Stefanie Werneburg (MB) - Neben den allgemeinen Voraussetzungen für eine Vorschlagsliste, die in der MBZ 17/2021 erläutert wurden, hängen die weiteren Anforderungen an eine gültige Liste etwa davon ab, ob es sich um eine Vorschlagsliste der Arbeitnehmer oder um eine gewerkschaftliche Liste handelt.
Vorschlagsliste der Arbeitnehmer
Um völlig aussichtslose Wahlvorschläge von vornherein zu vermeiden, wird die Gültigkeit von Wahlvorschlägen der Arbeitnehmer davon abhängig gemacht, dass sie von einer bestimmten Anzahl von Stützunterschriften getragen werden. Die Wahlvorschlagslisten müssen von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer unterzeichnet sein. Die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer reicht in jedem Fall aus.
Natürlich kommen auch Arbeitnehmer, die selber kandidieren, als Unterstützer in Frage. Es muss jedoch deutlich werden, dass sie nicht nur auf der Liste kandidieren, sondern den Wahlvorschlag auch insgesamt unterstützen möchten. Dies geschieht am besten durch zwei getrennte Unterschriften.
Selbstverständlich können auch Mitglieder des Wahlvorstandes kandidieren und auch als Unterstützer einer Liste auftreten.
MERKE: Bitte beachten Sie, dass die Liste während des Sammelns der Stützunterschriften nicht mehr verändert werden darf! Vor allem dürfen keine Bewerber gestrichen oder hinzugefügt werden, ebenso muss die Reihenfolge unverändert bleiben. Wird sich hieran nicht gehalten, hat der Wahlvorstand die Liste für ungültig zu erklären.
Gewerkschaftliche Vorschlaglisten
Bei gewerkschaftlichen Listen reicht dagegen die Unterzeichnung durch zwei Beauftragte der Gewerkschaft aus (vgl. § 14 Abs. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)), Stützunterschriften sind demnach nicht erforderlich.
Als Beauftragte der Gewerkschaften kommen sowohl hauptberufliche Angestellte der Gewerkschaft als auch Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebes in Frage, die entsprechend beauftragt wurden. Auf Verlangen des Wahlvorstandes ist die Beauftragung nachzuweisen.
Der Vorteil der gewerkschaftlichen Liste ist natürlich in der Entbehrlichkeit der Stützunterschriften zu sehen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil beim Sammeln von Stützunterschriften ist aber die Möglichkeit, für sich und seine Liste zu werben.
Um sich beide Vorteile zu „sichern“, kann der Wahlvorschlag von Arbeitnehmern des Betriebes und von zwei Beauftragten der Gewerkschaft unterschrieben werden. Wenn dann die Voraussetzungen für einen Wahlvorschlag der Arbeitnehmer nicht vorliegen, weil insgesamt zu wenige Stützunterschriften vorhanden sind, bleibt der Wahlvorschlag als gewerkschaftlicher Wahlvorschlag dennoch gültig.
Bitte beachten Sie aber, dass der Marburger Bund in jedem Betrieb nur eine Liste dahingehend unterstützen kann, dass sie als „gewerkschaftlichen Liste“ eingereicht wird!
Einreichungsfristen nicht verpassen!
Egal ob Sie die Liste mit Stützunterschriften oder als gewerkschaftliche Liste einreichen – verpassen Sie keinesfalls die Einreichungsfrist! Diese ergibt sich aus dem Wahlausschreiben Ihres Wahlvorstandes. Eine Neuerung in der Wahlordnung ist, dass der Wahlvorstand festlegen kann, bis zu welcher Uhrzeit am jeweiligen Tag des Fristablaufs ein Zugang erfolgen muss – diese muss sich aus dem Wahlausschreiben ergeben und sollte genau gelesen und eingehalten werden. Im Übrigen muss das Wahlausschreiben nun auch den in § 24 Abs. 2 Wahlordnung (WO) genannten abwesenden Wahlberechtigen (zum Beispiel Arbeitnehmerinnen und -nehmer in Elternzeit) postalisch oder per E-Mail zugesandt werden.
Generell wird empfohlen, die Liste möglichst früh einzureichen – sollte die Liste nämlich formale Fehler enthalten und als ungültig zurückgewiesen werden, haben Sie noch Zeit zur Nachbesserung beziehungsweise gegebenenfalls eine neue, korrekte Liste einzureichen.
Unmittelbar nach Einreichen der Liste ist diese vom Wahlvorstand auf seine Gültigkeit zu überprüfen – und zwar im Rahmen einer Präsenzsitzung. Der Wahlvorstand hat zwar nun die Möglichkeit, Sitzungen und Beschlussfassungen auch mittels Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen (wobei die Präsenzsitzungen des Wahlvorstands weiterhin Vorrang haben). Hierfür ist ein entsprechender Beschluss des Wahlvorstands erforderlich, der Bedingungen für die Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen aufstellen kann. Der Wahlvorstand darf digitale Sitzungen aber nur dann durchführen, wenn es sich um eine nicht öffentliche Sitzung handelt. Für die Prüfung der Wahlvorschläge sowie für die Stimmauszählung und Bearbeitung der Briefwahlunterlagen darf aber nach der WO in keinem Fall eine digitale Sitzung erfolgen, hierfür ist zwingend eine Präsenzsitzung erforderlich!
Listenwahl oder Personenwahl
Eine immer wieder spannende Frage ist die nach dem Wahlverfahren. Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen einer Personenwahl und einer Listenwahl.
Sobald die Frist zur Einreichung der Listen verstrichen ist, entscheidet sich, ob in Ihrem Betrieb eine Listen- oder Personenwahl durchgeführt wird – jedenfalls dann, wenn mehr als fünf Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (was der Fall ist, wenn der Betrieb mehr als 100 Arbeitnehmerinnen und -nehmer umfasst).
Zwar besteht häufig der Wunsch, dass eine Betriebsratswahl auch in großen Betrieben als Personenwahl durchgeführt wird. Der Vorteil besteht darin, dass der Wähler genau den Kandidaten/die Kandidatin wählen kann, den/die er haben will. Bei einer Listenwahl kann er nur die jeweilige Liste wählen, in der die Rangfolge der Kandidaten festgelegt ist.
Unabhängig von den Vorzügen der jeweiligen Art ist im normalen Wahlverfahren aber allein entscheidend, wie viele Vorschlagslisten eingereicht werden. Bei mehreren gültigen Wahlvorschlagslisten findet zwingend eine Listenwahl statt. Wird hingegen nur eine (gültige) Vorschlagsliste eingereicht, ist zwingend die Personenwahl vorgeschrieben.
Die Art der Betriebsratswahl ist also nicht in das Ermessen des Wahlvorstandes oder gar des Arbeitgebers gestellt!
Reihenfolge per Losverfahren
Doch wie wirkt sich die Unterscheidung Listen- oder Personenwahl auf den Wahltag aus?
Die Unterscheidung zwischen Listen- oder Personenwahl hat Auswirkungen auf die Stimmzettel und die Anzahl der zu vergebenden Stimmen.
Bei einer Listenwahl finden Sie auf den Stimmzettel die einzelnen Listen wieder, wobei die Reihenfolge der Aufführung vom Wahlvorstand per Losverfahren entschieden wird. Auf dem Stimmzettel werden dann nur das Kennwort der jeweiligen Liste und die ersten beiden Kandidaten genannt. Im Falle der Listenwahl hat man nur eine Stimme, die man einer Liste geben kann. Anschließend werden die Betriebsratssitze entsprechend des Wahlergebnisses gemäß d’Hondt auf die Listen verteilt. Im Rahmen der Listen kommen die dortigen Kandidaten dann entsprechend ihrer Reihenfolge zum Zuge.
Anders sieht es hingegen bei der Personenwahl aus. Hier werden alle Kandidaten auf dem Stimmzettel aufgeführt. Jeder Wähler hat dann so viele Stimmen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, wobei nicht alle Stimmen genutzt werden müssen. Eine Stimmenhäufung ist aber nicht möglich – jeder Kandidat kann pro Wähler maximal eine Stimme erhalten.
Dieses Jahr werden Sie bei persönlicher Stimmabgabe feststellen, dass Sie keine Wahlumschläge erhalten, in welchen Sie Ihren Stimmzettel einlegen. Um Kosten und Ressourcen zu sparen ist nun vorgesehen, dass der Wähler/die Wählerin den Stimmzettel so faltet, dass er nicht eingesehen werden kann.
Wahlunterlagen auf dem Postweg
Eine wichtige Rolle wird dieses Jahr aber sicherlich die Briefwahl spielen. Neu ist, dass der Wahlvorstand Beschäftigten, die längere Zeit nicht im Betrieb anwesend sind, ohne gesondertes Verlangen die Wahlunterlagen übersenden soll, wenn ihm bekannt ist, dass Wahlberechtigte bis zum Wahltag voraussichtlich nicht anwesend sein werden (etwa bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit). Der Arbeitgeber hat dem Wahlvorstand die hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Die schriftlich abgegebenen Stimmen werden künftig erst nach der Stimmabgabe zu Beginn der öffentlichen Sitzung, in der die Stimmenauszählung erfolgt, bearbeitet und in die Wahlurne gelegt.
Unabhängig von Personen- oder Listenwahl erfolgt die öffentliche, also zwingend in Präsenz stattfindende Stimmauszählung direkt im Anschluss an die Beendigung der Betriebsratswahl – Sie erfahren also unmittelbar, welche Kandidatin und welcher Kandidat tatsächlich gewählt wurde.
Werden Sie Kandidatin respektive Kandidat und bestimmen Sie mit!
Zur Autorin: Stefanie Werneburg ist Justiziarin beim MB Bayern und dort Ansprechpartnerin zum Thema Mitbestimmung. | redaktion@marburger-bund.de