Jetzt steht unser Gesundheitswesen mal wieder vor infektiologischen Herausforderungen. Nach EHEC, Vogelgrippe, Schweinegrippe und SARS verbreiten sich in Deutschland derzeit auch die Corona-Viren. Täglich steigt hierzulande die Zahl der Infizierten. Naturgemäß können wir nicht abschätzen, wie genau sich die Zahl der Infizierten in den nächsten Wochen noch weiter entwickeln wird. Bei aller berechtigten Sorge, ein Anlass zur Panik besteht nicht.
An dieser Stelle möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen in Kliniken und Praxen für ihren Einsatz herzlichen danken.
Aber unübersehbar ist, dass wir bei allen Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Krankheit die Ärztinnen und Ärzte des ÖGD brauchen. Nicht nur die Ermittlung der Erkrankten und die Suche nach deren Kontaktpersonen sowie die Koordination der Infektionsschutz- und Quarantänemaßnahmen fallen in die Zuständigkeit der Gesundheitsämter. Nicht erst Corona zeigt: ÖGD-Ärzte sind einmal mehr unverzichtbar. Sie belegen aktuell und tagtäglich eindrucksvoll, wie sie am Menschen und für die Menschen täglich ärztlich arbeiten.
Es geht nicht nur um den aktuellen Schutz vor der Verbreitung von Infektionskrankheiten. Die Existenz und Handlungsfähigkeit des gesamten ÖGD steht auf dem Spiel. Versorgungsdefizite drohen – akut verstärkt – beim allgemeinen Gesundheitsschutz der Bevölkerung: Untersuchungen der einzuschulenden Kinder, der Vorsorgeschutz gegen Tuberkulose oder Salmonellen, die Überprüfung der Qualität des Trinkwassers, die Verbesserung des Masernimpfschutzes und vieles mehr stehen auf der täglichen Agenda. Das alles kann nur von einem personell gut mit Ärztinnen und Ärzten ausgestatteten und damit voll leistungsfähigen ÖGD gewährleistet werden.
Was aber macht die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA)? Trotz der Zusage nach unseren Streiks im letzten Jahr hat die VKA die im Mai vereinbarten separaten Tarifverhandlungen für ÖGD-Ärzte Mitte Dezember mal wieder einseitig mit fadenscheinigen Gründen unterbrochen.
Woran hapert es? Die Arbeitgeberseite will ÖGD-Ärzten schlicht keinen arztspezifischen Tarifvertrag geben. ÖGD-Ärzte gelten für die VKA nicht als Ärzte. Welch fataler Irrtum! Gerade die aktuelle Corona-Epidemie belegt mal wieder das Gegenteil. Es gibt keinen Grund, warum ÖGD-Ärzte deutlich schlechter als ihre Kolleginnen und Kollegen in kommunalen Krankenhäusern bezahlt werden. Liebe Arbeitgeber! Wertschätzung für dringend benötigte Ärztinnen und Ärzte im ÖGD sieht völlig anders aus!
Wir haben eindringlich davor gewarnt, dass dieses Verhalten der Arbeitgeber die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet. Nun zeigt die Lage mit den steigenden Zahlen der Corona-Infizierten plötzlich öffentlich sichtbar wie wichtig unsere Kolleginnen und Kollegen sind.
In dieser Situation nur einzelne Mitarbeiter mit individuellen Zulagen besser zu stellen, ist keine akzeptable oder zielführende Lösung. So kann und darf es nicht weitergehen. Hoffen wir, dass nicht nur die aktuelle Corona-Infektionswelle die VKA endlich zur Einsicht bringt. Werten Sie endlich die komplette verantwortungsvolle Arbeit des ÖGD auf, damit sich wieder mehr Ärztinnen und Ärzte für die Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst entscheiden können. Wir alle brauchen Sie!
Liebe Bürgermeister und Landräte: In zehn Jahren werden die meisten, die jetzt noch im ÖGD arbeiten, in den Ruhestand gehen. Gerade in NRW ist angesichts der jetzigen Situation zu sehen, wie dringend Sie ärztliche Kolleginnen und Kollegen im ÖGD brauchen. Fordern Sie ihren Arbeitgeberverband auf, die Blockadehaltung endlich aufzugeben. Stärken Sie den ÖGD mit einem arztspezifischen Tarifvertrag.