Wer das nicht möchte, muss zu Lebzeiten aktiv widersprechen und mit einem Register hinterlegen. Auf der anderen Seite wird für die erweiterte Entscheidungslösung plädiert. Danach dürfen Organe und Gewebe nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person der Entnahme zu Lebzeiten zugestimmt hat. Aus eigener Erfahrung könne Karwath sagen, dass die meisten Menschen keine Angst vor dem Tod hätten, sondern vor dem, was auf dem Weg dorthin mit einem passiere. Und mit Blick auf die Organspende sprach sich Karwath, der auch Prädikant der Nordkirche ist, nachdrücklich dafür aus, „den Menschen zu sagen, worauf sie sich einlassen“. Zudem müsse offen darüber geredet werden, dass die Spende den Sterbeprozess verändere, was bei vielen Menschen Angst und Unsicherheit auslöse – nicht zuletzt auch wegen der sogenannten Transplantationsskandale der Vergangenheit. Am Ende, nach einer lebhaften Debatte, standen unausgesprochen zwei Fragen im Raum: Darf der Staat seine Bürger dazu zwingen, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen? Gibt es eine moralische Pflicht, sich Gedanken über eine Organspende zu machen? Gemäß einer Einschätzung aus dem Plenum ist es fahrlässig seinen Angehörigen gegenüber, dies nicht zu tun. Denn ansonsten müssten sie am Ende an Stelle des Verstorbenen für oder gegen eine Spende entscheiden. Karwath stimmt grundsätzlich zu, gab jedoch zu bedenken, dass sich manche Menschen keine Gedanken über den Tod machen wollten. Und das müsse ihnen auch erlaubt sein.
Im Vorstand des Landesverbandes sind tiergreifende Veränderungen zu verzeichnen. Landeschef Dr. Thomas Jäckle ist auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung zurückgetreten. Der 75-Jährige begründete seinen Rücktritt mit persönlichen Erwägungen und plädierte für eine Verjüngung des Landesvorstandes. Damit steht eine der prägenden Persönlichkeiten der berufsverbandlichen und gewerkschaftlichen Vertretung der Ärztinnen und Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern nach 26 Jahren ein Jahr vor den satzungsmäßigen Vorstandswahlen nicht mehr zur Verfügung. Jäckle hatte den Vorsitz am 20. November 1993 übernommen. In seiner Amtszeit als Vorsitzender manövrierte er den MB Mecklenburg-Vorpommern durch Höhen und Tiefen. Die Bedingungen, einen Landesverband des MB kurz nach der Wende in den sogenannten neuen Bundesländern zu führen, waren schwierig. Die Wirren des überraschenden politischen Wandels in Mecklenburg-Vorpommern waren längst nicht überwunden und die Folgen des Nahezu-Kollapses des sich am Ende der DDR in einer tiefen Krise befindlichen und vor allem durch personellen und materiellen Mangel gekennzeichneten ostdeutschen Gesundheitswesen immer noch deutlich spürbar. Durch zahlreiche Schließungen ehemaliger Polikliniken verzeichnete der Landesverband nach anfänglich großem Zuwachs einen drastischen Mitgliederschwund und geriet dadurch in finanzielle Schieflage. Insbesondere durch Jäckle gelangte der noch junge Landesverband mit Unterstützung des Bundesverbandes und der Landesverbände Schleswig-Holstein und Bayern in ruhiges und sicheres Fahrwasser und ist heute mit stabilen Mitgliederzahlen gut aufgestellt. Die Hauptversammlung verabschiedet Thomas Jäckle mit Dank stehenden Ovationen. Durch den Rücktritt Jäckles wird gemäß der Landessatzung der neue Vorsitzende aus der Mitte des Landesvorstandes bei dessen kommender Sitzung im November gewählt. Bis dahin wird der Vorstand geführt vom 1. Stellvertreter Dr. Jörg Allrich. Die Hauptversammlung bestätigte zudem die Kooptierung von Dr. Claudia Hellweg und Kathrin Stricker. Satzungsgemäß besetzt der Landesvorstand in der laufenden Legislatur auf diesem Wege frei gewordene Vorstandsposten.
Auf dem Feld der Tarifpolitik stellte Landesgeschäftsführer Lars Grabenkamp fest, dass mit den Tarifpartnern allesamt Regelungen zur Abbedingung der Wirkungen des Tarifeinheitsgesetzes getroffen werden konnten, was auch für das Kreiskrankenhaus Demmin zutrifft. Nach anfangs gescheiterten Tarifverhandlungen ist es dort durch zwei Streiks gelungen, die MB-Forderungen durchzusetzen. Die Haustarifvertragsverhandlungen mit dem Krankenhaus Bad Doberan, als eines der letzten Häuser ohne Tarifbindung, waren hingegen eher zäh und von Verzögerungen durch den Arbeitgeber geprägt. Nachdem es aber mit der Sana AG einen neuen Träger gibt, wurden die Gespräche für den Haustarifvertrag zunächst unterbrochen und für den 26. November 2019 der Auftakt zu Überleitungsverhandlungen in den TV-Ärzte/Sana mit der Sana AG als neuen Gesellschafter vereinbart. Im Jahr 2019 stehen Verhandlungen mit den DRK-Kliniken und der Universitätsmedizin an. Letztere stehen besonders im Fokus, weil die Unikliniken Rostock und Greifswald wieder unter das Dach der Tarifgemeinschaft deutscher Länder schlüpfen möchten.
Thomas Jäckle zog in seinem letzten Tätigkeitsbericht dann auch eine positive Bilanz. Als „gut für die Haushaltsentwicklung“ bewertete er dabei, die steigende Zahl der „vollbeitragspflichtigen“ Mitglieder. Kritisch sah Jäckle indes den Rückgang bei den Medizinstudierenden. Einmal mehr sei es nicht gelangen, aus ihren Reihen jemanden als kooptiertes Mitglied für die Vorstandsarbeit zu begeistern.
Nach Erörterung des Haushaltes und Entlastung des Vorstandes endete sodann die Jahreshauptversammlung mit den Schlussworten des scheidenden Vorsitzenden, der insbesondere allen dankte, die sich in den vergangenen zwölf Monaten, aber auch in den Jahren seiner Amtszeit für den Landesverband engagierten und verdient gemacht haben.