Wissen für Betriebsräte von A bis Z
Rund um die Betriebsratswahl gibt es einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser ist allerdings nicht im BetrVG sondern im Kündigungsschutzgesetz geregelt (§ 15 KSchG). Danach können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Mitglied im Wahlvorstand sind, nicht ordentlich gekündigt werden. Dieser Schutz gilt zunächst ab dem Zeitpunkt der Bestellung als Wahlvorstand bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses genießen die Mitglieder im Wahlvorstand für sechs Monate einen sogenannten nachwirkenden Kündigungsschutz, nach dem ordentliche Kündigungen ebenfalls ausgeschlossen sind.
Einige nützliche Vorlagen für die Durchführung von Betriebsratswahlen finden Sie am Ende dieser Broschüre oder unter: www.marburger-bund.de/betriebsrat
Die Wählbarkeit (als Betriebsrat) richtet sich nach § 8 BetrVG. Danach sind zunächst alle Wahlberechtigten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und sechs Monate dem Betrieb angehören, wählbar. Das heißt, ich muss Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG sein (also zum Beispiel kein leitender Angestellter!) und eine sechsmonatige Betriebszugehörigkeit besitzen.
Um gewählt zu werden, können entweder die Gewerkschaften – also auch der Marburger Bund – oder die wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer Wahlvorschläge machen. Sofern nicht in Kleinstbetrieben bis zu 20 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern gewählt wird, sind diese Wahlvorschläge mit sogenannten Unterstützungsunterschriften zu versehen und beim Wahlvorstand einzureichen. Wahlvorschläge in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern sind dabei von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 Wahlberechtigte.
Auf jeder Vorschlagsliste sind die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 WO). Außerdem ist sicherzustellen, dass sich bei Einreichung der Liste die schriftliche Zustimmung aller Bewerber entweder auf der Vorschlagsliste befinden oder diese der Liste - unter eindeutiger Bezugnahme darauf - beigefügt werden (§ 6 Abs. 3 Satz 2 WO).
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz verbessert den Kündigungsschutz für Beschäftigte, die erstmals einen Betriebsrat gründen möchten. Nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) begann der Sonderkündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl vor dem Modernisierungsgesetz erst mit der Einladung zur Wahlversammlung. Er umfasste bis dahin nur die ersten drei in der Einladung genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
In der Praxis stellen die drei Einladenden häufig auch den aus drei Personen bestehenden Wahlvorstand. Fällt aber eine der drei Personen etwa wegen Krankheit aus oder wird eingeschüchtert, besteht die Gefahr, dass die Betriebsratswahl zunächst nicht erfolgreich durchgeführt werden kann, da nicht die erforderliche Anzahl an Wahlvorstandsmitgliedern vorhanden ist. Deshalb wurde die Zahl der geschützten Einladenden auf sechs erhöht (§ 15 Abs. 3a KSchG).
Zeitlich hat sich beim Kündigungsschutz als Problem herausgestellt, dass die Beschäftigten meist schon deutlich vor der Einladung zur Wahlversammlung mit Vorbereitungshandlungen für die Betriebsratswahl beginnen. Werden diese Vorbereitungshandlungen bekannt, so können diese sogenannten Vorfeld-Initiatoren Ziel von Behinderungsmaßnahmen werden.
Mit dem neuen § 15 Abs. 3b KSchG erhalten die „Vorfeld-Initiatoren“ erstmals einen speziellen befristeten Kündigungsschutz vor personen- und verhaltensbedingten ordentlichen (nicht fristlosen!) Kündigungen, wenn sie eine öffentlich beglaubigte Erklärung abgegeben haben, dass sie einen Betriebsrat gründen möchten und auch entsprechende Vorbereitungshandlungen dafür unternommen haben.
Die Betriebsratswahl erfolgt grundsätzlich als Listenwahl (=Verhältniswahl). Personenwahl (=Mehrheitswahl) findet nur dann statt, wenn im vereinfachten Wahlverfahren gewählt wird (dann immer Personenwahl) oder wenn zwar im normalen Wahlverfahren gewählt wird, aber nur eine Liste eingereicht wird. Findet die Wahl im normalen Wahlverfahren statt und werden beim Wahlvorstand zwei oder mehr gültige Vorschlagslisten eingereicht, so muss Listenwahl stattfinden.
Das BetrVG unterscheidet zwischen dem „normalen“ und dem „vereinfachten“ Wahlverfahren. Seit der Modernisierung des BetrVG im Juni 2021 ist in Betrieben von bis zu 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das vereinfachte Wahlverfahren gemäß § 14a BetrVG obligatorisch. Es zeichnet sich durch formelle Vereinfachungen des Wahlverfahrens und kürzere Fristen aus und soll somit Betriebsratsgründungen vereinfachen. In Betrieben ab 101 bis 200 Beschäftigte können Wahlvorstand und Arbeitgeber übrigens das vereinfachte Wahlverfahren als Alternative zum normalen Wahlverfahren vereinbaren.
Das vereinfachte Wahlverfahren ist nach dem Gesetz wiederum als einstufiges oder zweistufiges Verfahren möglich. Das einstufige Wahlverfahren kommt in Betrieben mit 5 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern zur Anwendung, in denen ein Wahlvorstand – zum Beispiel durch den vorhergehenden Betriebsrat - bereits bestellt wurde und somit nicht (extra) bestimmt oder gewählt werden muss. Das zweistufige Verfahren kommt dagegen in Betrieben mit 5 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern zur Anwendung, in denen ein Wahlvorstand nicht bestellt worden ist und der Wahlvorstand deshalb auf einer Wahlversammlung gewählt werden muss.
Haben Sie Fragen zur Einleitung oder dem Ablauf von Betriebsratswahlen, wenden Sie sich an Ihren Marburger Bund-Landesverband (www.marburger-bund.de/landesverbaende) oder schreiben Sie uns eine E-Mail an: Betriebsrat@Marburger-Bund.de
Häufig stellt sich die Frage, ob jemand, der bereits im Wahlvorstand für die Durchführung der Wahlen zuständig ist, sich gleichzeitig als Kandidatin oder Kandidat für den Betriebsrat aufstellen lassen kann. Die einfache Antwort ist: Ja. Mitglieder im Wahlvorstand dürfen auch für den neuen Betriebsrat kandidieren. Dies ist nach Ansicht des BAG zulässig (zum Beispiel BAG, 12.10.1976, 1 ABR 1/76).
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Es stellt die rechtliche Grundlage für die Arbeit des Betriebsrats dar.
In den allgemeinen Vorschriften regelt das BetrVG unter anderem die Errichtung von Betriebsräten (§ 1), die Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber (§ 2), Regelungen über Betriebsteile und Kleinstbetriebe (§ 4) und Stellung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer (§ 5). Zudem beinhaltet das Betriebsverfassungsrecht auch Regelungen im Hinblick auf die Wahl des Betriebsrats, dessen Geschäftsführung, die Betriebsversammlung sowie die Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretung.
Außerdem – und wichtig für die Arbeit als Betriebsrat – sieht das BetrVG in verschiedenen Angelegenheiten Mitwirkungsrechte des Betriebsrats vor. Diese können im Wesentlichen unterschieden werden in
- Informationsrechte, dem bloßen Recht des Betriebsrats, informiert zu werden;
- Beratungsrechte, dem Recht des Betriebsrats, bestimmte Fragen mit dem Arbeitgeber zu erörtern;
- Widerspruchsrechte, dem Recht des Betriebsrats einer beabsichtigten Kündigung zu widersprechen, ohne sie verhindern zu können;
- Zustimmungsverweigerungsrechten bei personellen Maßnahmen
- und (echten) Mitbestimmungsrechten, dem Recht, Entscheidungen mitzugestalten.
Kurz gesagt ist der Betriebsrat ein gewähltes Organ zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in Betrieben der privaten Wirtschaft. Er wird in Betrieben mit mehr als fünf wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von denen mindestens drei wählbar sind, errichtet (§ 1Abs. 1 BetrVG) und in geheimer, unmittelbarer Wahl für eine Amtsperiode von vier Jahren gewählt (§ 14 Abs. 1 BetrVG). Der Betriebsrat vertritt die kollektiven Interessen der Arbeitnehmerschaft des Betriebs gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen der ihm durch das BetrVG übertragenen Aufgaben. Arbeitgeber und Betriebsrat sind dabei verpflichtet, zum Wohle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und des Betriebs vertrauensvoll zusammenzuarbeiten (§ 2 Abs. 1 BetrVG).
Zum Zwecke des Informationsaustausches, der Meinungsbildung und Beschlussfassung in betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten sind Betriebsratssitzungen gesetzlich vorgeschrieben. Dabei dient die konstituierende Sitzung des Betriebsrats (zunächst) der Wahl des Vorsitzenden und dessen Stellvertreters (§ 26 Abs. 1 und 2 BetrVG). Die weiteren Sitzungen beruft nach pflichtgemäßem Ermessen ein. Er setzt die Tagesordnung fest und leitet sie. Er hat die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden (§ 29 Abs. 2 BetrVG). Betriebsratssitzungen sind nicht öffentlich (§ 30 S. 4 BetrVG).
Seit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom Juni 2021 dürfen Betriebsratssitzungen unter engen Voraussetzungen auch per Video- oder Telefonkonferenz stattfinden (§ 33 BetrVG). Allerdings sind digitale Sitzungen nur zulässig, wenn die Rahmenbedingungen vorher in einer Geschäftsordnung durch den Betriebsrat festgelegt wurden. Danach sollen Präsenzsitzungen die Regel bleiben. Der Arbeitgeber darf den Betriebsrat keinesfalls nötigen oder verlangen, zum Beispiel aus Kostengründen auf digitale Sitzungen umzuschwenken!
Ersatzmitglieder sind Wahlbewerber, die auf Grund ihrer Stimmenzahl oder ihres Listenplatzes bei der Betriebsratswahl für den Betriebsratsrat nicht berücksichtigt wurden, die jedoch nachrücken können. Nach denen in § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG genannten Gründen rücken Ersatzmitglieder für den Rest der Amtszeit nach. Außerdem hat ein Ersatzmitglied eine Anwartschaft darauf, bei nur vorübergehender Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds dieses für die Dauer der Verhinderung zu vertreten (§ 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Ersatzmitglieder haben grundsätzlich keinen (generellen) Anspruch auf Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung, die Kenntnisse vermittelt, die für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Gleichwohl kann der Betriebsrat ein Ersatzmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsenden, wenn dies im Einzelfall zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats erforderlich ist!
Außerdem gilt der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder auch für Ersatzmitglieder, soweit und solange sie ein verhindertes ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten. Dies gilt auch für den Anspruch auf nachwirkenden Kündigungsschutz, wenn es in der Vertretungszeit tatsächlich Betriebsratsarbeit verrichtet hat (etwa Teilnahme an einer Betriebsratssitzung).
Die Größe beziehungsweise die Personenzahl des jeweiligen Betriebsrates bemisst sich nach der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Betrieb.
Danach besteht der Betriebsrat
- bei 5-20 wahlberechtigten Arbeitnehmer: innen aus 1 Person;
- bei 21-50 wahlberechtigten Arbeitnehmer: innen aus 3 Mitgliedern;
- bei 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer aus 5 Mitgliedern;
- bei 101-200 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer aus 7 Mitgliedern;
- bei 201-400 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer aus 9 Mitgliedern;
- bei 401-700 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer aus 11 Mitgliedern;
- bei 701-1000 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer aus 13 Mitgliedern.
Für größere Betriebe legt das BetrVG eine entsprechend größere Zahl der Mitglieder fest.
Ein Konzernbetriebsrat ist die Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer auf Konzernebene. Im Gegensatz zum Gesamtbetriebsrat ist die Bildung eines Konzernbetriebsrats eine Kann-Bestimmung. Die Errichtung setzt voraus, dass das herrschende Unternehmen seinen Sitz im Inland hat oder über eine im Inland ansässige Teilkonzernspitze verfügt, die Gesamtbetriebsräte der Konzernunternehmen, in denen insgesamt mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Konzernunternehmen beschäftigt sind, der Errichtung zustimmen (§ 54 Abs. 1 BetrVG) und in dem Konzernunternehmen mindestens zwei Gesamtbetriebsräte bestehen.
Mit § 30 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG wurde mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz ein Passus aufgenommen, nachdem die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen kann, wenn nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht. Sofern dieses Quorum also erreicht wurde und fristgerecht widersprochen hat, ist die Sitzung in Präsenz durchzuführen.
Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 und 2 ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Arbeitszeit hinsichtlich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst neben den Fragen an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet werden soll, der Festlegung von Arbeitszeitregelungen für Weihnachten und Neujahr oder der wichtigen Fragen über die Einführung, Ausgestaltung, Änderung und Abschaffung von Arbeitszeitmodellen und der Aufstellung eines Rufbereitschaftsplanes auch die Einführung, Änderung und Abschaffung von Schichtarbeit einschließlich der Erstellung von Schichtplänen (BAG v. 29.9.2004 - 5 AZR 559/03).
Beim Thema „Arbeitszeit“ scheint es sich im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung im ärztlichen Bereich um eines der umfassendsten und auch strittigsten Gebiete zu handeln. Die Marburger Bund Treuhand GmbH führt seit einigen Jahren regelmäßig spezifische Betriebsräte-Seminare mit dem Schwerpunkt „Arbeitszeit“ durch. Achten Sie auf unsere Seminar-Angebote unter: www.marburger-bund.de/seminare
Grundsätzlich ja. In den letzten drei bis fünf Monaten vor der Neuwahl des Betriebsrats darf der Arbeitgeber tatsächlich Zweifel an der Erforderlichkeit des Betriebsratsseminars äußern, da die Wiederwahl der einzelnen Betriebsratsmitglieder ja nicht sicher ist. Das gilt allerdings nicht, wenn es aktuell ein betriebliches Problem gibt, das der Betriebsrat lösen muss. Auch Schulungen zur Vorbereitung der Betriebsratswahl sind vor allem in dieser Zeit für Wahlvorstandsmitglieder erforderlich.
Nach § 20 Abs. 3 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratswahl zu tragen. Hierzu zählen auch die Kosten einer notwendigen und angemessenen Wahlschulung. Notwendig und angemessen ist eine solche Schulung jedenfalls, wenn das Mitglied nicht bereits über ausreichende Kenntnisse verfügt, um eine anfechtungsfeste Betriebsratswahl durchführen zu können.