„Gleichzeitig steigen die Covid-19-Patientenzahlen auf den normalen und Intensiv-Stationen an. Erste Kliniken nähern sich in den Intensivstationen bereits ihrer Kapazitätsgrenze“, resümierte Dr. med. Hans-Albert Gehle. „Manche Kliniken sind jetzt schon ausgelastet. Dort sind wir in der Situation, dass zusehends mehr planbare Operationen verschoben werden müssen. Diese Entwicklung ist besorgniserregend.“
„Zwar können die Bettenkapazitäten in den intensivmedizinischen Abteilungen noch ausgebaut werden, aber es fehlen uns für eine Belegung der zusätzlichen Betten auf den Intensivstationen - nicht nur für die Versorgung der Covid-19-Patienten - hochspezialisierte Pflegekräfte und auch Fachärzte.“
„Die immer wieder zu hörenden Vorschläge, einfach die Arbeitszeit auf 60 Stunden in der Woche zu erhöhen, sind unverantwortlich. Das wäre eine grobe Missachtung des Arbeitszeitgesetzes und eine gesundheitliche Gefährdung der Patienten und Mitarbeiter. Jeder, der solche untauglichen Vorschläge macht, sollte mal acht oder zehn Stunden am Tag mit einer FFP-2-Maske arbeiten“, betont Gehle.
Die Ausbildung von Pflegefachkräften dauert Jahre, kurzfristig könnten sie nur mit einigem Engagement wieder für die Versorgung gewonnen werden. „Angesichts der enormen Belastung in ihrem Berufsalltag haben in den vergangenen Jahren viele Pflegefachkräfte hierzulande ihre Arbeitszeit auf Teilzeit reduziert oder sogar ihrem Beruf ganz den Rücken zugedreht.“
„Wir brauchen jetzt von allen Beteiligten kreative Ideen, um diese Pflegekräfte wieder für die medizinische Versorgung zu gewinnen“, appelliert Dr. med. Hans-Albert Gehle. „Nicht nur für den Intensivbereich, sondern auch für die provisorisch aufgebauten Intensiv- und Quarantäne-Abteilungen, die im normalen Stationsbereich eingerichtet wurden.“
„Die hochbelastende Pflegearbeit muss einfach wieder attraktiver gemacht werden. Es kann doch nicht sein, dass etwa private Leihfirmen den Pflegekräften bessere Gehälter zahlen als die Träger der Krankenhäuser. Es wären viele Anreize sinnvoll und denkbar“, sagt Dr. med. Hans-Albert Gehle.
„Sie können aus finanziellen Zuwendungen, Sachprämien oder nichtmateriellen Leistungen bestehen. Es könnten steuerliche Vergünstigungen oder Zulagen, Sonder-Boni oder zusätzliche Urlaubstage für Pflegekräfte sein. Auch neue Möglichkeiten zur individuellen und flexiblen Arbeitszeitgestaltung oder eine Kostenübernahme für Weiterbildungen sind hilfreich.“
„Wir fürchten, dass die Zahl der Covid-19-Patienten in den Kliniken trotz der seit vier Wochen geltenden einschränkenden Maßnahmen in den nächsten Wochen noch weiter ansteigen wird und zudem in den bevorstehenden Wintermonaten zusätzlich wieder viele Grippe-Patienten intensivmedizinisch betreut werden müssen. Alle Beteiligten müssen daher sofort handeln, um die personelle Situation in den Kliniken zu verbessern. Wir brauchen dringend Unterstützung. Jetzt!“