„Die Situation ist auch in Hamburg weit schlimmer als vor einem Jahr, auch wenn bisher die Zahl der Covid-19-Patientinnen und -Patienten noch nicht so hoch ist“, kommentiert ein MB-Mitglied die aktuelle Lage. „Immer mehr Arbeit wird auf weniger Schultern verteilt – viele Kolleginnen und Kollegen sind am Limit“, bewertet Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des Marburger Bund Landesverbandes Hamburg, die Ergebnisse der Mitglieder-Befragung. „Wir erleben leider auch häufiger, dass im Schatten der Pandemie Stellen aufgrund des Kostendrucks nicht neu besetzt werden. Damit wird eine gute Patientenversorgung aufs Spiel gesetzt.“
„Nach der Pandemie wird es meines Erachtens einen flächendeckenden Exit bei Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachkräften geben“, schreibt jemand anderes. MB-Hamburg Geschäftsführerin Katharina von der Heyde bestätigt, dass der Druck auf die Ärztinnen und Ärzte weiter zugenommen hat. „Oft müssen Dienste aufgrund der ohnehin schon dünnen Personaldecke wegen nun häufigen Krankheitsausfällen spontan neu besetzt werden“, berichtet sie. „Die wenigen freien Tage, die Ärztinnen und Ärzte haben, können sie nicht zur Erholung nutzen, wenn sie ständig einspringen müssen. So wird medizinisches Personal verheizt.“
Verschiebung von planbaren Operationen und Auswahlentscheidungen
Auf die Frage, ob planbare Operationen verschoben werden müssen, weil die benötigten Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Patienten gebunden sind, antworten 32 Prozent der Teilnehmenden, dass dies – zum Zeitpunkt der Umfrage Ende November 2021 – nicht der Fall sei. 28 Prozent geben an, dass Operationen in geringem Umfang verschoben werden müssen. 13 Prozent der Teilnehmenden berichten von Operationsverschiebungen in größerem Umfang.
MB-Mitglieder wurden außerdem gefragt, ob sie sich in einer durch Covid-19 bedingten Situation befinden, in der sie bei der Versorgung von Notfallpatienten eine Auswahl treffen müssen. 57 Prozent der Befragten verneinen dies. 17 Prozent der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte geben allerdings an, dass eine solche Auswahl bereits stattfinde. Befragte ergänzen in den Kommentaren, dass es hauptsächlich aufgrund des massiven Personalmangels zu Bettensperrungen und somit zu einer eingeschränkten Patientenversorgung kommt.
Rund ein Drittel der Umfrage-Teilnehmenden erklärt, dass Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr als vier Wochen weiterarbeiten können. „Die Pandemie verstärkt die Missstände im Gesundheitswesen, die schon lange bestehen“, sagt Dr. Emami. „Als Interessenvertretung von angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzten in Hamburg wollen wir deutlich machen, dass das so nicht weitergehen kann.“