Allgemeine rechtliche Fragen zur Corona-Pandemie sind in der vergangenen Zeit in den Medien schon vielfach beleuchtet worden. Gerne helfen wir Ihnen auch zu diesen allgemeinen Fragen weiter. In unserem FAQ wollten wir aber einen anderen Schwerpunkt legen und haben uns entschieden, die konkreten Situationen, die Sie als Arzt im Krankenhaus oder in der Arztpraxis im Verlauf der Pandemie erleben könnten, zu klären. Etwa: In welchen Situationen kann oder muss der Arbeitgeber mich nach Hause schicken? Wann muss ich zur Arbeit kommen etc.
Bitte beachten Sie, dass wir Ihnen mit unseren FAQ einen praxisnahen rechtlichen Leitfaden an die Hand geben möchten. Die momentane Situation wirft jedoch zahlreiche neue arbeitsrechtliche Fragestellungen auf, die überwiegend nicht abschließend geklärt sind. Auch können wir uns natürlich nur mit der arbeitsrechtlichen Dimension vorbehaltlich weitergehender Maßnahmen der Bundesregierung und Landesregierungen beschäftigen. Zu nennen sind hier insbesondere kurzfristige Gesetzesänderungen, Erlasse der Gesundheitsministerien sowie Allgemeinverfügungen der Kommunen und nicht zuletzt die Ausrufung des Katastrophenfalls. Angesichts dessen bitten wir Sie um Verständnis, dass die rechtliche Auskunft immer nur auf dem Kenntnisstand, der bis dato vorliegende Rechtslage erfolgen kann. Die FAQ sind daher vorbehaltlich der weiteren gesetzlichen und politischen Entwicklungen zu verstehen. Wir werden uns bemühen, die FAQs entsprechend den aktuellen Entwicklungen und Fragestellungen anzupassen und aktuell zu halten.
Im Einzelfall wenden Sie sich bitte an die Juristen Ihres jeweiligen Landesverbandes, damit Ihnen bei Ihrem konkreten Anliegen unter Prüfung der möglichen Handlungsoptionen schnell und effektiv weitergeholfen werden kann.
(*) Alle Formulierungen sind geschlechterübergreifend zu verstehen.
Grundsätzlich besteht eine Arbeitspflicht. Erst in einer konkreten Gefährdungssituation kann sich eine andere Bewertung ergeben, das allgemeine Ansteckungsrisiko reicht derzeit nicht dafür aus.
Der Arbeitgeber hat allerdings bei chronisch erkrankten Beschäftigten eine gesteigerte Fürsorgepflicht und muss unter Umständen besondere Vorkehrungen schaffen. Ist die Erbringung der Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen unzumutbar, besteht für den Arbeitnehmer u.U. ein Leistungsverweigerungsrecht, welches dem Arbeitgeber angezeigt werden muss. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden (näher dazu Frage 20).
Grundsätzlich kann einmal genehmigter Urlaub nicht mehr widerrufen werden. Der Arbeitgeber kann aber in Notfällen hierzu berechtigt sein, wenn zwingende Notwendigkeiten vorliegen, z.B. unvorhergesehene Ereignisse, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen (BAG, Urteil vom 19.12.1991 – 2 AZR 367/91). Die drohende Personalknappheit in den Krankenhäusern aufgrund der zu erwartenden Anzahl an schwer erkrankten Patienten einerseits und krankheitsbedingten Ausfällen beim Personal andererseits dürfte zumindest in den meisten Fällen ein solcher Ausnahme- bzw. Katastrophenfall sein.
Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber sowohl Beschäftigte aus dem Urlaub wird zurückholen dürfen als auch Urlaubswünsche für die nächste Zeit ablehnen kann. Im Rückholungsfall ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen.
Ein einmal genehmigter Urlaub kann nicht einseitig vom Arbeitnehmer zurückgegeben werden. Es ist dazu die Zustimmung des Arbeitgebers notwendig. Ob der Urlaub bereits genehmigt ist, richtet sich nach der betriebsüblichen Praxis. Sollte es sich lediglich um Urlaubswünsche handeln, können diese korrigiert werden.
Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, so sind nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bei Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die ausgefallenen Urlaubstage dem Arbeitnehmer wieder gut zu schreiben.
Ungeklärt ist die Frage, ob genehmigter Urlaub dann zurückgegeben werden kann, wenn es aufgrund einer behördlichen Anordnung zu einer Verdachtsquarantäne kommt. Die Regelung des § 9 BUrlG, nach der Urlaub bei einer Erkrankung nicht angerechnet wird, ist grundsätzlich nur anwendbar, wenn es sich um eine eigene Erkrankung handelt. Auf der anderen Seite ist der Erholungswert als Zweck des Urlaubs in Quarantäne nicht erreichbar, weshalb sich die Frage stellt, ob der Arbeitgeber dann den Urlaub wieder gutschreiben muss. Ob der Arbeitgeber das Risiko einer Quarantäne des Arbeitnehmers durch die Gutschrift des Urlaubs übernehmen muss, ist gerichtlich nicht geklärt und bleibt abzuwarten.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer bei dringenden betrieblichen Erfordernissen trotz Erteilung eines Freizeitausgleiches zur Arbeit auffordern. Grundsätzlich muss dies mit einer angemessenen Vorlaufzeit passieren. Ein kurzfristigeres „Holen aus dem Frei“ kann im Katastrophenfall gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus seiner besonderen Treuepflicht dem Arbeitgeber gegenüber auch zu einem kurzfristigen Einsatz verpflichtet ist. Je nach Entwicklung der Situation in den Kliniken, wird daher der Katastrophenfall dazu führen, dass einmal genehmigter Freizeitausgleich zurückgenommen werden kann bzw. ein „Holen aus dem Frei“ möglich sein wird. Auch dies muss im Einzelfall entschieden werden.
Grundsätzlich fällt die Kinderbetreuung in die Risikosphäre des Arbeitnehmers. In der im Moment vorliegenden besonderen Situation kann im Einzelfall ein Freistellungsanspruch vorliegen, wenn die Kinderbetreuung trotz aller Bemühungen nicht sichergestellt werden kann. Ob für diesen Fall ein Vergütungsanspruch besteht, hängt von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ab. Dies wird allerdings von der individuellen Situation abhängen, wie z.B. bei Alleinerziehenden oder wenn beide Elternteile in systemrelevanten Bereichen unabdingbar sind, eine Notfallbetreuung aber möglich ist. Hier ist immer eine Einzelfallentscheidung erforderlich.
Auch, ob eine Notfallbetreuung in Anspruch genommen werden muss, ist im Einzelfall zu entscheiden. Wir empfehlen das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Gemäß § 56 Abs.1a Infektionsschutzgesetz (IfSG) erhalten erwerbstätige Eltern ab dem 30.03.2020 eine Entschädigung in Geld, wenn
- die Schule bzw. die Kita auf Anordnung der zuständigen Behörde geschlossen oder deren Betreten untersagt wird,
- das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder
- das Kind behindert ist und auf Hilfe angewiesen ist
- das Kind von ihnen selbst beaufsichtigt, betreut oder gepflegt werden muss, d.h.
- keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit (z.B. Abbau von Überstunden, Homeoffice) besteht.
Hinweis: Eine Betreuung durch Personen einer Risikogruppe stellt keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit dar.
- dadurch einen Verdienstausfall entsteht und
- der Antrag auf Entschädigung innerhalb von 12 Monaten nach Ende der Schließung bzw. Untersagung des Betretens der Schule oder Betreuungseinrichtung gestellt wurde.
Die fehlende Betreuungsmöglichkeit ist gegenüber der Behörde und ggf. auch gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen. Inwieweit eine Notfallbetreuung für Kinder mit Eltern in systemrelevanten Berufen eine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit darstellt, hängt wiederum von der Entscheidung im Einzelfall ab, unter anderem auch davon, ob die Inanspruchnahme der Notfallbetreuung für das Kind zumutbar ist.
Für Zeiten von üblichen Schließzeiten der Betreuungseinrichtung wie Kita- bzw. Schulferien wird keine Entschädigung gewährt.
Die Entschädigung wird für bis zu zehn Wochen pro Elternteil gezahlt, bei Alleinerziehenden bis zu zwanzig Wochen, und beträgt 67% des entstandenen Verdienstausfalls der betroffenen erwerbstätigen Person, höchstens jedoch 2.016 Euro monatlich für einen vollen Monat.
Die Gesetzesregelung über die Entschädigung gilt bis zum Jahresende 2020.
Weitere Informationen finden Sie unter: https://ifsg-online.de/index.html und https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/FAQs_zu_56_IfSG_BMG.pdf
Unserer Auffassung nach handelt es sich auch bei behördlichen Betretungsverboten, die ausschließlich gegenüber einzelnen Personen oder Teilgruppen ausgesprochen werden (z.B. Covid-19 Verdacht in einer Schulklasse) um einen Fall des § 56 Abs. 1a IfSG. Denn sofern es sich um ein behördliches Betretungsverbot handelt, sprechen sowohl der Wortlaut wie auch der Sinn und Zweck der Vorschrift deutlich dafür, dass auch in diesen Konstellationen der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1a IfSG entsteht.
Dies ist gegen den Willen des Arztes aufgrund des arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruchs grundsätzlich nicht ohne weiteres zulässig, §§ 611, 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Wenn der Arzt aufgrund der arbeitgeberseitigen Anweisung, der Arbeit fernzubleiben nicht auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit kommt, behält er dennoch seinen ungekürzten Entgeltanspruch. Denn der Arbeitgeber befindet sich im Annahmeverzug, § 615 S. 1 BGB.
Es kann allerdings sein, dass der Arbeitgeber für die „Freistellung“ ein schützenswertes Suspendierungsinteresse hat. Dieses ist z.B. dann gegeben, wenn bei dem Arzt ein konkreter Verdacht auf Infizierung mit dem Coronavirus vorliegt (näher dazu 12.).
Siehe Antwort 9. Ohne ausdrückliche Vereinbarung dürfen weder Überstunden abgebaut bzw. Zwangsurlaub angeordnet werden. Es bleibt dabei, dass der Arbeitgeber das Entgelt aufgrund seines Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) weiterzahlen muss. Eine Verrechnung mit Überstunden bzw. Urlaubstagen bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Arzt. Eine solche Vereinbarung kann unter Umständen im Arbeitsvertrag, in Tarifverträgen sowie in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen enthalten sein. Erkundigen Sie sich dazu auch bei Ihrem Betriebsrat, ob es hierzu – möglicherweise auch auf die aktuelle Situation bezogene - kurzfristige (Betriebs-)Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber gegeben hat und lassen Sie diese auf ihre Wirksamkeit bei ihrem jeweiligen Landesverband prüfen.
Um Minusstunden anordnen zu können, braucht der Arbeitgeber eine Rechtsgrundlage.
Grundsätzlich kann dies eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag sein, z.B. wenn dort die Arbeitszeit als durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit geregelt ist. Festgelegt muss in diesem Fall auch sein, innerhalb welches Ausgleichszeitraums die vereinbarte Arbeitszeit erreicht sein muss. Ggf. besteht dann die Möglichkeit, innerhalb des festgelegten Ausgleichszeitraums die Arbeitszeit nach den Bedürfnissen des Arbeitgebers zu verteilen. Das Gehalt wird aber auch in diesem Fall gleichmäßig weitergezahlt. Schafft der Arbeitgeber es nicht, die Minusstunden innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraums durch Anordnung von Mehrarbeit wieder auszugleichen, ist er nicht befugt, evtl. verbliebene Minusstunden vom Gehalt abzuziehen.
Als Rechtsgrundlage kann auch ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag dienen, wenn dieser eine durchschnittliche Arbeitszeit mit Ausgleichszeitraum vorsieht. Manche Tarifverträge ermöglichen auch die Einführung von Arbeitszeitkonten. In gleicher Weise können Betriebsvereinbarungen mit der Mitarbeitervertretung können die Anordnung von Minusstunden vorsehen, wenn dem kein Tarifvertrag entgegensteht oder dieser die Regelung durch Betriebsvereinbarung zulässt.
Gemeinsam ist allen Rechtsgrundlagen, dass sie, wenn sie zur Anordnung von Minusstunden berechtigen sollen, explizit die Zulässigkeit des Entstehens von Minusstunden regeln müssen.
Die Anordnung von Zwangsurlaub ist auch hier nicht denkbar. Eine Anordnung von Freizeitausgleich hängt von der arbeitsvertraglichen Ausgestaltung ab. Eine Anordnung von Freizeitausgleich dürfte dann nicht möglich sein, wenn damit das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers auf seine Arbeitnehmer abgewälzt werden soll. Im Zweifel werden die Arbeitsgerichte diese Frage entscheiden müssen.
Eine Anordnung von Betriebsferien ist ohne angemessene Vorankündigungszeit nicht möglich. In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung bedarf es zudem einer Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung. Es müssen genügend Resturlaubstage zur Verfügung bleiben, der gesamte Jahresurlaub muss nicht eingesetzt werden.
Alternative 1: Es handelt sich um einen begründeten Verdacht oder eine bestehende Infektion:
Hat der Arbeitgeber den begründeten Verdacht, dass der Arbeitnehmer an Corona erkrankt ist, darf er zum Schutz des Betroffenen, der restlichen Belegschaft und der Patienten diesen aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur Genesung nach Hause schicken. In diesem Fall besteht zunächst ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen. In arbeitsvertraglichen bzw. tariflichen Vorschriften kann auch ein längerer Zeitraum vereinbart sein.
Alternative 2: Es handelt sich um einen unbegründeten Verdacht:
Hat der Arbeitgeber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber krank sein könnte und schickt er diesen trotzdem nach Hause, so muss der Arbeitgeber weiterhin das unverminderte Gehalt zahlen. Denn er befindet sich in Annahmeverzug, wenn der Arzt arbeitsfähig und arbeitsbereit ist und alleine aufgrund der Anordnung des Arbeitgebers nicht der Arbeitspflicht nachkommen kann, § 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet kann eine Quarantänepflicht bestehen. Ob dies der Fall ist, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Es empfiehlt sich daher Rücksprache mit der zuständigen Behörde zu halten. Dies betrifft auch eine mögliche Testpflicht. Die vom Bundesgesundheitsministerium erlassene Testpflichtverordnung muss in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden. Auch dahingehend sollte die konkrete Umsetzung beachtet werden. Sollte eine Testpflicht bestehen, dann muss grundsätzlich ein Negativtest vorgelegt werden, bevor man die Arbeit wieder aufnehmen darf. Es wird derzeit eine Quarantänepflicht bis zu einem zweiten negativen Test diskutiert, der frühestens fünf Tage nach dem ersten Test gemacht werden darf. Auch insoweit bleiben die geplanten gesetzlichen Änderungen abzuwarten.
Da die Aussagekraft eines ersten Tests als nicht sicher angesehen wird, wird von manchen Arbeitgebern bereits jetzt schon zweiter Test eingefordert. Bis zum Vorliegen dieses Testergebnisses darf der Arbeitnehmer die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Fraglich ist, ob für diesen Zeitraum eine Vergütungspflicht besteht. Dies hängt davon ab, ob landesrechtlich eine zweite Testpflicht besteht. Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte es sich um Annahmeverzug des Arbeitgebers handeln und daher eine Vergütungspflicht bestehen. In diesem Fall ist es dann auch nicht zulässig Urlaub bzw. Freizeitausgleich anzuordnen.
Der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit für den Quarantänezeitraum nach Rückkehr aus einem Risikogebiet einen Entschädigungsanspruch gem. § 56 IfSG geltend zu machen und somit das Gehalt, das er dem Arbeitnehmer in Quarantäne zahlen muss, erstattet zu bekommen. Dies gilt zum einen für den Fall, dass ein Gebiet nach Einreise zum Risikogebiet erklärt wird, aber unserer Auffassung nach derzeit auch für den Fall des wissentlichen Aufenthalts in einem Risikogebiet. Insofern enthält § 56 IfSG eine Gesetzeslücke, die die der Gesetzgeber aber beabsichtigt noch im November 2020 zu bereinigen. Auch ist die Handhabung in den Bundesländern dazu sehr unterschiedlich, so dass wir empfehlen sich mit unseren Juristinnen und Juristen in den Landesverbänden in Verbindung zu setzen.
Der Arbeitgeber muss auch bei unerwarteten und von ihm unverschuldeten Betriebsstörungen die Vergütung seiner Arbeitnehmer gemäß § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) weiterzahlen. § 56 Infektionsschutzgesetz gewährt allerdings in diesem Fall einen Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde auf sog. Verdienstausfallentschädigung für jene Arbeitnehmer, die als „Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern“ von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden. Danach erhalten die von der Quarantäne betroffenen Arbeitnehmer für sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls vom Arbeitgeber ausgezahlt. Der Arbeitgeber kann sich den gezahlten Verdienstausfall von der Behörde erstatten lassen. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Personen, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sog. beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen, sind von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit. Gemäß § 616 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Arbeitgeber weiterhin die Vergütung an seine Beschäftigten zahlen, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. § 616 BGB ist allerdings in vielen Fällen entweder durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. In diesem Fall greift der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 IfSG. Der Beschäftigte erhält demnach sein Gehalt (Nettolohn) für sechs Wochen weiter vom Arbeitgeber, der dieses wiederum von der Behörde erstattet bekommt. Ab der siebten Woche zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.
Im Falle der eigenen Erkrankung wird dagegen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld gezahlt.
Ansprüche können auch zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden. Jedoch muss der Arbeitnehmer im Streitfall auch dann noch in der Lage sein, die einzelnen - u.U. rechtswidrigen - Anweisungen des Arbeitgebers beweisen zu können.
Falls der Arbeitgeber z.B. ohne entsprechende Vereinbarung Überstunden verrechnet oder Urlaubstage abgezogen hat, so empfiehlt sich, bereits zu diesem Zeitpunkt der Anordnung von Urlaub oder von Überstundenabbau vorsorglich schriftlich und nachweisbar zu widersprechen und sich die Geltendmachung der entsprechenden Rechte zu einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten.
Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer sich im Rahmen von eventuell geltenden Ausschlussfristen gegen dieses Vorgehen wehren und Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber in Textform (E-Mail und Fax sind ausreichend) fristgerecht geltend machen. Ausschlussfristen sehen regelmäßig eine Frist von drei bzw. sechs Monaten zur Geltendmachung vor. Bitte prüfen Sie nach, ob bzw. welche Frist für Sie maßgeblich ist.
Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht sowie der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben muss der Arbeitgeber alles dafür tun, damit Angestellte ihre Arbeit gefahrlos erledigen können.
Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, anhand einer Gefährdungsbeurteilung die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung für jeden Arbeitsplatz zu ermitteln und festzustellen, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Pflicht gilt auch für die Arbeit mit Biostoffen wie Viren. Sind Gefahrenpotentiale festgestellt, muss der Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen ergreifen, wie z.B. die Abtrennung von Arbeitsbereichen oder das Bereitstellen von geeigneter Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln, aber ggf. auch die Freistellung von aus Risikogebieten zurückkehrenden Arbeitnehmern.
Sowohl das RKI als auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) empfehlen, dass den Beschäftigten neben ausreichend Kitteln, Handschuhen, einer Schutzbrille, partikelfiltrierende Halbmasken mindestens der Klasse FFP2 oder FFP3 (z.B. für Tätigkeiten an Patienten, die stark husten oder zum Husten provoziert werden) in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen stellen.
Nach § 17 Abs. 2 ArbSchG können sich Arbeitnehmer an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden, wenn sie der Auffassung sind, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen und einer darauf gerichteten Beschwerde an den Arbeitgeber nicht abgeholfen wurde. Wir empfehlen vorher Rücksprache mit den Juristen in unseren Landesgeschäftsstellen zu halten.
In besonderen Ausnahmefällen ist es denkbar, die Erbringung der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu verweigern, wenn die konkrete Gefährdungssituation die Arbeitsleistung unzumutbar macht. Dabei ist allerdings immer eine rechtliche Abwägung im Einzelfall erforderlich. Das Ergebnis einer solchen Abwägung sieht beim Arbeitgeber oft anders aus als beim Arbeitnehmer. Das Risiko, ob nach rechtlichen Maßstäben tatsächlich ein sog. Leistungsverweigerungsrecht vorliegt, trägt der Arbeitnehmer.
Beispiel:
Der Arbeitgeber kann nicht in ausreichendem Maß Schutzkleidung und/oder Schutzmasken zur Verfügung stellen, so dass insbesondere Schutzmasken länger verwendet bzw. wiederverwendet werden müssen. Die Frage, ob dieser Umstand bereits unzumutbare Arbeitsbedingungen darstellt müssen im Streitfall die Gerichte klären. Maßgeblich sind dabei die medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zu dem Zeitpunkt für den jeweiligen Arbeitsbereich gegolten haben, in denen sich der Arbeitnehmer auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft. Die Gerichte orientieren sich daher an den verfügbaren Aussagen von Sachverständigen. In der Corona-Pandemie werden wohl insbesondere die Empfehlungen des RKI einen Sachverständigenstatus einnehmen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt spricht sich das RKI ausdrücklich nicht gegen eine längere Verwendung bzw. Wiederverwendung von Schutzmasken aus. Es ist also davon auszugehen, dass dem Arbeitnehmer kein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden werden würde. Bevor ein derartiger Schritt ernsthaft erwogen wird, sollte der Einzelfall unbedingt vorab rechtlich eingehend geprüft werden.
Das Bundesgesundheits- und Bundesarbeitsministerium haben sich zudem auf ein Vorgehen bei der Wiederaufarbeitung der Schutzmasken geeinigt:
Das RKI unterscheidet im Umgang mit Kontaktpersonen in drei Kategorien.
1. Kontaktperson Kategorie I ist, wer eine corona-positive Person mit Symptomen direkt getroffen hat - und zwar ab zwei Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome des Erkrankten bis zehn Tage nach Symptombeginn. Für Fälle, bei denen keine Symptome bemerkbar sind, gilt als Kontaktperson I, wer diese ab zwei Tage vor bis zehn Tage nach dem positiven Test direkt getroffen hat. Direkt getroffen bedeutet laut RKI: mindestens 15 Minuten "face-to-face"-Kontakt, oder längeres gemeinsames Aufhalten in einem schlecht gelüfteten Raum, direkter Kontakt zu Sekreten, naher Kontakt zu oder langer Aufenthalt mit Kranken ohne Schutzkleidung. Weitere Beispielskonstellationen und Informationen finden Sie hier: (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html
Für Kontaktpersonen der Kategorie I gilt grundsätzlich eine häusliche Absonderung für 14 Tage (Quarantäne), die die Gesundheitsämter anordnen.
Sonderfall:
Teilweise existieren Allgemeinverfügungen (z.B. in einigen Bezirken in Berlin), wonach
- Kontaktpersonen der Kategorie I nach den Kriterien des RKI,
- Personen mit Erkrankungszeichen, die sich einem Test unterzogen haben oder für die ein Test angeordnet wurde,
- Personen, für die seit Inkrafttreten der Allgemeinverfügung ein positives Testergebnis auf SARS-CoV-2 Viren vorliegt,
zur sofortigen Einhaltung der Quarantäne verpflichtet werden, ohne dass es eines einzelnen Bescheids des Gesundheitsamtes bedarf.
2. Kontaktpersonen der Kategorie II (geringeres Infektionsrisiko)
Kontaktperson Kategorie I ist, wer keine Exposition wie unter Kontaktkategorie I beschrieben hat, aber eine Exposition dennoch möglich ist. Bei Kontaktpersonen der Kategorie zwei entscheidet das Gesundheitsamt im Einzelfall.
3. Kontaktpersonen der Kategorie III (nur bei medizinischem Personal anzuwenden)
Die organisatorischen Maßnahmen und die persönliche Schutzausrüstung (PSA) sowie Empfehlungen des RKI „Hygienemaßnahmen im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2“ und „Erweiterte Hygienemaßnahmen im Gesundheitswesen im Rahmen der COVID-19 Pandemie“ für medizinisches Personal dienen einer Minimierung des Infektionsrisikos. Bei Einhaltung der empfohlenen Schutzmaßnahmen besteht daher kein Anlass für eine Absonderung nach Kontakt mit einem COVID-19-Patienten. Die „Empfehlungen der BAuA und des ad-Hoc Arbeitskreises „Covid-19“ des ABAS zum „Einsatz von Schutzmasken im Zusammenhang mit SARS-CoV-2“ dienen in erster Linie dem Arbeitnehmerschutz. Trotz gewissenhafter Umsetzung der Schutzmaßnahmen und ausreichendem Training können Fehler in der Handhabung und damit eine Exposition nicht vollständig ausgeschlossen werden. Daher wird medizinisches Personal mit engem Kontakt zu bestätigten Fällen von COVID-19 (inklusive asymptomatischer Fälle mit labordiagnostischem Nachweis von SARS-CoV-2) bei Einsatz von adäquaten Schutzmaßnahmen den Kontaktpersonen der Kategorie III zugeordnet.
4. Ausnahme: Optionen zur vorzeitigen Tätigkeitsaufnahme von Kontaktpersonen unter medizinischem Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern bei relevantem Personalmangel
Liegt eine Situation mit relevantem Personalmangel in der Krankenversorgung vor, können Kontaktpersonen unter medizinischem Personal unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig wieder zur Arbeit zugelassen werden. Diese Unterscheidung gilt für die Arbeitssituation. Außerhalb ihrer medizinischen Tätigkeit unterliegen Beschäftigte in Krankenhäusern und Arztpraxen weiterhin den allgemeinen Empfehlungen zum Management von Kontaktpersonen in der Allgemeinbevölkerung. Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit ist medizinischem Personal in dieser Situation erlaubt. Auf keinen Fall dürfen aber in der Quarantänezeit z.B. Veranstaltungen, Geschäfte oder Restaurants besucht werden.
Die Ausnahmen und konkreten Ausgestaltungen richten sich danach, welcher Kontaktkategorie unterfallen Detaillierte Hinweise finde Sie hier: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/HCW.html
Fazit: Nach den vor genannten Grundsätzen ist eine vorzeitige Tätigkeitsaufnahme in Ausnahmefällen möglich. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, entscheidet jedoch in keinem Fall die Ärztin oder der Arzt eigenverantwortlich. Werden Sie zur vorzeitigen Tätigkeitsaufnahme durch den Arbeitgeber aufgefordert, lassen Sie sich diese Aufforderung schriftlich oder per E-Mail bestätigen. So vermeiden Sie eine eigene persönliche Haftungsprobleme.
Die §§ 3 ff. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regeln zwingende Höchstgrenzen, von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Das ArbZG geht von einer Sechs-Tage-Woche aus, in der werktäglich 8 Arbeitsstunden geleistet werden dürfen. Die wöchentliche maximale Anzahl liegt daher grundsätzlich bei 48 Stunden.
Eine Erhöhung auf 10 Arbeitsstunden werktäglich ist nur möglich, wenn die zusätzlich angefallenen Arbeitsstunden innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. Mit sog. Opt-Out-Regelungen kann diese Stundenanzahl auf freiwilliger Basis auch über 48 Stunden erhöht werden. Mindestens dieses zusätzliche Stundenkontingent darf allerdings nur für Bereitschaftsdienste genutzt werden und nicht für Regelarbeitszeit.
Die Ausnahmefälle, in denen von den Grundsätzen der Arbeitszeitbegrenzung abgewichen werden kann, regelt § 14 ArbZG. Das Auftreten des Coronavirus und seine Auswirkungen stellen ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des § 14 ArbZG dar. Eine solche Krankheitswelle tritt weder regelmäßig auf noch ist sie voraussehbar.
Dennoch ist auch in der gegenwärtigen Situation keine unbegrenzte Ausdehnung der Arbeitszeit zulässig, § 14 Abs. 3 ArbZG. Auch wenn z.B. die tägliche Arbeitszeit über die in § 3 ArbZG festgelegten Höchstgrenzen angepasst werden kann, darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen 48 Stunden grundsätzlich weiterhin nicht überschreiten. Vereinbarte Opt-Out-Regelungen gelten weiter.
In Tarifbereichen, in denen eine Begrenzung der Anzahl der Bereitschaftsdienste vereinbart wurde, wird im Falle des Anstiegs des Patientenaufkommens wegen des Coronavirus von der Gefährdung der Patientensicherheit zwingend auszugehen sein.
Über die unmittelbar im ArbZG vorgesehenen Ausnahmen hinaus kann die Aufsichtsbehörde weitergehende Ausnahmen zulassen, soweit diese im öffentlichen Interesse dringend nötig werden, § 15 Abs. 2 ArbZG. Bei Zulassung solcher Ausnahmen darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten, § 15 Abs. 4 ArbZG.
Anlässlich der ersten Welle der Corona-Pandemie wurde in den Bundesländern von § 15 Abs. 2 ArbZG Gebrauch gemacht und durch die zuständigen Behörden insbesondere eine erweiterte Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit sowie eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ermöglicht. Die Bundesregierung hat im April zudem die bis Ende Juli 2020 befristete »Covid-19-Arbeitszeitverordnung« erlassen. Mittels dieser Verordnung durfte die tägliche Arbeitszeit von systemrelevanten Berufen auf bis zu zwölf Stunden verlängert und die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden verkürzt werden. Ob diese Verordnung im Hinblick auf die steigende Belastung der Krankenhäuser erneut in Kraft gesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, aus Angst vor Ansteckung nicht bei der Arbeit zu erscheinen, gibt es nicht.
Um die Arbeitsleistung verweigern zu können, ist es erforderlich, dass die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Eine Unzumutbarkeit kann z.B. dann gegeben sein, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Gehört man selbst zu einer der Risikogruppen des Coronavirus, kann dieses Leistungsverweigerungsrecht unter Umständen in Betracht kommen, gerade dann, wenn durch die Art der Arbeit ein Kontakt mit Infizierten sehr wahrscheinlich ist und mögliche und zumutbare Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz vom Arbeitgeber nicht ergriffen werden oder nicht ausreichend sind.
Zu empfehlen ist hier aber dringend die vorherige rechtliche Beratung unter Einbeziehung der Expertise des eigenen behandelnden Arztes. Auch sollte unbedingt mit dem Betriebsarzt Kontakt aufgenommen werden, so dass wirksame Schutzmaßnahmen veranlasst werden können. Auch die Kontaktaufnahme mit der Schwerbehindertenvertretung oder der Mitarbeitervertretung ist zu empfehlen. Ferner sollten zuvor alle Versuche ausgeschöpft sein, mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Regelung für das Fernbleiben von der Arbeit zu treffen, wie z.B. das Einbringen von Urlaub oder Überstunden. Denn das Risiko, dass man zu Unrecht die Arbeitsleistung nicht erbringt (ein Leistungsverweigerungsrecht also nicht gegeben war), trägt allein der Arbeitnehmer. Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber wegen unberechtigter Verweigerung der Arbeitsleistung sind bei Fehleinschätzung denkbar.
Zu beachten ist dabei, dass der Arbeitgeber von seiner Vergütungspflicht auch dann frei wird, wenn der Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung zu Recht wegen Unmöglichkeit verweigert hat.
Grundsätzlich reicht die Befürchtung sich bei der Arbeit anzustecken nicht aus, um der Arbeit fernbleiben zu können.
Zurzeit gibt es keinen Hinweis, dass Schwangere durch das Coronavirus gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Dennoch ist der Arbeitsplatz - wie bei jeder werdenden Mutter - vom Arbeitgeber im Rahmen einer „Gefährdungsbeurteilung“ zu bewerten. Es muss demnach angesichts der aktuellen Situation ggf. immer wieder erneut geprüft werden, ob für die Schwangere mit der jeweiligen Tätigkeit eine unverantwortbare Gefährdung am Arbeitsplatz einhergeht. Schwangere sollen zum Beispiel keine Tätigkeiten an Patienten mit potenziell infektiösem Status verrichten; hierzu zählen auch Patienten, die sich evtl. mit dem Coronavirus infiziert haben.
Schlussendlich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und die daraus abzuleitende Gefährdungsbeurteilung an, ob ein teilweises oder komplettes Beschäftigungsverbot vom Arbeitgeber ausgesprochen wird. Daneben besteht ggf. die Möglichkeit durch den eigenen Arzt ein individuelles Beschäftigungsverbot zu erwirken.
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung erstellen, die festlegt, ob und ggf. unter welchen Schutzmaßnahmen die Beschäftigung einer Schwangeren oder einer stillenden Mutter auf einem Arbeitsplatz möglich ist (§§ 9-14 Mutterschutzgesetz, MuSchG).
Ein Arbeitgeber darf z.B. eine schwangere bzw. stillende Mutter keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem solchen Maß mit biologischen Gefahren in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt (§§ 11 Abs. 2 bzw. 12 Abs. 2 MuSchG).
Vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion derzeit immer noch nicht zuverlässig bewertet werden können und der Erreger aktuell in die Risikogruppe 3 nach der Biostoffverordnung eingeordnet wird, ist ein erhöhtes Infektionsrisiko am Arbeitsplatz, z.B. bei engerem Kontakt einer Schwangeren mit SARS-CoV-2-infizierten aus präventiven Gründen als unverantwortbare Gefährdung im Sinne von § 9 Abs. 2 MuSchG einzustufen. Diese Gefahr einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 muss deshalb auch in die Gefährdungsbeurteilung für einen Arbeitsplatz einbezogen werden. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass bestimmte Schutzmaßnahmen, wie z.B. das dauerhafte Tragen von FFP3-Masken für Schwangere nicht geeignet sind.
Vor allem der direkte Kontakt zu wechselnden Personengruppen und der mögliche Umgang mit erkrankten und krankheitsverdächtigen Personen führen dazu, dass in Krankenhäusern und Arztpraxen Schwangere gerade und vor allem bei steigenden Infektionszahlen nicht mehr beschäftigt werden dürfen, es sei denn, es ist eine patientenferne Tätigkeit z.B. durch Homeoffice oder in der Verwaltung (auch hier müssen Hygiene- und andere notwendige Schutzvorkehrungen eingehalten werden können) möglich. Ist dies nicht der Fall, ist ein betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen. Der Arbeitgeber zahlt in diesem Fall den Mutterschutzlohn nach §18 i.V.m. § 21 MuSchG als Ausgleich für die wegen des Beschäftigungsverbotes entgangene Vergütung. Er erhält den gezahlten Mutterschutzlohn über das sog U2-Umlageverfahren erstattet.
Hinweise für die Beschäftigung von Schwangeren in Coronazeiten finden sich sowohl auf den Homepages der zuständigen Ministerien der einzelnen Bundesländer sowie im Informationspapier des Ausschusses für Mutterschutz (AfMu, Stand 14.04.2020) unter
Bedingt durch die Corona-Krise entstehen Probleme im Bereich des Elterngeldbezuges. Wenn in den Berechnungsmonaten für das Elterngeld (12 Monate vor der Geburt) Kurzarbeitergeld oder auch Arbeitslosengeld I bezogen wird, mindert dies bisher die Höhe des Elterngeldanspruchs. Auch entstehen Probleme, wenn Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind und deshalb Elterngeldmonate nicht nehmen können.
Damit die derzeitige Situation den Eltern nicht zum Nachteil wird, sind einige Änderungen für das Jahr 2020 beschlossen worden:
- Anpassungen beim Elterngeld für Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. Da sie jetzt besonders gebraucht werden, können sie ihre Elterngeldmonateaufschieben. Diese müssen bis spätestens bis Juni 2021 genommen werden.
- Außerdem verlieren Eltern den Partnerschaftsbonus - eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten, um sich die Kindererziehung zu teilen – nicht, wenn sie aufgrund der Corona-Krise aktuell mehr oder weniger arbeiten als geplant.
- Zudem haben Eltern und werdende Eltern, die aktuell Einkommensverluste haben, weil sie zum Beispiel in Kurzarbeit sind, keinen Nachteil im Elterngeld haben. Konkret: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I wegen Corona reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.
Ob der Arbeitgeber den Arzt in eine andere Fachabteilung oder an einen anderen Klinikstandort abordnen kann, hängt zum einen davon ab, was im Arbeitsvertrag geregelt ist, zum anderen davon, ob das Arbeitsverhältnis einer tarifvertraglichen Regelung unterfällt.
Grundsätzlich gilt: Nach § 106 Gewerbeordnung hat der Arbeitgeber das Recht, Art und Ort der Arbeitsleistung seiner Arbeitnehmer zu bestimmen. Dieses Direktionsrecht findet tarifvertraglich und arbeitsvertraglich seinen Niederschlag z.B. darin, dass dem Arbeitgeber ein Versetzungsrecht eingeräumt wird. Umgekehrt kann eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, das Arbeitsverhältnis auf einen bestimmten Ort, eine bestimmte Abteilung oder auf eine bestimmte Arbeitsaufgabe zu beschränken, dann zu einer Einschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers führen, wenn deutlich zum Ausdruck kommt, dass die Parteien eine solche Einschränkung bewusst vereinbaren wollten.
Darüber hinaus sind natürlich die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeitervertretung zu beachten.
Die Arbeitsverpflichtung ergibt sich in erster Linie aus dem Arbeitsvertrag und ist regelmäßig auf die Tätigkeit bei dem im Arbeitsvertrag bezeichneten Arbeitgeber beschränkt. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Konzern oder hat dieser mehrere Betriebsteile, kann auch ein Einsatz an den verschiedenen Standorten in Betracht kommen. Den Arbeitseinsatz bei einem Dritten darf der Arbeitgeber dagegen nur auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung mit dem betroffenen Arbeitnehmer anweisen. Es kommt auf die jeweils vorliegende konkrete arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausgestaltung an. Eine einseitige Weisung bei einem anderen Arbeitgeber tätig zu werden, ohne dass eine arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung vorliegt kann sich im Verlaufe der Pandemie deshalb nur durch gesetzliche Änderungen ergeben.
Im Falle einer Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber wird es nach Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit auch möglich sein, den Arbeitnehmer im Rahmen der Vorschriften der Arbeitnehmerüberlassung ausnahmsweise ohne Vorliegen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) an einen anderen Arbeitgeber zu verleihen. Voraussetzung hierfür ist gem. § 1 Abs.3 Nummer 2a AÜG, dass
- die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Überlassung zugestimmt haben,
- der Arbeitgeber nicht beabsichtigt, dauerhaft als Arbeitnehmerüberlasser tätig zu sein und
- die einzelne Überlassung zeitlich begrenzt auf die aktuelle Krisensituation erfolgt.
Sollte ein Einsatz bei einem anderen Arbeitgeber auf freiwilliger Basis erfolgen oder durch eine gesetzliche Änderung angeordnet werden können, ist zu beachten, dass auch wenn kein (schriftlicher) Arbeitsvertrag geschlossen wurde, gleichwohl ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Das bedeutet für das Krankenhaus, dass sämtliche Arbeitsschutzvorschriften zur Anwendung gelangen. Außerdem werden Urlaubsansprüche erworben und es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zudem besteht Anspruch auf eine Vergütung zu. Denn diese gilt als vereinbart. Wenn kein bestimmter Betrag vereinbart wurde, ist ein Vergleich anzustellen. Maßgeblich ist regelmäßig die tarifliche Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer. Gibt es eine solche nicht, wird eine „übliche Vergütung“ als vergleichbar angesehen. Es ist aus Beweisgründen dennoch dringend zu empfehlen, schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen.
Zu beachten ist auch, dass ein Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt werden muss. Früher erteilte Befreiungen gelten hier nicht fort und entfalten insofern keine Wirkung.
Eine Rechtsprechung zu dieser Frage existiert noch nicht, ein Mitbestimmungsrecht könnte sich zunächst aus § 87 I Nr. 1 (Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb) ergeben, wenn es bei dieser Frage um die „Ordnung im Betrieb“ geht. Gerichtlich bejaht wurde bereits, dass zumindest das Tragen von Mund-Nasen-Schutz als Mitbestimmungstatbestand unter diese Norm zu subsumieren sei, so dass erst recht die hier genannten Maßnahmen unter die Regelung zur „Ordnung im Betrieb“ fallen dürften.
Ein weiteres Mitbestimmungsrecht könnte sich aus § 87 Abs.1 Nr. 7 (Gesundheitsschutz) ergeben. Grundsätzlich ist das Thema Infektionsschutz nach § 87 I Nr. 7 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Allerdings geht es in diesen Fällen immer um den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter. Die Zielsetzung der Testverordnung ist aber in erster Linie der Bevölkerungsschutz, so dass ein Mitbestimmungsrecht über diesen Tatbestand eher fraglich sein dürfte.
Wenn ich auf Weisung des Arbeitgebers eine (ggf. auch fachfremde) Tätigkeit zur Erfüllung ausübe, dann trägt der Arbeitgeber auch das Haftungsrisiko für die Erfüllungsgehilfen. Zur Vermeidung der Haftung in Form des Übernahmeverschuldens sollte der Arbeitnehmer aber unbedingt auf einer suffizienten fachlichen Einweisung in die jeweilige Tätigkeit bestehen. Unser Kooperationspartner, die Deutsche Ärzteversicherung, hat im Bereich der Arzthaftpflichtversicherung zugesichert, dass Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich ihres Versicherungsschutzes unbedenklich an der Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Deutschland im Rahmen der Corona-Krise mitwirken können.
Jeder Ärztin/ jedem Arzt wird auf Wunsch eine entsprechende Versicherungsbestätigung ausgestellt. Wir raten dazu, eine solche Bestätigung einzuholen.
Sowohl der Bund als auch die Bundesländer können in einem Katastrophenfall zur Sicherung der Daseinsvorsorge grundsätzlich Maßnahmen erlassen, die erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmerrechte zur Folge haben könnten. Die bereits bestehenden Regelungen zum Katastrophen- und Infektionsschutz können dabei durch neue, dauerhaft oder befristet gültige Gesetze, Verordnungen und/oder Allgemeinverfügungen ergänzt werden.
Auf dieser Basis könnte der Staat dann in Arbeitnehmerrechte eingreifen. Ein solcher Eingriff wäre derzeit z.B. nach dem Infektionsschutzgesetz sowie dem Arbeitszeitgesetz möglich
Der Arbeitgeber hat einer angezeigten Nebentätigkeit des Arbeitnehmers zuzustimmen, bzw. sie zu genehmigen, wenn die rechtlichen Interessen des Arbeitgebers durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt werden. Dies ergibt sich zumeist aus tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen, aber u.U. auch schon als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
Unbestreitbar können die Interessen eines systemrelevanten Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer in der Coronakrise einsatzfähig bzw. für die Erfüllung seiner eigenen Aufgaben bereit zu halten, den Interessen des Arbeitnehmers, eine Nebentätigkeit auszuüben, erheblich widersprechen, wenn z.B. mangels ausreichender Schutzmaßnahmen eine Infektion mit COVID-19 möglich ist.
Die Entscheidung, ob ein Widerruf der Nebentätigkeitsgenehmigung zulässig ist, und insbesondere auch, ob der Widerruf mit sofortiger Wirkung erfolgen darf, wird im Einzelfall zu entscheiden sein. Sie wird abhängig davon sein, ob eine Gefährdung der Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers besteht, ob die Interessen des Arbeitgebers objektiv gesehen wirklich beeinträchtigt sein können, wobei die Möglichkeit der Beeinträchtigung ausreichend ist. Sie wird auch davon abhängig sein, ob sie befristet für die derzeitige Notsituation widerrufen wurde.
Ein Erstattungsanspruch für den Verdienstausfall wird in der Regel dann nicht bestehen, wenn der Widerruf der Nebentätigkeit wirksam erfolgt ist.
Für Ärztinnen und Ärzte, die tagtäglich Patienten behandeln und im Einsatz gegen die Corona-Pandemie stehen, sollte nicht nur die Ausstattung mit Schutzausrüstung eine Selbstverständlichkeit sein. Auch der nachgelagerte Schutz für den Fall, dass eine eigene Infektion nicht ausgeschlossen werden kann, ist unabdingbare Voraussetzung für einen möglichst erfolgreichen Umgang mit dieser Situation. Während es noch immer an adäquater Ausstattung für medizinisches Personal mangelt, ist zumindest im Hinblick auf den unfallversicherungsrechtlichen Umgang mit den möglichen Folgen dieses Mangels, Sorge getroffen worden. In Krankenhäusern angestellte Ärztinnen und Ärzte sind grundsätzlich für ihre berufliche Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Das gilt uneingeschränkt auch im Falle einer SARS-CoV-2 Infektion. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW) als Trägerin der gewerblichen Unfallversicherung hat gegenüber dem Marburger Bund ausdrücklich bestätigt, dass Versicherte der BGW, die sich in Deutschland im Rahmen ihrer versicherten Tätigkeit mit dem Corona-Virus infizieren, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.
Die BGW hat hierzu ein entsprechendes FAQ verfasst, welches Sie hier herunterladen können:
https://www.bgw-online.de/DE/Home/Branchen/News/Coronavirus_node.html#doc632104bodyText3
Da die gesetzlichen Regelungen unabhängig von der Einrichtung letztlich für alle Unfallversicherungsträger einheitlich sind, wird diese Aussage auch für die Träger der nicht-gewerblichen gesetzlichen Unfallversicherung, in erster Linie also der Landesunfallkassen, gelten. Etwas unklarer verhält sich die Unfallversicherung allerdings im Hinblick auf die Frage, welche Form von Versicherungsfall -Berufskrankheit oder Arbeitsunfall- genau vorliegt. Während eine Infektion unproblematisch als Berufskrankheit gelten kann (BK-Nr. 3101), ist die BGW bei der Frage einer Infektion als Arbeitsunfall zurückhaltender. Um den vollumfänglichen Versicherungsschutz sicherzustellen ist es in jedem Fall wichtig, nach einem positivem Testergebnis den konkreten Ansteckungsverlauf so gut und lückenlos wie eben möglich zu dokumentieren und den Arbeitgeber (oder den Arzt, der die Erkrankung diagnostiziert) aufzufordern, eine BK-Anzeige beim zuständigen Unfallversicherungsträger zu stellen.