120 Mitglieder aus Krankenhäusern im ganzen Bundesgebiet waren der Einladung nach Berlin gefolgt. Zu Beginn der Veranstaltung machte der MB-Bundesvorsitzende Rudolf Henke deutlich, dass auch die Krankenhausbetreiber ein Eigeninteresse daran haben müssen, die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte in ihren Häusern zu verbessern: „Wer nicht in seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert, wird unattraktiv und vor allem bei der Rekrutierung ärztlichen Nachwuchses ins Hintertreffen geraten. Und wer die Leistungsbereitschaft von Ärztinnen und Ärzten missbraucht, indem er Arbeitszeiten nicht erfasst, wohl aber Minusstunden in der Ruhezeit vermerkt, muss sich nicht wundern, wenn das Unfrieden stiftet und abschreckend wirkt“, sagte Henke.
Damit hatte Henke schon auf einzelne wichtige Punkte der dann folgenden Diskussion hingewiesen. Neben der Arbeitszeiterfassung ist den Ärztinnen und Ärzten vor allem auch die Bestrafung mit sogenannten Minusstunden ein Ärgernis, wenn sie nach einem 24-Stunden-Dienst Freizeitausgleich in der gesetzlich angeordneten Ruhezeit nehmen müssen. Botzlar nannte weitere Punkte des Reformkonzeptes, das von der Kleinen Tarifkommission des Verbandes erarbeitet worden ist: die Definition einer Kernarbeitszeit, mindestens zwei freie Wochenenden im Monat, eine verlässliche Dienstplangestaltung und eine zeitgemäße Gestaltung von Schichtarbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft.
Die gesamte Dienstplangestaltung müsse vorhersehbar, verlässlich und verbindlich sein, forderte Botzlar. Kurzfristige Inanspruchnahmen müssten auf Fälle unvorhersehbarer Personalausfälle beschränkt sein und durch zusätzliche Entgelte kompensiert werden. Für die Organisationsverantwortung der Arbeitgeber bei Personalausfällen fand Botzlar einen treffenden Vergleich: „Was passiert mit einem Fußballtrainer, der ohne Reservemannschaft antritt? Der ist die längste Zeit Trainer gewesen.“
Alle Maßnahmen, die jetzt noch diskutiert würden, dienten dem Ziel, die Gesamtlast für die Ärztinnen und Ärzte zu reduzieren. Die derzeitigen Rahmenbedingungen ärztlicher Arbeit seien von übermäßig langen Arbeitszeiten, hohem Zeitdruck und mangelnder Teilhabe am sozialen Leben geprägt. Wenn zwei Drittel der vom Marburger Bund befragten Ärztinnen und Ärzte sagen, dass ihnen nicht ausreichend Zeit für die Patientenversorgung zur Verfügung stehe, könne dies auch den Arbeitgebern nicht gleichgültig sein.
Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Tarifforums trafen die Vorschläge zur Reform des Tarifvertrages auf positive Resonanz. „Wir arbeiten mit Vorgaben aus dem vergangenen Jahrtausend und sind jetzt im Jahr 2018. Wir müssen endlich zu Potte kommen“, äußerte eine Ärztin aus einer bayerischen Klinik. „Wir machen uns wieder auf den Weg“, bekräftigte ein anderer Teilnehmer. „Ich wünsche mir, dass wir für unsere Arbeit fair bezahlt werden und unserem Geld nicht hinterherrennen müssen. Es muss mehr kosten, wenn wir außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zur Arbeit gerufen werden. Wir dürfen uns nicht mehr unter Wert verkaufen“, so ein weiteres Mitglied.