in dieser Woche haben wir Sie über das Ergebnis der Urabstimmung über die Aufnahme des Arbeitskampfes im Bereich des TV-Ärzte/VKA informiert. Die Große Tarifkommission des Verbandes hat daraufhin einen Beschluss über die Einleitung des Arbeitskampfes gefasst. Die VKA hat weder die nahezu fünfmonatigen Verhandlungen, noch die Zeit der Urabstimmung dafür genutzt, Versuche einer vernünftigen Verständigung zu unternehmen. Stattdessen wirft man dem MB in diversen Presseverlautbarungen vor, auf Maximalforderungen zu bestehen und die Ärztinnen und Ärzte über die Einzelheiten des sogenannten Arbeitgeberangebots zu täuschen. Grund genug, Sie noch einmal mit den Einzelheiten des Arbeitgeberangebots vertraut zu machen und Sie argumentativ auf die Auseinandersetzung mit den Geschäftsführungen Ihrer Häuser vorzubereiten.
Entgeltsteigerungen
Die VKA gibt vor, eine lineare Erhöhung angeboten zu haben, die sogar deutlich über der jüngsten Einigung in der Metall- und Elektroindustrie liegen soll. Bei näherer Betrachtung stellt sich diese Behauptung jedoch leider als unseriöse Augenwischerei heraus.
Zu Beginn des Angebots der VKA steht nämlich für neun Monate erst einmal – Nichts! Solange wollen die Arbeitgeber lineare Erhöhungen zurückhalten. Und dass, obwohl die Entgeltregelungen des Tarifvertrages bereits zum 30. Juni 2024 gekündigt wurden. Statt entsprechender Entgeltentwicklungen während dieser Zeit bietet die VKA an, die theoretisch noch verfügbaren 500 € aus der sogenannten Inflationsausgleichspauschale als steuer- und sozialversicherungsfreie Einmalzahlung zu leisten. Zur Erinnerung: Im Jahr 2023 haben wir mit einer steuer- und sozialversicherungsfreien Einmalzahlung in Höhe von 2.500 € einen Zeitraum von sechs Monaten überbrückt.
Erst zum 1. April 2025 sollen die Entgelte dann um 2 Prozent steigen. Ein weiteres Jahr später im April 2026 soll es weitere 2 Prozent und dann zum 1. Dezember 2026 – also im letzten Monat der Gesamtlaufzeit – noch einmal 1,5 Prozent geben. Bezogen auf die Laufzeit von 30 Monaten bedeutet dies eine durchschnittliche jährliche Erhöhung um etwa 1,3 Prozent. Selbst bei optimistischer Schätzung sollte klar sein, dass eine solche Erhöhung nicht einmal die zu erwartende Inflation ausgleichen, geschweige denn echte Entgeltzuwächse für Ärztinnen und Ärzte realisieren kann.
Strukturelle Verbesserungen
Strukturelle Verbesserungen, insbesondere irgendwelche Inhalte zu den während dreier Verhandlungsrunden diskutierten und für die Ärzteschaft unabdingbaren Neuregelungen zu Schicht- und Wechselschichtarbeit sucht man im Arbeitgeberangebot ebenso vergeblich wie Regelungen zur Arbeit in besonders belastenden Randzeiten. Lediglich zu einer Erhöhung des Nachtzuschlages für Vollarbeit ab April 2025 um 5 Prozentpunkte (auf dann 20 Prozent) sah sich die VKA in der Lage. Gleichwohl wird die Arbeitgeberseite nicht müde, uns vorzuwerfen, wir hätten jede Ernsthaftigkeit vermissen lassen, mit ihr über diese Themen zu verhandeln. Das Gegenteil ist richtig: für die Verhandlungskommission des MB war zu allen Gelegenheiten zweifelsfrei klar, dass Veränderungen beim Komplex Schichtarbeit unbedingt Bestandteil einer Einigung in dieser Runde sein müssen. Wir haben aber auch keine Zweifel daran gelassen, dass wir uns zum einen diverse Lösungen zu einem Einstieg in diese Problematik vorstellen konnten (und noch immer können), zum anderen aber auch hinsichtlich der Zeitpunkte des Inkrafttretens der neuen Regelungen durchaus flexibel sind. Uns nunmehr mangelnde Ernsthaftigkeit vorzuwerfen, zeigt lediglich, dass die Arbeitgebervertreter entweder während der Verhandlungen nicht bei der Sache waren oder es ihnen letztlich nicht auf das Ergebnis ankommt, sondern nur auf die Suche nach Verantwortlichen für die gescheiterten Versuche einer Einigung ohne Arbeitskampf.
Krankenhausreform
Für den Marburger Bund mutet das Verhalten der VKA insbesondere auch deshalb so fremdartig an, weil sie durch die kategorische Weigerung, das völlig unzureichende Angebot nachzubessern, gleich in mehrfacher Hinsicht in das Fleisch der Krankenhäuser schneidet. Zum einen erlaubt das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) eine Refinanzierung von zukünftigen Tarifsteigerungen, wenn sie denn hoch genug ausfallen. Zum anderen sieht eben diese gesetzliche Regelung auch eine ausnahmsweise nachträgliche Refinanzierung von Steigerungen für das Jahr 2024 vor. Allerdings nur, sofern der dafür notwendige Antrag rechtzeitig gestellt wird. Den entsprechenden (tarifpolitischen) Willen vorausgesetzt, hätten die vergangenen Wochen zumindest dazu genutzt werden können, diese Möglichkeit kreativ einzusetzen und das Jahr 2024 aus dem eskalierenden Streit herauszulösen. Durch eine Fixierung der VKA auf eine (steuerfreie) Einmalzahlung in Höhe von 500 € (und dann auch noch weit bis ins Jahr 2025) ist dieser Weg – letztlich zu Lasten der Häuser – nun aber mutmaßlich verbaut.
Keine Gefährdung von Patientinnen und Patienten
Wenn ab dem 15. Januar gestreikt wird, lassen sich Beeinträchtigungen für Patientinnen und Patienten nicht ausschließen. Schließlich geht es bei Arbeitskämpfen in erster Linie darum, die Verweigerungshaltung der anderen Seite aufzubrechen, indem die üblichen Abläufe gestört werden und wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird. Wie auch bei Warnstreikmaßnahmen bieten wir sämtlichen vom Streik betroffenen Häusern aber den Abschluss von Notdienstvereinbarungen an und wollen auf diese Weise sicherstellen, dass eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten durch die Streikmaßnahmen ausgeschlossen ist.
Wir wissen aus zurückliegenden Auseinandersetzungen, dass einzelne Führungskräfte versuchen, Zweifel an der Zulässigkeit der Beteiligung an den Arbeitskampfmaßnahmen zu säen beziehungsweise die Streikteilnahme durch – streckenweise absurde – Vorgaben zu erschweren. Wir haben auf unserer Website einen sogenannten Streikbaukasten zusammengestellt, in dem Sie nicht nur Hinweise zum Umgang mit solchen – in aller Regel rechtswidrigen – Praktiken finden, sondern auch Antworten auf die meisten Fragen im Zusammenhang mit den Streikmaßnahmen. Sie finden dort auch Anregungen für kreative Aktionen im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf. Sollten Sie darüber hinaus Fragen haben, konkrete Hilfestellung vor Ort oder rechtliche Unterstützung benötigen, können Sie sich natürlich auch an die Geschäftsstellen Ihres MB-Landesverbandes wenden. Übrigens: Natürlich haben wir im Zusammenhang mit dem Streik auch eine sogenannte Schutzschrift erstellen und im gerichtlichen Schutzschriftenregister hinterlegen lassen. Auf diese Weise sind wir auch auf etwaige Versuche der Arbeitgeber vorbereitet, Streikmaßnahmen mit gerichtlicher Hilfe untersagen zu lassen.
Unsere Bitte: Informieren Sie auch Ihre ärztlichen Kolleginnen und Kollegen über den aktuellen Stand! Melden Sie sich bei unserem Messenger-Service an und nehmen Sie an unseren digitalen Netzwerktreffen teil, um stets auf dem Laufenden zu bleiben.
Alle wichtigen Informationen rund um die Tarifverhandlungen erhalten Sie über unseren Messenger-Service „MB-Tarifnews VKA“. Einzige Voraussetzung ist ein Smartphone mit Messenger-App (z.B. WhatsApp, Telegram oder mit dem iPhone direkt per iMessage) auf Ihrem Smartphone. Am besten unter https://www.marburger-bund.de/tarifnews-kommunale-kh direkt anmelden.
Übrigens: Via Messenger-Service ist auch ein direktes Feedback an uns möglich. Natürlich finden Sie alle Informationen auch im Netz unter: www.vka-tarifrunde.de.