Im Bereich des Bereitschaftsdienstentgelts hatte die Paracelsus-Klinik, nachdem eine Urabstimmung des Marburger Bundes Schleswig-Holstein eine Mehrheit von 86 Prozent für Arbeitskampfmaßnahmen ergeben hatte, ihr Angebot um 1,25 Prozent auf 13,75 Prozent für zweieinhalb Jahre ab Januar 2020 erhöht.
„Das Angebot des Arbeitgebers ist Augenwischerei. Seit 2015 hat keine Anpassung der Bereitschaftsdienstentgelte mehr stattgefunden. Der Rückstand zu bestehenden Vereinbarungen in kommunalen Krankenhäusern ist evident. Es fehlt nach wie vor an einer marktüblichen Entgeltanpassung. Die Bereitschaftsdienstentgelte der Ärztinnen und Ärzte in der Paracelsus-Klinik Henstedt Ulzburg liegen 12 Prozent hinter marktüblichen Entgelten. Die vom Arbeitgeber angebotene Erhöhung erfolgt in drei Schritten. Der letzte davon tritt erst Ende 2021 ein. Durch die zu erwartenden Tarifsteigerungen bei den kommunalen Krankenhäusern wird sich dieser spätestens im September 2020 in Luft auflösen. Wegen der vom Arbeitgeber verlangten langen Laufzeit würden die Ärztinnen und Ärzte erneut über Monate dieser Entwicklung bei den kommunalen Krankenhäusern hinterherlaufen müssen.
Es ist enttäuschend, dass der Arbeitgeber nach wie vor kein Verständnis für die besonderen Belastungen durch den Bereitschaftsdienst aufbringt. Auch der Druck durch den Personalmangel wird missachtet. Der Arbeitgeber stellt sich als Hüter der ärztlichen Belange dar, ignoriert aber, dass gleich gute Arbeit auch gleich gute Bezahlung verdient. Die Ärztinnen und Ärzte in der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg sind genauso hoch qualifiziert wie Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern und sind jeden Tag mit vollem Engagement für die Versorgung schwer kranker Menschen da. Es gibt also keinen Grund, ihnen weiterhin die Angleichung an marktübliche Entgelte zu verweigern. Der Arbeitgeber nimmt mit einer Laufzeitvereinbarung ab 01.01.2020 zudem in Kauf, dass die ärztlichen Beschäftigten mit einer weiteren Nullrunde in 2019 ihren Beitrag geleistet haben. Das ist ebenso unverständlich und völlig unakzeptabel wie die Tatsache, dass die Laufzeit des Gesamtpaketes rechnerisch 42 Monate betragen soll. Wir fordern den Arbeitgeber nochmals auf, die Lücke zum Referenztarif der kommunalen Krankenhäuser rückwirkend ab Januar 2019 vollständig zu schließen“, betont MB SH-Landesvorsitzender Michael Wessendorf.
Wie per Pressemitteilung nach dem Ende der Verhandlungen bekannt gegeben, plant die Paracelsus-Klinik, ihr vorgeschlagenes Maßnahmenpaket im Alleingang ohne Tarifeinigung mit dem MB SH umzusetzen. In der Mitteilung spricht die Klinik von einem „Zeichen seiner Wertschätzung“ gegenüber den Mitarbeitern. Der Marburger Bund kritisiert das Vorgehen des Arbeitgebers.„Das Vorhaben des Arbeitgebers, sein Maßnahmenpaket ohne Tarifeinigung mit dem Marburger Bund umzusetzen, stellt einen massiven Angriff auf die Sozialpartnerschaft dar. Ärztinnen und Ärzte brauchen einen sicheren Tarifvertrag, der gesunde und zukunftssichere Arbeit regelt. Punktueller Goodwill des Arbeitgebers reicht da nicht. Ernst gemeinte Wertschätzung sieht anders aus.“
Dass der Marburger Bund Schleswig-Holstein verantwortungsvoll mit der Sozialpartnerschaft zur Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg umgeht, hat die Ärztegewerkschaft während der wirtschaftlich schwierigen Situation des Krankenhauses gezeigt, als sie sich bei den Tarifverhandlungen zur Entgeltsteigerung auf Kompromisse mit Augenmaß geeinigt hat. Selbst nach einer Entgeltsteigerung von 10 Prozent liegt die Vergütung der Ärztinnen und Ärzte immer noch rund zwei Prozent hinter einem marktüblichen Entgelt.
„Mit dem jüngsten Tarifabschluss für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern hat der Marburger Bund auf Bundesebene eine Zeitenwende eingeläutet. Für die tarifgebundenen Ärztinnen und Ärzte in der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg wollen wir neben der Anpassung der Bereitschaftsdienstentgelte ebenso die Arbeitsbedingungen verbessern und haben die gleichen Forderungen: Die Arbeitszeiten müssen planbar und verlässlich sein, sämtliche Anwesenheit in der Klinik muss manipulationsfrei erfasst werden“, erklärt MB SH-Landesvorsitzender Michael Wessendorf. „Daher muss es mehr inhaltliche Bewegung auf Seiten des Arbeitgebers geben, um über die Wiederaufnahme der Verhandlungen nachzudenken.“
Der Marburger Bund Schleswig-Holstein wird mit seinen Mitgliedern innerhalb der Ärzteschaft der Paracelsus-Klinik Henstedt Ulzburg Mitte Februar den bisherigen Verlauf diskutieren und das weitere Vorgehen beraten.