Frau Teipel, Sie haben bei der Wahl in die Kammerversammlung der Ärztekammer Schleswig-Holstein 422 Stimmen erhalten und damit das beste Ergebnis von 180 Kandidierenden. Wie haben Sie das geschafft?
Hannah Teipel: Ich war extrem überrascht über das bedeutsame Wahlergebnis und glaube, es spiegelt den Wunsch der jüngeren Generation von Ärztinnen und Ärzte nach Mitspracherecht und Mitgestaltung wider. Ich habe mir über die Kandidatur im Vorhinein Gedanken gemacht und wollte die Chance, mich berufspolitisch in Hinblick auf die gegenwärtigen gesundheitspolitischen Herausforderungen zu engagieren, nutzen und freue mich umso mehr, dass es geklappt hat.
Sie sind nicht nur Mitglied der Kammerversammlung, sondern haben im Juli dieses Jahres auch das Amt einer Beisitzerin im Vorstand der Ärztekammer Schleswig-Holstein übernommen. Wieso haben Sie sich dafür entschieden, für diese Position zu kandidieren?
Teipel: Da bin ich ehrlich, das hat sich etwas spontaner so ergeben. Ich denke, man kann sich am besten für die Dinge einsetzen und sprechen, die einen selbst betreffen. Ich bin eine junge Ärztin in Weiterbildung und habe neue Vorstellungen von dem Beruf in unserer Zeit. In Hinblick auf die gewählte Kammerversammlung haben wir uns sehr gefreut, dass ein größerer Anteil jüngerer Ärztinnen und Ärzte vertreten ist, viele aus dem Marburger Bund. Ich finde es wichtig, dass sich dieser Anteil auch in den entscheidenden Gremien wie dem Vorstand, dem Weiterbildungsausschuss und dem Finanzausschuss abbildet. Ich bemühe mich nun gerade, das Thema Weiterbildung zu priorisieren und Input aus dem klinischen Alltag der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung beizutragen.
Die Kammerwahl liegt jetzt gut ein halbes Jahr zurück. Wie erleben Sie die Arbeit im Vorstand und in der Kammerversammlung?
Teipel: Bisher erlebe ich die Zusammenarbeit als sehr konstruktiv. Der neu gewählte Vorstand ist inhaltlich eine heterogene Gruppe, die die verschiedensten Seiten ärztlicher Arbeit gut beleuchten kann. Auch die Kammerversammlung ist eine gute Mischung aus niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Krankenhausärztinnen und -ärzten sowie Ärztinnen und Ärzte mit viel Berufserfahrung und berufspolitischer Erfahrung, aber auch Neulingen in dem Bereich und Vertretern der „jüngeren“ Generation. Ich denke, dass so die bestmöglichen Entscheidungen getroffen werden können. Es ist schön, sich auf die Fahrten nach Bad Segeberg nach wie vor zu freuen.
Wie integrieren Sie ihr Kammermandat in ihren anspruchsvollen Berufs- und Familienalltag?
Teipel: Das ist sicherlich eine Herausforderung, aber ich bin glücklicherweise im „Familienmanagement“ nicht alleine und wie bei allem funktioniert man am besten im Team. Zudem unterstützt mein Arbeitgeber die Kammerarbeit, sodass es mir bisher zeitlich immer möglich gemacht wurde, die Kammerarbeit wahrzunehmen. Ich halte dies für sehr wichtig, da Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ein sehr großes Pensum an Arbeit tagtäglich absolvieren und ohne ein gewisses Maß an Flexibiltät ansonsten der Zugang zu Berufspolitik und Mitspracherecht nahezu unmöglich wäre.
Wo liegen aktuell die größten Baustellen, die Sie gemeinsam als Vorstand der Ärztekammer Schleswig-Holstein angehen müssen?
Teipel: Das Thema, das mir persönlich am wichtigsten ist, ist die Weiterbildung. Viele Kolleginnen und Kollegen starten hochmotiviert in den Beruf und freuen sich, endlich als Ärztin oder Arzt tätig sein zu können und sind bereits nach wenigen Wochen desillusioniert aufgrund der Arbeitsbedingungen und fehlender Weiterbildung.
Darüber hinaus muss die zunehmende Digitalisierung als Chance genutzt werden, Prozesse zu optimieren gerade im Hinblick auf Facharztanträge und Anträge für Weiterbildungsbefugnisse.
Nur mit gelungenen Weiterbildungskonzepten ist eine gute Gesundheitsversorgung auch in Zukunft möglich. Das sind alles Themen, die der Marburger Bund seit langem verfolgt.
Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Wo sehen Sie die Ärztekammer in fünf oder sogar zehn Jahren?
Teipel: Es wäre ein gutes Zeichen, wenn in Zukunft noch mehr Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung Lust haben, sich in der Ärztekammer zu engagieren. Außerdem hoffe ich, dass die Weiterbildung stetig optimiert wird und priorisiert wird. Ein guter Einstieg in die Berufspolitik ist auch, sich in einem der Gremien des Marburger Bundes zu engagieren, wie zum Beispiel im Vorstand oder dem Jungen Netzwerk.