Der Marburger Bund begrüßt, dass die Bundesregierung die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) vorantreiben will. Dieses Gesetz formuliert hierbei einen wichtigen rechtlichen Rahmen, in dem sich die digitale Medizin zukünftig entwickeln kann. Hierdurch kann die notwendige Implementierung digitaler Angebote im Gesundheitswesen beschleunigt und die Gesundheitsversorgung der Zukunft verbessert werden.
Aus diesem Grund ist es nicht verständlich, warum im PDSG explizit eine wesentliche Säule der Gesundheitsversorgung, der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD), keinen vollen Zugriff zur elektronischen Patientenakte (ePA) bekommen soll. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum Ärztinnen und Ärzten im ÖGD nur ein begrenzter Zugang zu den Daten der ePA bei der medizinischen Versorgung der Menschen ermöglicht werden soll. Der Gesetzgeber muss hier mutiger in der rechtlichen Rahmengestaltung sein und den Ärztinnen und Ärzten im ÖGD die gleichen Möglichkeiten bieten wie denen im stationären und ambulanten Bereich“, stellt PD Dr. Peter Bobbert, Bundesvorstandsmitglied des Marburger Bundes, vor der morgigen öffentlichen Anhörung zum PDSG im Deutschen Bundestag fest.
Spielraum für mehr Mut sieht der Marburger Bund zudem bei der Gestaltung der vorgesehenen Möglichkeit für Versicherte, ihre Daten auf der ePA zukünftig freiwillig der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung zu stellen. Die aktuell formulierte Regelung öffnet die Tür, zum Wohle einer verbesserten medizinischen Versorgung gesundheitsrelevante Daten anonymisiert auszuwerten, um den medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritt zu beschleunigen. Um die Akzeptanz unter allen Versicherten für die Datenanalyse zu erreichen, sollte mutiger über individuelle Einwilligungsmodelle zur Datenspende gedacht werden. Vorbild hierfür können Überlegungen des Deutschen Ethikrates und der Ethikkommission sein.
Der Schlüssel zur digitalen Medizin der Zukunft liegt in der Fortsetzung der vertrauensvollen Arzt-Patientenbeziehung von heute. Patientinnen und Patienten entscheiden souverän über die Weitergabe von Daten an ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Dies geschieht im Wissen, dass unbefugte Dritte keinen Einfluss auf die Arzt-Patientenbeziehung nehmen können. Daher kritisiert der Marburger Bund die Bestimmung, dass Versicherte die Inhalte ihrer ePA an die Krankenkassen übermitteln können, wenn sie zum Beispiel kassenspezifische Angebote nutzen wollen. „Gesetzliche und private Krankenversicherungen dürfen weder heute noch in Zukunft von ihren Versicherten verlangen oder ihre Versicherten dazu animieren, Krankheitsdaten preiszugeben, indem sie beispielsweise als Gegenleistung finanzielle Vorteile oder eine verbesserte individuelle medizinische Versorgung versprechen. Ein solches Verwendungs- und Weitergabeverbot muss uneingeschränkt gelten“, fordert PD Dr. Peter Bobbert.