• „Jedes Bemühen um schnellen ärztlichen Nachwuchs wird konterkariert!“

    Pressemitteilung
    Update: Studentische Corona-Einsätze nun anerkannt
    18.März 2021
    Hannover (PM vom 10.03.2021)
    Als die erste Pandemie-Welle im März letzten Jahres ins Rollen kam, war jede Hilfe gefragt. Rund 1000 Studierende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) folgten dem Aufruf des Landes und der MHH, auf Covid-19-Stationen zu helfen und dort das Pflegepersonal zu unterstützen. Ein Jahr später folgt nun die Enttäuschung: Die Landesregierung erkennt diesen Einsatz nicht als Pflichtpraktikum an. Das Land Niedersachsen beruft sich auf die bundeseinheitliche Approbationsordnung für Ärzte, die studienrelevante Praktika in der Vorlesungszeit nicht vorsieht. Darüber hinaus schüren verschobene oder abgesagte Famulaturen Unmut und drohen, Studienzeiten zu verlängern.
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    „Die Entscheidung des Wissenschaftsministeriums, die Corona-Einsätze der Studierenden nicht als Praktika anzuerkennen, ist für uns nicht nachvollziehbar. Das zugrunde gelegte starre Regelwerk wird den speziellen Anforderungen der Pandemie-Zeiten hier nicht gerecht. Wir danken allen Medizinstudierenden in Niedersachsen, die ohne zu zögern in der neuen und herausfordernden Situation geholfen und somit einen wichtigen Beitrag für eine ausreichende medizinische Versorgung geleistet haben. Wann, wenn nicht in einem Ernstfall wie der Corona-Pandemie, werden angehende Ärztinnen und Ärzte am dringendsten gebraucht? Wir sehen es sehr kritisch, wenn diese Bemühungen nun nicht entsprechend anerkannt werden“, machen die Vorsitzenden des Marburger Bundes Niedersachsen, Hans Martin Wollenberg und Andreas Hammerschmidt deutlich.

    „Hier bietet sich die Gelegenheit für Niedersachsens neue Sozialministerin, Daniela Behrens, und Wissenschaftsminister Björn Thümler ein wichtiges Signal an alle engagierten Studierenden zu senden: Wir fordern eine Anerkennung des Einsatzes und der Leistung vieler Medizinstudierender bei der Pandemie-Bekämpfung. Es gilt, Ausnahmebestände zu schaffen – auch in Zeiten, in denen man normalerweise im Hörsaal sitzen sollte. Entsprechend sollte es sowohl jetzt Ausnahmeregelungen für Niedersachsen als auch eine grundsätzliche Änderung der Approbationsordnung geben. Niedersachsen sollte sich beim Bund dafür einsetzen, dass Pflichtpraktika auch in der vorlesungsfreien Zeit möglich sind. Diese Initiative muss vom Gesetzgeber kommen, den Landesprüfungsämtern und Hochschulen sind ohne entsprechende Gesetze die Hände gebunden“, betont Hammerschmidt.

    Als ein „positives Zeichen in die richtige Richtung“ wertet Lennart Simon, Vorsitzender des AStA an der MHH, dass Wissenschaftsminister Thümler ihm gegenüber nun Gesprächsbereitschaft signalisiert habe.

     

    Abgesagte oder verschobene Famulaturen bringen Probleme

    Die Entscheidung, dass Praktika nicht anerkannt werden, schmerzt die Studierenden in Niedersachsen umso mehr, als dass „dieses Jahr extrem viele Famulaturen abgesagt oder verschoben werden“, wie Marburger Bund-Mitglied Simon gegenüber dem Verband berichtet. Sowohl Famulaturen in Kliniken als auch in Akademischen Lehrkrankenhäusern und Hausarztpraxen seien hiervon betroffen. „Aktuell gibt es Fälle, in denen Famulaturen kurzfristig von März auf Juli verschoben werden, obwohl sie ursprünglich bereits für August 2020 geplant waren. Alles verschiebt sich also praktisch um ein Jahr nach hinten“, zeigt Simon auf. Ein weiterer schwieriger Punkt in dieser Sache: Die kommenden Studienjahrgänge rücken nach und Plätze für Famulaturen sind ohnehin schon knapp.

    „Die Definition in Niedersachsen besagt: So lange virtueller Unterricht stattfindet, gilt die Regel, dass wir nicht famulieren dürfen. In anderen Bundesländern wie in Nordrhein-Westfalen hingegen wurden durch Zusatzverordnungen Möglichkeiten geschaffen, flexibler zu reagieren“, sagt Simon. Niedersachsen sehe die Hilfseinsätze zu bürokratisch. Seitens der hiesigen Landesregierung werde lediglich auf die neue Approbationsordnung verwiesen. Die Frage, die für die Studierenden hierbei unbeantwortet bleibt: Wann kommt diese?

     

    „Ärztenachwuchs nicht hängen lassen!“

    „Das Verschieben und Absagen von Famulaturen muss aufhören, die Studierenden brauchen eine zuverlässige Planbarkeit. Auf der einen Seite herrscht bei uns in Niedersachsen bereits jetzt ein eklatanter Ärztemangel und qualifizierter Nachwuchs wird händeringend gesucht. Auf der anderen Seite erzeugen nicht-stattfindende Famulaturen einen Stau und längere Studienzeiten, die motivierte angehende Ärztinnen und Ärzte ausbremsen. Jedes Bemühen um schnellen ärztlichen Nachwuchs wird konterkariert!“, kritisiert Wollenberg.

    Der Marburger Bund Niedersachsen fordert: „Wir dürfen unseren Ärztenachwuchs nicht hängen lassen! Die medizinische Ausbildung muss ohne große Verzögerungen gewährleistet werden! Wir appellieren an die Verantwortlichen in Kliniken und Praxen: Ermöglichen Sie Famulaturen, auch und gerade in Zeiten von Corona. Hier ist Bereitschaft zur Improvisation gefragt!“

    Die Fotos von Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender Marburger Bund Niedersachsen, und Andreas Hammerschmidt, Zweiter Vorsitzender Marburger Bund Niedersachsen, sind zum Abdruck/zur Veröffentlichung im Zusammenhang mit dieser Pressemeldung freigegeben.

    Update vom 18.03.2021

    Die Leistungen von Medizinstudierenden als Pflegehilfskräfte werden nun doch als Famulaturen und Krankenpflegepraktikum angerechnet. Details lesen Sie bei der MHH.