Das Katholische Krankenhaus in Oberhausen befindet sich in der Insolvenz – ein Klinikkonzern kündigte am Wochenende an, es zu übernehmen. Auch in den Kliniken der Stadt Köln greift die Sorge um die Arbeitsplätze weiter um sich. Wird der Standort Holweide abgewickelt? Wie der Kölner Stadtanzeiger meldet, sollen nur 115 von 407 Betten übrigbleiben. Oder wird die Uniklinik Köln die seit Jahren defizitären Kliniken übernehmen und eigene Pläne entwickeln? Im vertraulichen Teil der letzten Ratssitzung soll OB Henriette Reker einen Verhandlungsauftrag erhalten haben.
Die Gründe der jeweiligen Schieflagen sind eigentlich immer auf einem Nenner zu bringen: Für die ärztlichen und pflegerischen Leistungen gibt es nur unzureichende DRG-Vergütungen und die viel zu geringen investiven Förderungen durch die Landesregierungen ermöglichen keinen kostendeckenden Klinikbetrieb.
Ja, die NRW-Landesregierung hat beispielhaft mehr Geld in die Kliniken investiert, aber das reicht längst noch nicht aus. In dieser Woche informierte das Gesundheitsministerium über neue Einzelförderungen im ländlichen Raum. Erteilt wurden Förderbescheide für das Klinikum Herford (16 Mio. Euro), für die Christophorus-Kliniken Coesfeld (5,8 Mio. Euro) und für das Krankenhaus Maria-Hilf in Brilon und Klinikum Hochsauerland in Arnsberg (30 Mio. Euro). Das ist erfreulich, aber angesichts der großen Aufgabe nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Derzeit scheint die wirtschaftliche Realität in den Kliniken die bevorstehende Reform der Krankenhausplanung in NRW zu überholen. Das marode DRG-System und die mangelnden Investitionen führen zu einer ungeregelten Umstrukturierung der Kliniklandschaft, wobei die regionalen Auswirkungen auf die Krankenversorgung kaum konkret absehbar sind.
Was unternehmen unsere verantwortlichen Politiker? Selten ist die Absicht der Gesundheitspolitiker, die Zahl unserer Krankenhäuser deutlich zu reduzieren, so klar erkennbar, wie heute. Für uns Ärztinnen und Ärzte ist es im höchsten Maße alarmierend, das ökonomische Überlegungen bei anstehenden Entscheidungen höher bewertet werden, als der tatsächliche Bedarf der Bevölkerung in einer Region.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat auf unserer Hauptversammlung die Richtung vorgegeben: Er diagnostizierte Überversorgung, das klinische Angebot müsse reduziert werden. Wenn die Politik überhaupt noch Einfluss auf die Versorgung der Menschen nehmen will, bevor der „Markt“ das übernimmt, muss sie handeln. Weiterhin muss gelten, dass das oberste Prinzip der Krankenhausplanung und -finanzierung der tatsächliche medizinische Bedarf der Bevölkerung in einer Region sein muss.
Spahn gibt vor, effizienter mit dem verfügbaren Geld umgehen zu wollen. Er hat uns Ärzteschaft eingeladen, mit ihm im neuen Jahr eine Qualitätsdebatte zu führen. Qualität, das neue Steuerungsinstrument? Sein Angebot werden wir natürlich annehmen. Die von ihm per Gesetz angekündigten Mindestmengen werden jedoch wohl kaum zielführend sein. Hier werden nur wieder neue Anreize geschaffen, um ärztliche Leistungen bis zum Erreichen der Mindestmengen auszuweiten und so die Existenz der Kliniken zu sichern.
Es ist ganz einfach: Die Fehlanreize durch das DRG-System und die defizitäre Finanzierung von Basisleistungen muss dringend beseitigt werden. Geburtshilfe und Kinderheilkunde sind nicht mehr kostendeckend zu leisten. Die täglich erforderliche Grundleistungen in vielen Fachgebieten führt zu Verlusten, die teils nur durch Erbringung hochspezialisierter Leistungen aufgefangen werden können.
NRW-Gesundheitsminister Laumann will die größte Krankenhausreform der letzten Jahrzehnte initiieren.
Dabei war in dem vorgelegten Gutachten ärztlicher Sachverstand bisher nicht eingebunden. Er hat uns angeboten, unseren Sachverstand einzubringen. Das werden wir tun. Aber das allein wird nicht reichen. Das DRG-System muss auf Bundesebene geändert werden. Spahn hat uns Ärztinnen und Ärzte aufgefordert, wer die DRG abschaffen will, müsse auch überzeugende Alternativen benennen. Das halten wir für einen Offenbarungseid, denn die aktive und verantwortungsvolle Gestaltung der Gesundheitspolitik obliegt in erster Linie den gewählten Politikern. Aber wir haben und werden weiter unsere Vorschläge einbringen. (s. Beschluss III.2 der 136. HV)
Wer Bürgern eine der besten medizinischen Versorgungen der Welt verspricht, der muss auch bereit sein, dieses Versprechen auskömmlich zu finanzieren. Wir subventionieren dieses Versprechen Jahr für Jahr mit Millionen unbezahlten Überstunden – unsere Patienten schätzen das! Und unsere Politiker? Reden wir offen: Wir brauchen endlich eine Debatte darüber, was unserer Bevölkerung eine gesundheitliche Versorgung mit hoher medizinischer Qualität wert ist. Dieser Debatte stellen wir uns mit unserer Expertise gerne.