- Kandidatin für die Kammerwahl 2023
Warum haben Sie diesen Beruf ergriffen?
Ich war Marketingleitung in einem mittelständischen Unternehmen, als ich mir nach einem Unfall die Frage stellte: Was hättest Du bedauert, nicht mehr machen zu können, wenn dieser anders ausgegangen wäre? Ich wollte immer wissen, wie der menschliche Körper funktioniert, und deshalb Medizin nur studieren. Im ersten Pflegepraktikum habe ich gemerkt, dass die Patientinnen
und Patienten zu mir Vertrauen hatten und dankbar für das waren, was ich für sie tat. Das hat mich dazu gebracht, Ärztin zu werden.
Für was sind Sie als Ärztin dankbar?
Ich habe ganz viel gelernt von Personen, die bereits vor mir Ärztin und Arzt waren, und ich kann dieses Wissen jetzt weitergeben. Kollegen einzuarbeiten und Studentenunterricht am Krankenbett – das macht mir sehr viel Freude! Ich bin dankbar, dass der Arztberuf in Deutschland ein freier Beruf ist, dass wir selbst entscheiden können, welchem Fach wir uns widmen. Das ist nicht überall so. Unser Beruf ist verkammert und damit können wir ihn selbst gestalten. Wir können berufspolitisch aktiv sein. Jeder kann die Bedingungen für unseren Beruf für die nachfolgende Generation ein bisschen besser machen. Ich bin dankbar für jeden, der sich ehrenamtlich für uns angestellte Ärztinnen und Ärzte in der Kammer engagiert.
Warum engagieren Sie sich im MB?
Nachdem ich 2007 das Erste Staatsexamen bestanden hatte, war für mich klar, dass ich als angestellte Ärztin arbeiten wollte. Also bin ich Mitglied des Marburger Bunds geworden, als ich dann Ärztin war. Ich habe mich sehr früh als Studentin berufspolitisch engagiert und bin gefragt worden, ob ich für die Kammer kandidieren möchte. Ich wurde sofort in das Gremium hinein gewählt und bewerbe mich jetzt für die dritte Legislaturperiode. Ich sehe es als Teil meines Berufes, ihn mitzugestalten.
Was muss sich für Ärztinnen und Ärzte dringend ändern?
Es gibt viele Entwicklungen, die ich sehr schätze, wie beispielsweise die Digitalisierung. Aber den Ärztinnen und Ärzten bleibt keine Zeit für eine ihrer wichtigsten Aufgaben: das Patientengespräch. Eine Fehlentwicklung ist der hohe Stellenwert der Ökonomie, dass Vorhaltekosten nicht gezahlt werden und das immer Mehr an Dokumentation. Wir brauchen mehr Studienplätze. Ärztinnen und Ärzte müssen ordentlich bezahlt werden und dürfen keine Verschiebemasse im Krankenhaus sein, der man immer noch mehr zumutet. Ihre Arbeitsplätze müssen den Arbeitsplatzrichtlinien entsprechen.
Die Bedingungen der Tarifverträge, die bereits unterschrieben sind, müssen umgesetzt werden. Es braucht eine vernünftige Einarbeitung von Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung.
Über was haben Sie als letztes während Ihrer Arbeitszeit schmunzeln müssen?
Ich schmunzele immer ein bisschen darüber, dass ich als Ärztin gerade älteren Patientinnen und Patienten nach dem Gespräch erklären muss, dass ich die Ärztin bin und dass das gerade die Visite war. Nicht, dass sie abends sagen: Es war kein Arzt da.