Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin (AG Med) sieht in der Digitalisierung der Hochschulmedizin große Chancen für eine effizientere und bessere Gesundheitsversorgung in Deutschland. Die Vorteile für die Patientenversorgung, die sich zum Beispiel aus neuen Möglichkeiten der Telemedizin, der Biomedizininformatik, des maschinellen Lernens und der personalisierten Medizin ergeben, wurden bislang nicht ausreichend ausgeschöpft. „Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen im Rahmen des demografischen Wandels, der damit verbundenen Zunahme chronischer Erkrankungen, dem Mangel im Bereich der Ärzte- und der Gesundheitsfachberufe sowie der Unterversorgung in ländlichen Bereichen ist dies für den Gesundheitsstandort Deutschland besorgniserregend“, erklärte die AG Med. Um international den Anschluss zu halten, müssten Bund und Länder zeitnah eine nationale Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen verabschieden.
Der digitale Wandel werde insbesondere den Arztberuf und das Medizinstudium grundlegend verändern. Für die fundierte Integration aller Aspekte der Digitalisierung innerhalb des Medizinstudiums müsse der Bundesgesetzgeber durch eine Modifikation der Approbationsordnung für Ärzte sorgen. Die dafür notwendigen Kosten seien ebenfalls zu klären.
Digitalisierung könne den medizinischen Fortschritt beschleunigen, unter anderem indem der Wissenschaft Patientendaten zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt werden. Dafür müsse aber der ethische Konflikt zwischen Wissenschaftsfreiheit auf der einen Seite und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf der anderen aufgelöst werden. Unter diesen Voraussetzungen könnte zum Beispiel eine forschungsorientierte elektronische Patientenakte, mit der der Wissenschaft anonymisierte Patienteninformationen zu Forschungszwecken zugänglich gemacht werden, zum Nukleus des digitalen Gesundheitswesens werden. Dazu müssten jedoch Bund und Länder, der Hochschulmedizin als Innovationsmotor des deutschen Gesundheitswesens die hierfür notwendigen finanziellen Ressourcen zeitnah zur Verfügung stellen.
Benötigt werde zudem ein klarer gesetzlicher Ordnungsrahmen, der die Entwicklungspotentiale der Digitalisierung berücksichtige, zugleich aber die Grenzen der Digitalisierung festlege. Digitalisierung müsse immer dort in die Schranken verwiesen werden, wo sie gegen ethische Grundprinzipien verstoße.
Laut AG Med darf die Digitalisierung auch keine Erosion der ärztlichen Letztentscheidungs-befugnis bewirken. Die Möglichkeiten, die sie biete, sollten vielmehr als zusätzliche Entscheidungsunterstützung für Ärztinnen und Ärzte verstanden werden. Das Arzt-Patientenverhältnis als Grundlage der Behandlung dürfe durch die Digitalisierung nicht negativ tangiert werden.