„Dieses katastrophale Bild kennen wir aus vielen niedersächsischen Gesundheitsämtern“, berichtet Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. „Viele Stellen wurden abgebaut, andere können nicht neu besetzt werden. Angesichts der Rahmenbedingungen wollen Ärzte nicht im öffentlichen Gesundheitsdienst tätig werden.“
Wollenberg verdeutlicht: „Kommunen und Land haben seit Jahren nichts gegen den Personalmangel in den Gesundheitsämtern getan. Stattdessen sollen immer mehr Aufgaben durch immer weniger Personal bewältigt werden. Die Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst sind am Limit. Sie haben bei der Bekämpfung der Pandemie hervorragende Arbeit geleistet und verdienen endlich bessere Arbeitsbedingungen – nicht nur Balkonapplaus.“
Während der akuten Phase der Corona-Pandemie mussten die Gesundheitsämter mit Personal aus allen Bereichen des Gesundheitsdienstes verstärkt werden. „Jetzt werden die eingearbeiteten Kolleginnen und Kollegen vielerorts abgezogen, um ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen, etwa Schuleingangsuntersuchungen, Begutachtungen und Trinkwasserbeprobungen. Wir brauchen dauerhaft mehr qualifiziertes Personal in den Gesundheitsämtern“, fordert Elke Bruns-Philipps, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD). „Sonst können wichtige Aufgaben nicht mehr bewältigt werden“, befürchtet sie.
Bruns-Philipps sieht Land und Kommunen in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern: „Die Kolleginnen und Kollegen haben kaum Aufstiegschancen, werden schlechter bezahlt und es herrscht ständige Personalnot. Wenn sich durch Krisen die Situation zusätzlich verschärft, geht man lieber als angestellte Ärztin in eine Praxis.“
Die HAZ hatte Hauke Jagau, Präsident der Region Hannover, so zitiert, dass der Markt der Ärztinnen und Ärzten, die im ÖGD arbeiten wollen, sehr klein sei und daher keine Ärztinnen und Ärzte gefunden werden könnten.
„Die Ärztinnen und Ärzten im öffentlichen Gesundheitsdienst erhalten zum Teil 1500 Euro im Monat weniger als im Krankenhaus“, erläutert Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. „Die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände weigert sich, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Das wird die Gesundheitsämter deutschlandweit langfristig ruinieren. Wir fordern, die Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen endlich an die Gehälter in kommunalen Kliniken und dem Medizinischen Dienst der Kassen anzugleichen. Sie haben es mehr als verdient.“
- PM 33/2020 | Ärzte im Gesundheitsamt endlich besser bezahlen(119.3 KB, PDF)