Grundsätzlich besteht eine Arbeitspflicht. Erst in einer konkreten Gefährdungssituation kann sich eine andere Bewertung ergeben, das allgemeine Ansteckungsrisiko reicht derzeit nicht dafür aus.
Der Arbeitgeber hat allerdings bei chronisch erkrankten Beschäftigten eine gesteigerte Fürsorgepflicht und muss unter Umständen besondere Vorkehrungen schaffen. Ist die Erbringung der Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen unzumutbar, besteht für den Arbeitnehmer u.U. ein Leistungsverweigerungsrecht, welches dem Arbeitgeber angezeigt werden muss. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden (näher dazu Frage 20).
Grundsätzlich muss einmal genehmigter Urlaub auch gewährt werden. Der Arbeitgeber kann aber in Notfällen dazu berechtigt sein, den einmal genehmigten Urlaub zu widerrufen. Dabei muss es sich um zwingende Notwendigkeiten, z.B. um unvorhergesehene Ereignisse handeln, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen (BAG, Urteil vom 19.12.1991 – 2 AZR 367/91). Die drohende Personalknappheit in den Krankenhäusern aufgrund der zu erwartenden schwer erkrankten Patienten dürfte ein solcher Ausnahme- bzw. Katastrophenfall sein.
Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber sowohl Beschäftigte aus dem Urlaub wird zurückholen dürfen als auch Urlaubswünsche für die nächste Zeit ablehnen könnte. In diesem Fall ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer bei dringenden betrieblichen Erfordernissen trotz Erteilung eines Freizeitausgleiches zur Arbeit auffordern. Grundsätzlich muss dies mit einer angemessenen Vorlaufzeit passieren. Ein kurzfristigeres „Holen aus dem Frei“ kann im Katastrophenfall gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus seiner besonderen Treuepflicht dem Arbeitgeber gegenüber auch zu einem kurzfristigen Einsatz verpflichtet ist. Je nach Entwicklung der Situation in den Kliniken, wird daher der Katastrophenfall dazu führen, dass einmal genehmigter Freizeitausgleich zurückgenommen werden kann bzw. ein „Holen aus dem Frei“ möglich sein wird. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden. Insbesondere im Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Kliniken (TV-Ärzte/ VKA) sind finanzielle Kompensationen für kurzfristige Inanspruchnahmen und nachträgliche Dienstplanänderungen vorgesehen. Für den Fall, dass der Arbeitgeber in der momentanen Situation diese Regeln nicht berücksichtigt, sollten daher etwaige kurzfristige Inanspruchnahmen -ebenso wie etwaige Mehrarbeit oder Überstunden- durch die einzelne Ärztin dokumentiert werden, um sie gegebenenfalls später geltend zu machen.
Der Arbeitgeber hat weder eine Ablehnungsmöglichkeit der Elternzeit noch die Möglichkeit Eltern einseitig aus der Elternzeit wieder zurückzuholen. Das Arbeitsverhältnis und damit die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen während der Elternzeit.
Weiterhin kann ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Elternzeit bei Antragsstellung auch nicht verweigern und z.B. betriebsbedingte Gründe anführen. Elternzeit ist also ein arbeitnehmerseitiges Gestaltungsrecht. Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit auf Wunsch des Arbeitnehmers ist von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig, was in Zeiten von Corona jedoch kein Problem darstellen dürfte. Jede Änderung im Hinblick auf eine vereinbarte Elternzeit kann allerdings auch Folgen nach dem Bundeselternzeit- und Elterngeldgesetz (BEEG) haben und sollten daher unbedingt auch mit der Elterngeldstelle geklärt werden.
Grundsätzlich fällt die Kinderbetreuung in die Risikosphäre des Arbeitnehmers. In der im Moment vorliegenden besonderen Situation kann im Einzelfall ein Freistellungsanspruch vorliegen, wenn die Kinderbetreuung trotz aller Bemühungen nicht sichergestellt werden kann. Ob für diesen Fall ein Vergütungsanspruch besteht, hängt von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ab. Dies wird allerdings von der individuellen Situation abhängen, wie z.B. bei Alleinerziehenden oder wenn beide Elternteile in systemrelevanten Bereichen unabdingbar sind, eine Notfallbetreuung aber möglich ist. Hier ist immer eine Einzelfallentscheidung erforderlich.
Auch, ob eine Notfallbetreuung in Anspruch genommen werden muss, ist im Einzelfall zu entscheiden. Wir empfehlen das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Für Beschäftigte im Geltungsbereich des TV-Ärzte/ VKA: Hier sind die Möglichkeiten zur Entgeltfortzahlung bei Arbeitsbefreiung wegen Kinderbetreuung ausgeweitet worden. Informieren Sie sich in Ihrer Klinik und bei Ihrem Landesverband
Das Kündigungsrecht ist ein einseitiges Gestaltungsrecht und kann rechtlich nicht verweigert werden. Unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist kann daher jederzeit gekündigt werden.
Auf freiwilliger Basis können auch Studierende das Gesundheitssystem unterstützen. Sie müssen jedoch gemäß ihrem jeweiligen Kenntnis- und Ausbildungsstand eingesetzt beziehungsweise geschult werden. Vorhandene Ausbildungen sind hierbei zu berücksichtigen. Ein Medizinstudierender kann und darf keine examinierten Krankenpfleger oder approbierten Ärzte ersetzen, jedoch ist eine Entlastung dieser bei diversen Tätigkeiten denkbar.
Freiwillig können sich Ärztinnen und Ärzte jenseits des Renteneintrittsalters wieder von den Krankenhäusern als Arbeitnehmer z.B. im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses anstellen lassen. Eine Verpflichtung besteht nicht. Bitte informieren Sie sich unbedingt vor Arbeitsaufnahme bei Ihrem zuständigen Versorgungswerk und Ihrer Krankenversicherung.
Dies ist gegen den Willen des Arztes aufgrund des arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruchs grundsätzlich nicht ohne weiteres zulässig, §§ 611, 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Wenn der Arzt aufgrund der arbeitgeberseitigen Anweisung, der Arbeit fernzubleiben nicht auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit kommt, behält er dennoch seinen ungekürzten Entgeltanspruch. Denn der Arbeitgeber findet sich im Annahmeverzug, § 615 S. 1 BGB.
Es kann allerdings sein, dass der Arbeitgeber für die „Freistellung“ ein schützenswertes Suspendierungsinteresse hat. Dieses ist z.B. dann gegeben, wenn bei dem Arzt ein konkreter Verdacht auf Infizierung mit dem Coronavirus vorliegt (näher dazu Frage 12.).
Siehe Antwort 9. Ohne ausdrückliche Vereinbarung dürfen weder Überstunden abgebaut bzw. Zwangsurlaub angeordnet werden. Es bleibt dabei, dass der Arbeitgeber das Entgelt aufgrund seines Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) weiterzahlen muss. Eine Verrechnung mit Überstunden bzw. Urlaubstagen bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Arzt. Eine solche Vereinbarung findet sich in den meisten Tarifverträgen, kann unter Umständen auch im Arbeitsvertrag sowie in Betriebs- oder Dienstvereinbarung enthalten sein. Erkundigen Sie sich dazu auch bei Ihrem Betriebsrat, ob es hierzu – möglicherweise auch auf die aktuelle Situation bezogene - kurzfristige (Betriebs-)Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber gegeben hat. Auch hier gilt: Halten Sie im Zweifelsfall Rücksprache mit den Juristen Ihres Landesverbandes.
Die Anordnung von Zwangsurlaub ist auch hier nicht denkbar. Eine Anordnung von Freizeitausgleich hängt von der arbeitsvertraglichen Ausgestaltung ab. Eine Anordnung von Freizeitausgleich dürfte dann nicht möglich sein, wenn damit das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers auf seinen Arbeitnehmer abgewälzt werden soll. Im Zweifel werden die Arbeitsgerichte diese Frage entscheiden müssen.
Alternative 1: Es handelt sich um einen begründeten Verdacht oder eine bestehende Infektion:
Hat der Arbeitgeber den begründeten Verdacht, dass der Arbeitnehmer an Corona erkrankt ist, darf er zum Schutz des Betroffenen, der restlichen Belegschaft und der Patienten diesen aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur Genesung nach Hause schicken. In diesem Fall besteht zunächst ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen. In arbeitsvertraglichen bzw. tariflichen Vorschriften kann auch ein längerer Zeitraum vereinbart sein.
Alternative 2: Es handelt sich um einen unbegründeten Verdacht:
Hat der Arbeitgeber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeit krank sein könnte und schickt er diesen trotzdem nach Hause, so muss der Arbeitgeber weiterhin das unverminderte Gehalt zahlen. Denn er befindet sich in Annahmeverzug, wenn der Arzt arbeitsfähig und arbeitsbereit ist und alleine aufgrund der Anordnung des Arbeitgebers nicht der Arbeitspflicht nachkommen kann, § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Die momentanen Empfehlungen des RKI sehen keine Anordnung von Quarantäne in solchen Fällen vor. Die tatsächliche Umsetzung von Empfehlungen des RKI -einschließlich etwaiger Besonderheiten für Grenzgänger- erfolgt jedoch nach Landesrecht, so dass auch hier die Maßnahme des Arbeitgebers im Einzelfall betrachtet und bewertet werden muss.
§ 56 Infektionsschutzgesetz gewährt im Fall einer behördlich angeordneten Betriebsschließung einen Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde auf sog. Verdienstausfallentschädigung für jene Arbeitnehmer, die als „Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern“ von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden. Danach erhalten die von der Quarantäne betroffenen Arbeitnehmer für sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls vom Arbeitgeber ausgezahlt. Der Arbeitgeber kann sich den gezahlten Verdienstausfall von der Behörde erstatten lassen. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Personen, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sog. beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen, sind von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit. Gemäß § 616 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Arbeitgeber weiterhin die Vergütung an seine Beschäftigten zahlen, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. § 616 BGB ist allerdings in vielen Fällen entweder durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. In diesem Fall greift der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 IfSG. Der Beschäftigte erhält demnach sein Gehalt (Nettolohn) für sechs Wochen weiter vom Arbeitgeber, der dieses wiederum von der Behörde erstattet bekommt. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Im Falle der eigenen Erkrankung wird dagegen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld gezahlt.
Ansprüche können auch zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden. Jedoch muss der Arbeitnehmer im Streitfall auch dann noch in der Lage sein, die einzelnen - u.U. rechtswidrigen - Anweisungen des Arbeitgebers beweisen zu können. Sofern irgend möglich, sollten Sie daher sämtliche diesbezügliche Anweisung durch Ihren Arbeitgeber schriftlich und unmittelbar dokumentieren oder Ihren Arbeitgeber auffordern, die Anweisung zu verschriftlichen.
Falls der Arbeitgeber z.B. ohne entsprechende Vereinbarung Überstunden verrechnet oder Urlaubstage abgezogen hat, so muss der Arbeitnehmer sich im Rahmen von eventuell geltenden Ausschlussfristen gegen dieses Vorgehen wehren und Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber in Textform (E-Mail und Fax sind ausreichend) fristgerecht geltend machen. Ausschlussfristen sehen regelmäßig eine Frist von drei bzw. sechs Monaten zur Geltendmachung vor. Bitte prüfen Sie nach, ob bzw. welche Frist für Sie maßgeblich ist.
Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht sowie der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben muss der Arbeitgeber alles dafür tun, damit Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können.
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, anhand einer Gefährdungsbeurteilung die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung für jeden Arbeitsplatz zu ermitteln und festzustellen, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Pflicht gilt auch für die Arbeit mit Biostoffen wie Viren. Sind Gefahrenpotentiale festgestellt, muss der Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren Schutzmaßnahmen ergreifen, wie z.B. die Abtrennung von Arbeitsbereichen oder das Bereitstellen von geeigneter Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln, aber ggf. auch die Freistellung von aus Risikogebieten zurückkehrenden Arbeitnehmern.
Sowohl das RKI als auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) empfehlen derzeit (Stand 19. März 2020), dass den Beschäftigten neben ausreichend Kitteln, Handschuhen, einer Schutzbrille auch partikelfiltrierende Halbmasken mindestens der Klasse FFP2 oder FFP3 (z.B. für Tätigkeiten an Patienten, die stark Husten oder zum Husten provoziert werden) in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.
Nach § 17 Abs. 2 ArbSchG können sich Arbeitnehmer an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen und einer darauf gerichteten Beschwerde an den Arbeitgeber nicht abgeholfen wurde. Wir empfehlen vorher Rücksprache mit den Juristen in unseren Landesgeschäftsstellen zu halten.
In besonderen Ausnahmefällen ist es denkbar, die Erbringung der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verweigern, wenn die konkrete Gefährdungssituation die Arbeitsleistung unzumutbar macht. Da hier aber das Risiko der Bewertung der Unzumutbarkeit beim Arbeitnehmer liegt, sollte eine solche Vorgehensweise unbedingt vorab rechtlich eingehend geprüft werden. Zu beachten ist dabei, dass der Arbeitgeber von seiner Vergütungspflicht auch dann frei wird, wenn der Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung zu Recht wegen Unmöglichkeit verweigert hat.
Nein. Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass weder Arbeitgeber noch die Kollegen das Recht haben, den Grund einer Erkrankung zu erfahren; allerdings muss in Fällen der Infektionsgefährdung dieses Recht der informationellen Selbstbestimmung hinter das Schutzinteresse von Kollegen und Patienten zurückstehen. Die Veröffentlichung der Erkrankung dient berechtigten Zwecken und ist damit in aller Regel rechtmäßig.
Die §§ 3 ff. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regeln zwingende Höchstgrenzen, von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Das ArbZG geht von einer Sechs-Tage-Woche aus, in der werktäglich 8 Arbeitsstunden geleistet werden dürfen. Die wöchentliche maximale Anzahl liegt daher grundsätzlich bei 48 Stunden.
Eine Erhöhung auf 10 Arbeitsstunden werktäglich ist nur möglich, wenn die zusätzlich angefallenen Arbeitsstunden innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. Mit sog. Opt-Out-Regelungen kann diese Stundenanzahl auf freiwilliger Basis auch über 48 Stunden erhöht werden. Dieses zusätzliche Stundenkontingent darf allerdings nur für Bereitschaftsdienste genutzt werden und nicht für Regelarbeitszeit.
Die Ausnahmefälle, in denen von den Grundsätzen der Arbeitszeitbegrenzung abgewichen werden kann, regelt § 14 ArbZG. Das Auftreten des Coronavirus und seine Auswirkungen stellen ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des § 14 ArbZG dar. Eine solche Krankheitswelle tritt weder regelmäßig auf noch ist sie voraussehbar.
Dennoch ist auch in der gegenwärtigen Situation keine unbegrenzte Ausdehnung der Arbeitszeit zulässig, vergleiche §14 Abs.3 ArbZG. Auch wenn z.B. die tägliche Arbeitszeit über die in § 3 ArbZG festgelegten Höchstgrenzen angepasst werden kann, darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen 48 Stunden weiterhin nicht überschreiten. Vereinbarte Opt-Out-Regelungen gelten weiter.
In Tarifbereichen, in denen eine Begrenzung der Anzahl der Bereitschaftsdienste (etwa TV-Ärzte/ VKA) vereinbart wurde, haben wir durch die Möglichkeit, diese Begrenzung gegebenenfalls zu überschreiten, für Situationen wie diese vorgesorgt: Im Falle der Gefährdung der Patientensicherheit kann auch über die Grenze von durchschnittlich vier Diensten im Kalendermonat hinaus Bereitschaftsdienst angeordnet werden. Während die dauernde Unterbesetzung in einzelnen Abteilungen oder die Nichtbesetzung offener Stellen regelmäßig kein Grund für die Überschreitung der vier Dienste-Grenze ist, wird im Falle des Anstiegs des Patientenaufkommens und des gegebenenfalls auftretenden infektionsbedingten Ausfalls von Kolleginnen und Kollegen von einer solchen Gefährdung der Patientensicherheit auszugehen sein.
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, aus Angst vor Ansteckung nicht bei der Arbeit zu erscheinen, gibt es nicht.
Um die Arbeitsleistung verweigern zu können, ist es erforderlich, dass die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Eine Unzumutbarkeit kann z.B. dann gegeben sein, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Gehört man selbst zu einer der Risikogruppen des Coronavirus, kann dieses Leistungsverweigerungsrecht unter Umständen in Betracht kommen, gerade dann, wenn durch die Art der Arbeit ein Kontakt mit Infizierten sehr wahrscheinlich ist und mögliche und zumutbare Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz vom Arbeitgeber nicht ergriffen werden oder nicht ausreichend sind.
Zu empfehlen ist hier aber dringend die vorherige rechtliche Beratung unter Einbeziehung der Expertise des eigenen behandelnden Arztes. Ferner sollten zuvor alle Versuche ausgeschöpft sein, mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Regelung für das Fernbleiben von der Arbeit zu treffen, wie z.B. das Einbringen von Urlaub oder Überstunden. Denn das Risiko, dass man zu Unrecht die Arbeitsleistung nicht erbringt (ein Leistungsverweigerungsrecht also nicht gegeben war), trägt allein der Arbeitnehmer. Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber wegen unberechtigter Verweigerung der Arbeitsleistung sind bei Fehleinschätzung denkbar.
Zu beachten ist dabei, dass der Arbeitgeber von seiner Vergütungspflicht auch dann frei wird, wenn der Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung zu Recht wegen Unmöglichkeit verweigert hat.
Grundsätzlich reicht die Befürchtung sich bei der Arbeit anzustecken nicht aus, um der Arbeit fernbleiben zu können.
Zurzeit gibt es keinen Hinweis, dass Schwangere durch das Coronavirus gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Dennoch ist der Arbeitsplatz - wie bei jeder werdenden Mutter - vom Arbeitgeber im Rahmen einer „Gefährdungsbeurteilung“ zu bewerten. Dies geschieht, da Schwangere keine Tätigkeiten an Patienten mit potentiell infektiösem Status verrichten sollen, also auch Patienten, die sich evtl. mit dem Coronavirus infiziert haben.
Schlussendlich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und die daraus abzuleitende Gefährdungsbeurteilung an, ob ein teilweises oder komplettes Beschäftigungsverbot vom Arbeitgeber ausgesprochen wird. Daneben besteht ggf. die Möglichkeit durch den eigenen Arzt ein individuelles Beschäftigungsverbot zu erwirken.
Bei schwangeren bzw. stillenden Arbeitnehmerinnen muss der Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Sie richtet sich nach den Vorschriften der §§ 9 bis 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG).
Ein Arbeitgeber darf eine schwangere bzw. stillende Mutter keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem Maß mit biologischen Gefahren in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (§§ 11 Abs. 2 bzw. 12 Abs. 2 MuSchG).
Der Arbeitgeber hat durch geeignete organisatorische und technische Maßnahmen sicherzustellen, dass eine unverantwortbare Gefährdung von Mutter und Kind vermieden wird. Ansonsten darf die Schwangere oder die stillende Mutter mit den betreffenden Aufgaben nicht beschäftigt werden.