Die MHH meldete kürzlich: Ein einfacher Test zum Nachweis schützender neutralisierender Antikörper gegen SARS-CoV-2 sei entwickelt worden. Sie gehören zu den Co-Autoren des zugehörigen Berichts für die Nature. Worum geht es genau?
Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel wie Universitätsmedizin und Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) Hand in Hand arbeiten, um gemeinsam wissenschaftliche Erkenntnisse für die medizinische Praxis zu gewinnen. Bei dieser Studie ging es darum, ein sehr einfaches und schnelles Verfahren zu entwickeln, um das Blut genesener SARS-CoV-2-Patienten auf das Vorhandensein von neutralisierenden Antikörpern zu untersuchen.
Mit dem neuen Verfahren kann in klinischen Studien jetzt eine Vielzahl von Patienten über eine längere Zeitspanne untersucht werden, ohne dass Hochsicherheitslabore notwendig sind. Die Studie hat beispielsweise gezeigt, dass etwa zehn Prozent der SARS-Cov-2-Infizierten keine schützenden Antikörper im Blut haben, vor allem Leicht- und Kurzerkrankte. Schwer- und Länger-Erkrankte hatten in der Regel viele Antikörper.
Sie haben lange berufliche Erfahrungen im öffentlichen Gesundheitsdienst. Welche drei Dinge müssen sich schnell ändern, damit sich die Situation im ÖGD verbessert?
Der ÖGD wird häufig als dritte Säule des Gesundheitswesens bezeichnet. Die Corona-Pandemie zeigt, dass dies absolut richtig ist. Der ÖGD blutet seit Jahren allerdings personell aus. Die Bezahlung der Ärzte im ÖGD muss mit einem spezifischen Ärzte-Tarifvertrag auf die gleiche Ebene gehoben werden, wie bei Klinikärzten.
Nur durch eine Vergütung "auf Augenhöhe" mit anderen ärztlichen Kolleginnen und Kollegen wird die Attraktivität des ÖGD für junge Ärztinnen und Ärzte steigen. Schließlich sind die Ärzte im ÖGD in der Regel Fachärzte und möchten auch als solche behandelt werden. Zweitens muss der ÖGD auch im nichtärztlichen Bereich personell verstärkt werden, um die zahlreichen Aufgaben wie Infektionsschutz, Schuleingangsuntersuchungen, Sozialpsychiatrie oder auch Begutachtung interdisziplinär erfolgreich bearbeiten zu können.
Schließlich ist es wichtig, die Leitung des Krisenmanagements in Pandemien wie derzeit Corona - ebenso wie in "ruhigeren" Zeiten - in Händen von Ärztinnen und Ärzten bleibt. Ärzte sind für diese Situationen geschult und haben die notwendige medizinische Expertise sowie das Führungswissen, um diese Lagen erfolgreich zu managen.
Bei der Kammerwahl kandidieren Sie auf der Liste Marburger Bund – Hannover. Wofür möchten Sie sich einsetzen, wenn Sie in die Kammerversammlung gewählt werden?
Ich möchte die Zusammenarbeit in der Ärzteschaft - ÖGD, Klinik, niedergelassene Ärzte - stärken. Die Aufgabe, die Gesundheit der Bevölkerung zu mehren, eint alle Ärztinnen und Ärzte im Gesundheitswesen. Dies schaffen wir nur gemeinsam und nur gemeinsam sind wir stark genug, um Gehör zu finden, beispielsweise in der Politik. Ferner möchte ich die universitäre Anbindung des ÖGD stärken. Der ÖGD hat beispielsweise viele Daten, die nur darauf warten, wissenschaftlich ausgewertet zu werden.
Ich wünsche mir, gerade auch vor dem Hintergrund der Coronapandemie, dass wir in den ärztlichen Gremien - Ärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhausgesellschaft, ÖGD, etc. - Strukturen aufbauen, um solche Krisensituationen zukünftig besser zu bearbeiten. Als Brückenbauer bin ich bereit, hierzu meinen Teil beizutragen.
Herr Dr. Yilmaz, vielen Dank für das Gespräch. Bleiben Sie gesund!