Auch die Bundesärztekammer hat im August 2020 auf Empfehlung ihres Ausschusses Qualitätssicherung ein Memorandum zu Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement aus ärztlicher Sicht veröffentlicht und bemängelt, dass das eigentliche Ziel, nämlich die Qualitätsverbesserung, zunehmend aus dem Fokus gerät und die externe Qualitätssicherung sich stattdessen zum Kontrollinstrument entwickelt.
Ich bin froh, dass diese Kritik gehört und das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) nun vom G-BA beauftragt wurde, neben kurzfristigen Maßnahmen zur Reduktion des Aufwands auch die Form der Datenerhebung zu überprüfen. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Umstellung auf Stichprobenerhebungen anstelle der derzeitigen Vollerhebung die Motivation der Ärztinnen und Ärzte erheblich verbessern würde. Mit einer repräsentativen Stichprobe könnten die angestrebten Ziele mit weniger Aufwand erreicht werden.
Die datengestützte Qualitätssicherung selbst muss dem Anspruch einer evidenzbasierten Medizin genügen, Aufwand und Nutzen müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Es ist deswegen richtig, die Notwendigkeit und das Ausmaß der Datenerhebung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Entscheidend muss sein, dass die Patienten tatsächlich von der ärztlichen Arbeitszeit profitieren, die in die Erhebung der Daten fließt. Über Jahre hinweg wurde die externe datengestützte Qualitätssicherung immer weiter ausgedehnt und ärztliche Arbeitszeit sowohl für diejenigen, die dokumentieren müssen, als auch für diejenigen, die die Daten auswerten, unnötig gebunden. Sie ist ein Teil der hohen bürokratischen Belastung der Kolleginnen und Kollegen und nimmt ihnen Zeit, die sie für die direkte Patientenversorgung benötigen.
Qualitätsindikatoren können wichtige Hinweise auf mögliche Qualitätsprobleme liefern. Entscheidend ist aber, den Gesamtkontext zu beleuchten, um Ursachen und Lösungsmöglichkeiten aufzudecken. Das interne Qualitätsmanagement wird leider in vielen Krankenhäusern aufgrund der notwendigen zeitlichen Ressourcen vernachlässigt. Der Lerneffekt und die kontinuierliche Verbesserung der Strukturen sowie Prozesse durch Instrumente, wie z. B. Peer Review und Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen, ist meiner Meinung nach bedeutsamer als die Erfassung von mehr als 2,4 Millionen QS-Datensätzen.
Karin Maag, seit dem Sommer 2021 unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss, hat bereits bei einer Pressekonferenz am 23. Februar dieses Jahres darauf hingewiesen, dass es das Ziel sei, schlanke und aussagekräftige QS-Verfahren zu entwickeln und sich auf medizinische Bereiche zu konzentrieren, in denen es versorgungsrelevante Probleme gibt. Jetzt hat der G-BA diesen Worten Beschlüsse folgen lassen. Ich hoffe sehr, dass dieses Projekt nach der Vorbereitung im Unterausschuss Qualitätssicherung des G-BA durch das IQTIG umgesetzt wird.
Bei aller Freude über die richtige Richtung ist aber leider mit einer echten Veränderung nicht vor dem Jahr 2024 zu rechnen. Es ist höchste Zeit, dass nicht nur die Qualitätssicherung, sondern auch weitere bürokratischen Pflichten auf den Prüfstand gestellt werden. Wir brauchen klare Antworten darauf, was unbedingt dokumentiert werden muss und wer das dann tun muss. Der Fachkräftemangel verbietet eine weitere Verschwendung ärztlicher Arbeitszeit!