„Wir freuen uns außerordentlich, dass die Forderungen des Marburger Bundes in der Ärztekammer Schleswig-Holstein Gehör gefunden haben und die ausschließliche Fernbehandlung künftig durch die Änderung der Berufsordnung ermöglicht wird. Dadurch gelingt es, die Patientenversorgung besser zu organisieren und durch die Digitalisierung Ärztinnen und Ärzte zu entlasten“, erklärt Dr. Henrik Herrmann, Vorsitzender des Marburger Bunde Schleswig-Holstein. Der Beschluss sei eine sehr wichtige, wegweisende und zukunftsorientierte Entscheidung. Voraussetzung für eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über elektronische Kommunikationsmedien sei, dass diese im Einzelfall ärztlich vertretbar sei.
„In Schleswig- Holstein ist künftig möglich, was außerhalb Deutschlands längst tägliche Routine ist: Arzt und Patient können sich am Telefon oder via Mobil-App begegnen. Der Arzt darf einen individuelle Diagnose stellen und die Therapie einleiten.“ Damit reagiere die Ärztekammer Schleswig-Holstein auf die Rahmenbedingungen, die sich in den letzten Jahren grundlegend geändert haben. „Die digitalen Möglichkeiten für uns Ärzte bedingen neue Formen der Beratung und Behandlung, die von den Patienten auch zu Recht eingefordert werden. Diesen Entwicklungen dürfen wir uns nicht entziehen, sondern müssen sie gestalten.
Bislang durften Ärzte in Deutschland Patienten nur dann per Telefon oder Internet behandeln, wenn sie sie zuvor gesehen haben. Die Besonderheit bei ausschließlicher ärztlicher Fernbehandlung ist: Arzt und Patient kennen sich nicht. Durch die Fernbehandlung sind Patienten nicht an Öffnungszeiten von Arztpraxen gebunden. Patienten können einen Video-Chat über eine App nutzen oder zum Telefonhörer greifen. Die ärztliche Behandlung wird damit leichter zugänglich – unabhängig vom Zeitpunkt oder davon, wo Patienten sich gerade aufhalten. Gleichwohl erklärt Dr. Herrmann: „Die Digitalisierung kann Engpässe bei den Ärzten abfedern und ist eine sinnvolle Ergänzung. Die digitale Sprechstunde wird aber den normalen Arztbesuch keinesfalls ersetzen.“
Vorgesehen ist, dass der Beschluss der Landesärztekammer Schleswig-Holstein im Sommer dieses Jahres in Kraft tritt. Damit ist Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg das zweite Bundesland, in dem die ausschließliche Fernbehandlung künftig möglich ist.
Der Landesvorsitzende des Marburger Bundes erläutert, dass die Entscheidung auch in Bezug auf die diesjährigen Ärztekammerwahlen eine Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt sei. „Der Beschluss zeigt, wie wichtig es ist, dass wir als Ärztinnen und Ärzte durch unsere Arbeit in der Kammerversammlung legitimiert sind, unsere ärztlichen Angelegenheiten selber zu regeln und damit unsere ärztliche Profession und Zukunft selbst gestalten können. Das sollte Grund genug sein für jeden der rund 17.500 Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein, im Mai zur Wahl zu gehen, um die Delegierten für die Neubesetzung der Kammerversammlung der Ärztekammer Schleswig-Holstein zu wählen.
Wortlaut des Beschlusses der Kammerversammlung der Ärztekammer Schleswig-Holstein (Änderung der Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein § 7 Absatz 4)
Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie dürfen dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelungen ist eine Beratung oder Behandlung ausschließlich über Kommunikationsmedien erlaubt, wenn diese ärztlich vertretbar und ein persönlicher Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten nicht erforderlich ist.