Gekommen sind Ärztinnen und Ärzte aus Syrien und Indien, Ägypten und Ecuador und 26 anderen Ländern. „Ich habe künftig eine Stelle in Oldenburg, deshalb möchte ich etwas mehr über den Berufseinstieg erfahren. Ich wohne in Köln und habe dort seit einem Jahr Deutsch gelernt“, erzählt die Venezolanerin Leonor Hernández. In der Kaffeepause hat die junge Ärztin in der Weiterbildung schon zwei künftige Kolleginnen ausfindig gemacht. Überhaupt ist bemerkenswert, wie schnell die Teilnehmenden ins Gespräch kommen, hier und da werden Telefonnummern ausgetauscht.
Aus der Erfahrung Anderer lernen
Besonders großes Interesse bekunden die Anwesenden bereits am Anfang an den drei Themenkomplexen Diplom- und Facharzt-Anerkennung, Deutschkenntnisse und Kenntnisprüfung sowie Weiterbildung. Meike Meyer-Wrobel von der Approbationsbehörde NiZzA und Ruth Wichmann vom Auslandsreferat des Marburger Bund-Bundesverbandes bringen dazu Licht ins Dunkel und geben Tipps, wie Fehler vermieden werden können und der Zertifikate-Dschungel durchdringbar wird.
Jürgen Tempel gibt einem Einblick in das deutsche Gesundheitssystem und bringt die Rolle des Marburger Bundes auf den Punkt: „Wir verhandeln ihr Gehalt und ihre Arbeitsbedingungen.“
Mit Verve wirbt auch Maria Inés Cartes für den Verband. Die Anwesenden profitieren von ihren persönlichen Erkenntnissen, die sie seit ihrem Berufseinstieg in Deutschland vor 30 Jahren gesammelt hat. Da ist das Du und Sie, dass in ihrer ersten Heimat Chile ganz anders benutzt wird. Die Erfahrung, sich nach erfolgreichen Zusatzqualifikationen die Stellen aussuchen zu können, gibt sie ebenso weiter wie den Appell: „Bitte lernen Sie die deutsche Sprache!“ Am besten im Kontakt mit Menschen, die nicht die gleiche Muttersprache sprechen. Cartes ist im Nachhinein jedenfalls froh, wie es bei ihr gelaufen ist und betont: „Zum Glück hatte ich keine Latinos im Umkreis.“
"Denken Sie auch an sich."
Andreas Hammerschmidt, selbst Arzt in der Weiterbildung, erläutert Wissenswertes zum Thema und schlägt mit seinem Botschafter-Film den Bogen zur aktuellen Marburger Bund-Kampagne #MehrZeit. Zu seinen Überlebenstipps für den Stationsalltag zählt neben „Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl.“, „Bleiben Sie hartnäckig.“ und „Es gibt nur einen Fehler: passive Schockstarre.“ die Mahnung: „Sie haben einen anstrengenden Job. Denken Sie also auch an sich!“
Die Weiterbildung ist einer der Gründe, die einen Arbeitsplatz in Deutschland für Manouk Potze interessant machen: „Ich bin für mein Praktisches Jahr nach Oldenburg gekommen. Dann habe ich entdeckt, dass es hier ganz viele Möglichkeiten gibt, später zu arbeiten und eine Weiterbildung zu machen. Bei uns in Holland existieren dafür nur sehr wenige Plätze. Ich habe gemerkt, dass wir als Ärzte hier gebraucht werden. Und es hat mir alles gefallen – die Kultur, die Sprache …“ Sie überlegt, jetzt dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Genau wie ihre Kommilitonin Hannah Steffen, die aus Münster stammt. Beide haben an der European Medical School am Standort Groningen studiert.
Komplexe Zusammenhänge durchschauen
„Das deutsche Gesundheitssystem ist sehr komplex, da spielt auch viel Rechtliches rein. Diese Aspekte haben sicher auch an den deutschen Studienorten einen geringen Stellenwert. Es ist aber sehr wichtig, dass zu wissen, wenn man in Deutschland beruflich Fuß fassen will“, betont Hannah Steffen. Deshalb interessiert beide vor allem der zweite Teil der Veranstaltung mit den Punkten Arbeits- und Tarifrecht. Sven De Noni, Geschäftsführer des Landesverbandes, erläutert hierzu die relevanten Eckpunkte und geht gesondert auf das Thema Arbeitsverträge für ausländische Ärzte ein. Zu guter Letzt bringt Patrick Weidinger von der Deutschen Ärzteversicherung den Teilnehmenden die Haftungssystematik näher und ergänzt komplexe rechtliche Bestimmungen durch konkrete Verhaltenshinweise.
„Mit der Veranstaltung ist es uns gelungen, rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den ärztlichen Berufseinstieg in Deutschland zu informieren und ihre Fragen zu beantworten“, bilanziert Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. „In Deutschland verbrieft das Grundgesetz das Recht, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren. In einigen Herkunftsländern sind Gewerkschaftsmitglieder dagegen Repressalien ausgeliefert. Deshalb ist es wichtig, dass internationale und auch einheimische Ärztinnen und Ärzte, die bei uns ins Berufsleben starten wollen, den Marburger Bund als starken Partner an ihrer Seite kennen und wissen, welche Unterstützung sie durch uns erhalten können.“Fortsetzung folgt
Schon jetzt steht fest, dass der Landesverband die Veranstaltung im kommenden Jahr erneut anbieten möchte. Sobald die konkreten Daten feststehen, werden diese hier veröffentlicht.