Herr Dr. Störiko, wie stehen Sie und die Mitarbeiter an den drei bisherigen Klinikstandorten zur geplanten Zentralklinik?
Aus medizinischer Notwendigkeit war die Idee einer Zentralklinik zweifellos richtig. Krankenhausmedizin ist heute anders organisiert als bislang in unseren ostfriesischen Häusern. Wir benötigen mehr interdisziplinäre Zentrumsversorgung, eine weitere medizinische Spezialisierung und dafür ausreichend große Patientenströme um Qualität und Synergieeffekte nutzen zu können. Wir brauchen keine Doppelvorhaltung in der Grund- und Regelversorgung an drei Standorten.
Schon sehr früh waren die Betriebsräte in den Prozess zur Bildung einer Zentralklinik eingebunden und haben erkannt, dass damit eine Chance für eine moderne und leistungsgerechte Medizin mit guter Ausbildungskapazität und besseren Vergütungs- und Arbeitsplatzstrukturen besteht. Zunächst waren wir skeptisch und uns der schwierigen Situation für die Mitarbeiter bewusst. Beschäftigungssicherung, Tarifbindung sowie strukturierte Personalüberleitung werden bei derartigen Anpassungsprozessen gerne mal außer Acht gelassen. Wir sind froh, dass die Kommunen die Trägerschaft in öffentlicher Hand behalten wollen. In den Betriebsversammlungen zeichnete sich an allen Standorten eine breite Zustimmung zur Position der Betriebsräte ab. Die Mitarbeiter stehen mehrheitlich hinter dem Projekt.
Sie sind selbst Mitglied im Betriebsrat. Konnten Sie hier etwas bewegen?
Durch die frühe Initiative der Betriebsräte konnten wir einen Konsens zu den vorhin beschriebenen Punkten durch eine gemeinsam unterzeichnete Absichtsvereinbarung erzielen. Diese ist inzwischen in die vertraglichen Regelungen zur Bildung des Zentralklinikums übernommen worden. Infolge dieser Zusicherungen waren sich die Arbeitnehmervertreter aller Standorte einig und sicher, dass die Schaffung des Zentralklinikums die Chance für die Zukunft ostfriesischer Arbeitsplätze in Pflege und Medizin ist. Durch attraktive Inhalte dieser Arbeitsstellen kann dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.Ja, als Arzt und Betriebsratsmitglied bin ich in doppelter Funktion eingebunden. Ich bin in der dritten Legislaturperiode über eine Ärzteliste in den Betriebsrat des Klinikums Emden gewählt. Wir haben dort stets eine sehr sachbezogene Diskussion, bei der die Herkunft aus den verschiedenen Betriebsratslisten keine Rolle spielt. Aber natürlich kann man dort ärztlich-medizinischen Sachverstand einbringen. Ich sitze auch als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der alten und neuen Klinikgesellschaft.
Was passiert, wenn die Gegner den Bürgerentscheid gewinnen sollten?
In einer Informationsveranstaltung zum Zentralklinikum haben Mitarbeitende kürzlich sehr deutlich formuliert, was sie fürchten, wenn das Zentralklinikum nicht kommt: Der Bestandschutz der bestehenden Häuser könnte, trotz vollmundiger Forderungen, von der Politik letztlich ökonomisch nicht eingelöst werden und es käme zur harten Konsolidierung mit allen daraus resultierenden negativen Folgen wie unstrukturierten Fachabteilungsschließungen und Zusammenlegungen, Notlagentarifvertrag, Arbeitsplatzverlusten.
Gelingt die Konsolidierung nicht, wird die Privatisierung der bestehenden Häuser unvermeidbar sein. Dieses Szenario ist unvergleichlich schmerzvoller als die Errichtung einer Zentralklinik in kommunaler Hand. Das wurde uns anhand anderer Krankenhausprivatisierungen immer wieder bestätigt. Schwerwiegende Einschnitte für die medizinische Versorgung der Patienten wären die Folge. Das ist der Bevölkerung nicht bewusst oder man will es nicht wahrhaben. Manche sprechen daher bereits – in Anspielung auf den BREXIT – von einem Ostfriesen ME(d)XIT. Den können weder die Patienten noch die Mitarbeiter wollen. Deshalb appelliere ich an die Wähler, im anstehenden Bürgerentscheid unbedingt zur Abstimmung zu gehen und für ein Zentralklinikum zu stimmen.
Herr Dr. Störiko, vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Stephanie Walter.