Hannover
Der Marburger Bund Niedersachsen kritisiert die Vorfälle um nicht-eingehaltene Impfreihenfolgen in den Kliniken und fordert Regelungen für den Umgang mit nicht-verbrauchten Impfstoffresten. Zuvor war bekannt geworden, dass Klinikleitungen unter anderem in Langenhagen, Peine, Aurich und Wittmund Impfungen gegen das Coronavirus (SARS-CoV2) erhalten hatten, obwohl Klinikpersonal mit Patientenkontakt – darunter Ärztinnen, Ärzte und Pflegende – noch nicht vollständig geimpft werden konnten.
„Solange eine Impfstoffknappheit besteht, erwarten wir, dass die klar definierten Impfprioritätsstufen auch eingehalten werden. Erst recht dann, wenn noch nicht alle geimpft werden konnten, die tagtäglich im direkten Kontakt mit Patientinnen und Patienten stehen“, betont Hans Martin Wollenberg, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes Niedersachsen. Wollenberg findet klare Worte: „Das Verhalten der Impfvordrängler war egoistisch und unsolidarisch. Natürlich können und dürfen die betreffenden Klinikleitungen oder auch Politiker sich impfen lassen – aber eben erst dann, wenn sie an der Reihe sind. Das Verhalten hat viele Kolleginnen und Kollegen in Niedersachsen mehr als irritiert. Ich erwarte, dass auch die Impfärzte auf die Einhaltung der Impfreihenfolge achten.“
Der Zweite Vorsitzende des Marburger Bundes Niedersachsen, Andreas Hammerschmidt, fordert klare Regelungen für den Umgang mit nicht-verbrauchten Impfstoffresten und nimmt die Politik in die Pflicht: „Leider zeigt sich, dass wir es hier nicht mit einem Einzelfall zu tun haben. Wir fordern die niedersächsische Landesregierung auf, schleunigst zu handeln. Es gibt klare Impfkriterien - ebenso klar müssen die Konsequenzen und Sanktionen sein, wenn diese missachtet werden! Wir fordern eindeutige Vorgaben, wie mit vermeintlich kurzfristig ‚überschüssigem‘ Vakzin am Ende des Tages verfahren wird, beispielsweise durch Wartelisten für alternativ Impfberechtigte und eindeutig nachvollziehbar protokollierte Impfabläufe.“
Niemand könne verantworten, dass Impfstoffreste ungenutzt verworfen würden. Aber wenn diese in den Kliniken nicht mehr zeitnah in der jeweiligen Prioritätsstufe verimpft werden könnten, so müssten diejenigen geimpft werden, die in direktem Patientenkontakt stehen oder ein hohes Risiko für schwere Verläufe haben – auch wenn dies bedeute, dass man vielleicht eine entsprechende Person aus der nächsten Prioritätsstufe impfe. „Niedersachsen sollte sich dafür einsetzen, dass dies in der Verordnung des Bundes klargestellt wird. Klar muss sein: diese Personen müssen Vorrang haben! Die Vorfälle haben leider gezeigt, dass man sich genau daran nicht gehalten hat. Es fällt mir wirklich schwer zu glauben, dass keine Beschäftigten mit direktem Patientenkontakt mehr kurzfristig verfügbar gewesen sein sollen, um sich impfen zu lassen“, kritisiert Hammerschmidt.
Wollenberg plädiert für einen umsichtigen und sensiblen Umgang mit der Impfstoffverteilung vor Ort: „Nur mit klaren Regeln und Transparenz kann das Vertrauen zurück gewonnen werden, das unter den jüngsten Impf-Tricksereien stark gelitten hat. Dazu gehört auch, dass das Personal in den Kliniken und Praxen eine Perspektive braucht, wann zeitnah mit den Impfungen zu rechnen ist.“