Herr Dr. Tempel, Sie waren von Anfang an dabei. Seit der ersten konstituierenden Sitzung eines gewählten Aufsichtsrates der KRH im Jahr 2006 haben Sie sich bis 2019 als Vertreter der Ärzteschaft für den Marburger Bund aktiv im Aufsichtsrat eingebracht. Was war Ihre Motivation in all den Jahren?
Dr. Tempel: Zu Beginn herrschte eine große Aufbruchstimmung. Die einzelnen kommunalen Krankenhäuser sollten zu einem großen Verbund zusammenwachsen. Die Kliniken der Stadt und des alten Landkreises sollten eins werden – eine echte Herkulesaufgabe. Die Zusammenführung der Mitarbeiter war keine leichte Aufgabe. Jeder fürchtete um seinen persönlichen Arbeitsbereich, in dem wertgeschätzt wurde und Kompetenz und Wissen erworben hatte.
Mit großem Engagement versuchten die Mitarbeiter der Pflegegewerkschaften und des Marburger Bundes im Aufsichtsrat, das neue Konstrukt „KRH“ mit zu gestalten. Bereits damals stand fest, dass sich die Krankenhauslandschaft erheblich verändern würde. Meine Motivation all die Jahre war immer eine möglichst gute Vertretung der Anliegen der Mitarbeiter, primär des ärztlichen Bereiches, aber natürlich insgesamt aller Mitarbeiter eines so großen Konzerns.
Herr Dr. Pawelzik, Sie haben den Posten im Aufsichtsrat zum 1. Januar 2020 von Herrn Dr. Tempel als sein Stellvertreter für die restliche Legislaturperiode übernommen, als dieser in den Ruhestand getreten ist. Herr Dr. Pawelzik, Herr Dr. Tempel, warum ist der Aufsichtsrat Ihrer Meinung nach wichtig?
Dr. Pawelzik: Der Aufsichtsrat hat Kontrolle über maßgebliche Entscheidungen, die für die weitere Ausrichtung des Konzerns, den Bestand sowie die Weiterentwicklung der einzelnen Standorte von großer Bedeutung sind. Er überwacht das Handeln der Geschäftsführung und steht dieser beratend zur Seite. Für grundsätzliche strategische Entscheidungen benötigt die Geschäftsführung die Zustimmung des Aufsichtsrates.
Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat können somit wichtige Entscheidungen im Sinne der Mitarbeiter beeinflussen. Wirtschaftliche Pläne sowie Konzern- und Unternehmensabschlüsse müssen dem kritischen Blick des Aufsichtsrates standhalten. Das Erlangen von Kenntnissen über vertrauliche Konzerninterna ist zudem eine wichtige Komponente, um dieser verantwortungsvollen Rolle bestmöglich gerecht zu werden.
Dr. Tempel: Sinn und Ziel ist die Aufsicht und Begleitung einer Geschäftsführung, die vom Aufsichtsrat bestellt und gegebenenfalls auch wieder entlassen wird. Gemeinsam mit den Anteilseignern der politischen Parteien haben wir uns stets für die Gestaltung des Konzerns eingesetzt. Auf Seiten der Arbeitnehmer lag immer der mahnende Finger, die Krankenhäuser nicht in ein rein wirtschaftliches Unternehmen abgleiten zu lassen. Das war nicht immer einfach, egal, ob es um die Zusammenführung von Krankenhäusern oder um spätere Standortzusammenlegungen ging.
Seit der Einführung der DRGs vor knapp 20 Jahren mussten die Krankenhäuser schmerzlich lernen, dass sie von der Politik von einer sozialen Einrichtung zu einem Wirtschaftsunternehmen gemacht worden waren. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat hat stets versucht, diese immensen Herausforderungen für die Mitarbeiter möglichst erträglich zu gestalten. Unser oberstes Ziel war immer, den Erhalt der kommunalen Trägerschaft zu sichern. Wir wollten in Hannover keinen Konzern, der primär die Dividenden der Aktionäre bedient.
In die aktuelle Legislaturperiode fiel die „Medizinstrategie 2020“ – der große Umstrukturierungsprozess in der KRH, den auch Sie begleitet haben. Welche Herausforderungen ergaben sich für Ihre Aufsichtsratsarbeit?
Dr. Tempel: Über Jahre haben wir versucht, die Politik zu überzeugen, dass sich Investitionen in unsere Krankenhäuser lohnen: in die Bausubstanz, vor allem aber in das Personal. In die letzte Legislaturperiode fiel die Umsetzung der „Medizinstrategie 2020“: Zentralisierung, Zusammenfassung von medizinischen Bereichen, Aufgabe von kleinen (unwirtschaftlichen) Häusern. Immer unter der Überschrift: unter den gegebenen wirtschaftlichen Voraussetzungen die bestmögliche Medizin für alle Bürgerinnen und Bürger der Region Hannover anzubieten. Dieser Weg war für die Mitarbeiter oft schmerzlich, aber unter den politisch gegebenen Vorgaben leider häufig „alternativlos“.
Ein Blick auf die zu Ende gehende Wahlperiode: Was konnten Sie im Aufsichtsrat tatsächlich bewegen?
Dr. Pawelzik: Hier ist insbesondere unsere Einflussnahme als Aufsichtsrat auf Fragen der Planung und Aufnahme von Bautätigkeiten zu nennen, dies betrifft in erster Linie die KRH-Häuser Nordstadt, Gehrden und Großburgwedel/Lehrte.
Was ist Ihr Fazit, Herr Dr. Tempel, wenn Sie auf die Erfolge Ihrer Zeit im Aufsichtsrat zurückblicken?
Dr. Tempel: Wir haben begleitet, diskutiert und oft „Schlimmeres verhindert“. Wir hatten nicht immer Mehrheiten, aber wir haben die Stimme der Mitarbeiter in allen politischen Parteien hörbar gemacht. Dies werte ich als den wesentlichen Erfolg von einer Mitarbeitervertretung in einem Aufsichtsgremium.
In den 14 Jahren, in denen ich meine Kollegen im Aufsichtsrat vertreten durfte, habe ich 13 Geschäftsführer kommen und gehen sehen. Dies zeigt, wie wichtig der kontinuierliche Einsatz auf Seiten der Arbeitnehmer ist. Die häufig jahrzehntelange Erfahrung im täglichen Krankenhausalltag sichert die Kompetenz auf der Arbeitnehmerbank. Hier saßen immer qualifizierte Pflegekräfte, Juristen, Gesundheitsökonomen und engagierte Ärzte. Ich hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleibt!
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Arbeit im Aufsichtsrat in der kommenden Legislaturperiode?
Dr. Pawelzik: Die weitere Lenkung der Bauvorhaben als Zukunftsprojekte ist von größter Wichtigkeit. Auch hier ist stets ein kritischer Blick gefragt, damit die Mitarbeiter dabei nicht auf der Strecke bleiben. Es gilt, konsequent für faire Arbeitsbedingungen für alle Berufsgruppen im KRH zu kämpfen, insbesondere auch für eine Verbesserung der ärztlichen Arbeitsbedingungen im Gesamtkonzern. Das Streben nach Profitabilität darf nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen!
Dr. Tempel: Wirtschaftliches Denken und das Verstehen von Bilanzen sind hilfreich, aber viel wichtiger ist das Engagement für das „Große Ganze“, für den Lebensarbeitsplatz Krankenhaus und die darin herrschenden Bedingungen für Patienten und Mitarbeiter. Die Medizin wird auch weiterhin ein profitorientiertes Unternehmen bleiben. Das Streben nach Effizienzsteigerung zwingt unaufhaltsam zur Beschleunigung: mit immer weniger Personal und immer mehr Technik den Betrieb aufrecht zu erhalten. Unsere Aufgabe muss es sein, hier Grenzen zu setzen!
Warum ist der Marburger Bund die richtige Wahl?
Dr. Pawelzik: Ganz einfach: Der Marburger Bund ist die einzige Interessenvertretung der ärztlichen Belange im Aufsichtsrat. Seine Einflussnahme ist für unsere Berufsgruppe von eminenter Wichtigkeit!
Dr. Tempel: Als Marburger Bund bringen wir den entscheidenden Dreiklang mit: medizinische, wirtschaftliche und juristische Kompetenz. Dazu Erfahrung und belastbare Netzwerke. Deshalb appellieren wir an die Wahlberechtigten: Nutzen Sie Ihre Stimme und wählen Sie am 1. September unsere MB-Delegierten – damit wir uns für Ihre Interessen im KRH auch in Zukunft stark machen können!
Stellen Sie bereits am 1. September mit Ihrer Wahl der Delegierten aus dem Marburger Bund die entscheidenden Weichen! Wichtig: Nur die Delegiertenliste, die ausschließlich aus Ärztinnen und Ärzten besteht, ist die Marburger-Bund-Liste!
Die von Ihnen gewählten Delegierten wählen dann wiederum am 13. Oktober in der Delegiertenversammlung die Kandidierenden. Mit der Liste 1 „Ärzte Pro Klinikum“ und der Liste 3 „Marburger Bund Pro Klinikum“ haben wir seitens Arbeitnehmern und Gewerkschaft starke Listen aufgestellt, um Ihre Interessen kritisch, konsequent und kompetent zu vertreten!
Wofür wir stehen und wer für uns steht, erfahren Sie hier.