Wie ist der aktuelle Stand der WBO in Hessen? Wann tritt diese in Kraft?
Piper: Geplant ist, dass die Weiterbildungsordnung für Hessen dieses Jahr im Juli in Kraft treten soll. Die Genehmigung durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration liegt der Landesärztekammer inzwischen vor. In der aktuellen Situation wird man noch klären müssen, ob und wie die Umsetzung organisiert werden kann. Die Bekanntgabe der Genehmigung und der Gesamtfassung wird im Hessischen Ärzteblatt Juni 2020 erfolgen.
Was ändert sich mit der neuen WBO?
Bodammer: In den chirurgischen Fächern bleibt es bei Mindestzahlen von Eingriffen wie z. B. Appendektomien oder Koloneingriffe, ansonsten werden die bisher geforderten Zahlen weitgehend zurückgesetzt. Zudem wurden neue Methoden von Diagnostik und Therapie integriert. Genau definierte kognitive und Methodenkompetenzen verlangen sachliche und fachliche Kenntnisse sowie bestätigte Handlungserfahrungen. Sie müssen schrittweise erworben, kontinuierlich dokumentiert und vom Weiterbilder regelmässig bestätigt werden.
Gibt es neue Fächer?
Bodammer: Ja, es sind einige neue Fächer hinzugekommen, zum Beispiel wurden Zusatzweiterbildungen (ZWB) für Balneologie, Ernährungsmedizin, Immunologie, Nuklearmedizin für Radiologen, Sexualmedizin, EMAH(Erwachsene mit angeborenem Herzfehler)-Kardiologie, Transplantationsmedizin und die Kardio-MRT-Untersuchung in die Weiterbildungsordnung aufgenommen.
Verlängern oder verkürzen sich WBO-Zeiten?
Piper: Die Weiterbildungszeiten der Facharztgebiete und Schwerpunkte ändern sich nicht. In der Inneren Medizin sind jetzt bis 24 Monate Weiterbildung im ambulanten Bereich möglich. Die berufsbegleitende Weiterbildung wurde in einzelnen Weiterbildungen gestärkt, z. B. in der ZWB Krankenhaushygiene und in der ZWB Allergologie.
Ist die neue WBO familienfreundlicher geworden?
Piper: Die Weiterbildung wird elternfreundlicher. Neben einer Weiterbildung in Teilzeit werden auch Drei-Monatsabschnitte (in Hessen aufgrund des Heilberufsgesetzes bis zu insgesamt zwölf Monaten) anerkannt.
Gibt es Übergangsregelungen? Wie sehen diese aus?
Piper: Vom 1. Juli 2020 gilt für die Gebiete und solche mit integrierten Schwerpunkten wie z. B. Innere Medizin, Chirurgie, Psychiatrie etc. grundsätzlich eine Übergangsfrist von acht Jahren, also bis Mitte 2028. Bis dahin kann eine vor dem 1. Juli 2020 begonnene Weiterbildung nach alter WBO abgeschlossen werden. Weiterbildungsbefugnisse werden entsprechend verlängert.
Wie funktioniert der Wechsel von der alten zur neuen WBO?
Bodammer: Alle bisher gültigen Dokumente gelten fort. Auch nach der neuen WBO wird bis zur Funktionsfähigkeit des hessentypischen eLogbuches, das noch in der Entwicklung ist, auf Papier dokumentiert werden. Zum konkreten Verfahren ab Juli 2020 wird es Verwaltungshinweise im Hessischen Ärzteblatt oder Online auf www.laekh.de geben. Unklarheiten oder Verfahrensfragen können in begründeten Einzelfällen vor einem Wechsel mit der Landesärztekammer Hessen vorab verbindlich geklärt werden.
Können bereits zuvor erworbene Kompetenzen in neue Weiterbildungen mitgenommen werden?
Piper: Ja, das erlauben Übergangsregelungen: Gleichwertige Weiterbildungsabschnitte oder Inhalte, die innerhalb acht Jahren vor der Neueinführung einer Qualifikation qualifiziert erworben wurden, sind anerkennungsfähig. Das ist innerhalb einer Frist von drei Jahren nach Inkrafttreten der Neuregelungen zu beantragen. Entsprechen- der Stichtag für die ZWB Kardio-MRT, ZWB Betriebsmedizin, ZWB Akut- und Notfallmedizin und FA für Allgemeinmedizin war der 01. Juli 2019. Für die weiteren neuen Fächer in der hessischen WBO 2020 wird das Inkrafttreten am 01. Juli 2020 als Stichtag gelten.