Von Frieder Schmitt
In den zurückliegenden beiden Teilen der Fachbeitragsserie zur Tätigkeit als Betriebsrat ging es um die allgemeinen Voraussetzungen für eine Betriebsratswahl sowie um die Rechte des Gremiums. Im Folgenden Teil werden die Schutzbestimmungen thematisiert.
Die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit als Betriebsrat hat zur Folge, dass die unterschiedlichen Interessen der Betriebspartner – trotz des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit – des Öfteren kontrovers diskutiert und ausgetragen werden. Als Repräsentant der Belegschaft hat sich der Betriebsrat ausschließlich für alle Mitarbeiter unter Beachtung der geltenden Gesetze und Tarifverträge einzusetzen. Dieses Spannungsverhältnis wurde auch vom Gesetzgeber erkannt.
Infolgedessen wurden im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Schutzbestimmungen etabliert, die – neben dem Schutz des Organs „Betriebsrat“ – auch die einzelnen Mitglieder dieser Gremien vor Benachteiligungen schützen sollen.
Schutz der Funktionsträger
Mit der Regelung des §78 BetrVG bezweckte der Gesetzgeber den Schutz der Funktionsträger (Mitglieder des Betriebsrats) ebenso wie die Sicherung der Tätigkeit des Betriebsrates als Institution vor jedermann. Dieser Schutz erstreckt sich auch auf amtierende Ersatzmitglieder.
Danach werden Störungen und Behinderungen der Arbeit des Organs, beispielsweise in Form der Verhinderung von Sitzungen des Gremiums, Schikanen gegen die Mitglieder, Ablehnung der Zusammenarbeit oder das Verbot des Abhaltens von Betriebsversammlungen, nicht nur durch den Arbeitgeber, sondern auch durch Arbeitnehmer oder andere Personen sanktioniert. Auch die in Krankenhäusern oft vorkommende Praxis, dass trotz der Einberufung einer Betriebsversammlung ein volles OP-Programm gefahren wird, kann eine Behinderung der Betriebsratsarbeit darstellen, da die davon betroffenen Ärzte an dieser Veranstaltung nicht teilnehmen können. Die Behinderung der Betriebsratsarbeit ist im Betriebsverfassungsgesetz durch Strafbestände sanktioniert (§119 BetrVG).
Darüber hinaus kann die beharrliche Weigerung der Zusammenarbeit des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat oder die beharrliche und generelle Missachtung der Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Informationsrechte des Betriebsrats für den Arbeitgeber teuer werden. Diese Verhaltensweisen können ebenso wie die Änderung von Arbeitszeiten ohne Zustimmung des Betriebsrats nach der Rechtsprechung einen „groben Verstoß“ des Arbeitgebers im Sinne von §23 Abs.3 BetrVG darstellen. In diesen Fällen kann das Arbeitsgericht unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 10.000 Euro im Wege des Beschlussverfahrens dem Arbeitgeber aufgeben, diese Verhaltensweisen zukünftig zu ändern.
Schutz vor beruflichen Nachteilen
Um die Mitglieder des Betriebsrats vor Nachteilen in wirtschaftlicher und beruflicher Hinsicht zu schützen, hat der Gesetzgeber Regelungen zur wirtschaftlichen Absicherung (§§37 Abs.4, 38 Abs.3 BetrVG) und zum beruflichen Tätigkeitsschutz (§§37 Abs.5, 38 Abs.4, 103 BetrVG) in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen. Bei der wirtschaftlichen Absicherung geht es um die Angleichung des Arbeitsentgelts von Betriebsratsmitgliedern an vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung zur Vermeidung von Einkommenseinbußen aufgrund ihrer Tätigkeit als Betriebsrat. Maßgebend ist die betriebliche Weiterentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer. Nach der Rechtsprechung ist hierbei das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds mit dem anderer Arbeitnehmer zu vergleichen, die unter Berücksichtigung der Qualifikation und der Persönlichkeit dieselbe oder eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Arbeit verrichtet haben. Diese Vergleichbarkeit ist subjektiv. Dies bedeutet: Ist ein Mitglied zum Beispiel besonders qualifiziert und in seiner beruflichen Tätigkeit überdurchschnittlich gewesen, so kommt als vergleichbarer Arbeitnehmer nur einer mit ähnlicher Qualifikation und überdurchschnittlicher Leistung in Betracht (auch umgekehrt). Betriebsüblich ist die Entwicklung, die andere nach Qualifikation und Persönlichkeit vergleichbare Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten im Betrieb genommen haben. Maßgeblicher Zeitpunkt des Vergleichs ist der Tag vor der Wahl.
Die Regelungen zum beruflichen Tätigkeitsschutz tragen der Erkenntnis Rechnung, dass aus Gründen des Persönlichkeitsrechts das Betriebsratsmitglied nicht nur gegen Benachteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern auch gegen Diskriminierung in der beruflichen Tätigkeit ausreichend geschützt werden muss.
Schutz vor einer Kündigung
Dieses Schutzsystem wird mit dem besonderen Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder komplettiert. Danach ist die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes unzulässig (§15 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz). Nur bei Vorliegen von Gründen, die eine außerordentliche Kündigung im Sinne von §626 Bürgerliches Gesetzbuch („wichtiger Grund“) rechtfertigen, kann eine Kündigung des Betriebsratsmitgliedes infrage kommen.
Im Gegensatz zum Anhörungsverfahren bei der Kündigung von Arbeitnehmern (§102 BetrVG), wo die Nichtäußerung des Betriebsrates als Zustimmung gilt, fingiert das Gesetz (§103 BetrVG) bei der Kündigung von Betriebsräten die Nichtäußerung als Ablehnung der Zustimmung. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung des Mitglieds durch das Arbeitsgericht im Wege des Beschlussverfahrens ersetzen lassen muss.
In der nächsten Folge der Serie geht es um die allgemeinen Grundsätze der Beteiligung eines Betriebsrates und die Beteiligungsrechte im Detail.
Zum Autor Frieder Schmitt ist stellvertretender Geschäftsführer im MB-Landesverband Baden-Württemberg und dort Ansprechpartner zum Thema Mitarbeitervertretung.